Fritz Haupt (1880-1951) – ein Vorbild an ehrenamtlichem Engagement für die Gemeinschaft

Festvortrag von Thomas Şindilariu anlässlich des Barholomäusfestes 2011

Fritz Haupt und Ing. Fritz Roth (1889-1979), die „Macher“ des Strandbades am Tag der Einweihung (18. Juli 1938).

Honoratioren während der Strandbaderöffnung: (von links) Pfarrer Hans Brantsch (Bartholomä), Heinrich Teutsch (Direktor der Kronstädter Sparkasse), Kirchenvater Martin Brenndörfer, Kurator Fritz Haupt.
Fotos: evangelisches Pfarramt Bartholomä-Kronstadt

Unbekannte Facetten des Lebendwerkes von Ing. Fritz Haupt stellte Historiker Thomas Şindilariu in seiner Festrede am Bartholomäusfest bei der Grabweihe vor.
Foto: Hans Butmaloiu

Verehrte Festgemeinde!

Am 18. Juni 1951, also vor fast genau 60 Jahren, trug die Bartholomäer Kirchengemeinde ihren Altkurator Fritz Haupt zu Grabe.

Erinnerung und Rückbesinnung auf vergangene Zeiten, mögen sie nun gute oder weniger gute gewesen sein, sind für uns, die wir in der Gegenwart gefangen sind, die einzige Möglichkeit, uns durch Vergleichen von damals und heute zu orientieren, unsere Gegenwart in größere Zusammenhänge einzuordnen.

12 Jahre lang, von 1937 bis 1949 war Fritz Haupt Kurator der Bartholomäer Kirchengemeinde. Das ist eine lange Zeit, ob ihn jemand an Dienstjahren seit der Unabhängigkeit der Kirchengemeinde 1863 übertroffen hat, müsste man nachprüfen. Aber nicht die Anzahl der Dienstjahre sind das Entscheidende, auf die Auffassung vom Dienst, auf die Einstellung zum Ehrenamt kommt es an. Das Studieren des Bartholomäer Gemeindearchivs führte zur Feststellung, dass kaum Wortmeldungen von Fritz Haupt darin protokolliert sind, dafür werden umso mehr Taten festgehalten.

Doch wer war Fritz Haupt? Er kam am 14. August 1880, also vor 131 Jahren als Sohn des Maurers Johann Haupt und seiner Frau Johanna auf die Welt und wurde am 16. Mai 1880 in Bartholomä getauft. Sein 1875 im Alter von nur 41 Jahren an Tuberkulose verstorbener Onkel hatte ebenfalls Friedrich geheißen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren mehrere Vertreter der Familie Haupt im Zimmermanns- und Maurerhandwerk tätig. Alle wohnten sie im Bereich Altstadt-Bartholomä, jedoch lassen sich die genauen familiären Zusammenhänge nicht mehr rekonstruieren.

Sein mütterlicher Großvater, Georg Preidt, war Bauer. Fritz Haupt entstammte also aus einer typischen Altstädter Handwerkerfamilie. 1896 erfolgt die Konfirmation und bereits 1902 treffen wir Fritz Haupt als 22-Jährigen selbstständigen Zimmermeister in Kronstadt wieder an – wo er die Lehrjahre verbracht hat, wissen wir leider nicht. Sein drei Jahre älterer Bruder wurde auch Zimmermann – gut denkbar, dass sie die Wanderschaft gemeinsam verbracht haben.

1912 heiratet Friedrich August Haupt – so der vollständige Name – Anna, Tochter von Thomas und Martha Tittes aus Heldsdorf. Die Ehe blieb kinderlos. Kinder und Jugend, sei es in der Schule oder in der Freizeit, lagen Fritz Haupt jedoch stets am Herzen, das lässt sich in seinem Wirken als Kurator deutlich erkennen. Es wird auch erzählt, dass Fritz Haupt die Kinder im Waisenhaus über Jahre hinweg als Weihnachtsmann verkleidet beschenkte. Es war für ihn sicher eine Freude, die Waisenkindern das Fehlen der Eltern am Heiligen Abend vergessen zu machen.

Am 17. Januar 1932 starb unerwartet der langjährige Bartholomäer Pfarrer Eugen Lassel. Sein Tod löste eine mehrere Jahre währende Umbruchphase in der Gemeinde aus. Ideologie- und generationsbedingte Konflikte wurden sichtbar. Der spätere Hermannstädter Stadtpfarrer und Bischofsvikar, Alfred Herrmann, blieb 1932/33 nur wenige Monate als Pfarrer in Bartholomä.

Der langjährige Kurator in Bartholomä, Fritz Fink, wurde 1933 in einer spannungsreichen Wahl durch den Arzt Dr. Moritz Tartler ersetzt. Wegen ungeklärter Geldfragen gab es noch über Jahre Auseinandersetzungen zwischen der Gemeinde und ihrem Altkurator Fink. Tartler gehörte der nationalsozialistisch orientierten Erneuerungsbewegung an.

Die erste Wahl der Gemeinde nach der Verabschiedung von Pfarrer Herrmann war Pfarrer Wilhelm Staedel, der spätere Bischof aus der Volksgruppenzeit (1941-1944). Nachdem Staedel gegen Konrad Möckel in der Vorwahl um die Stelle des Kronstädter Stadtpfarrers unterlegen war, lehnte er auch Bartholomä ab, obwohl er hier einstimmig gewählt worden war. Hans Brantsch, der 1933-1952 in Bartholomä Pfarrer war, ist bei seinem Amtsantritt als ein Kompromisskandidat zu werten. Unterstützung hatte er damals sicher nur in Teilen der Gemeinde.

Fritz Haupt beteiligte sich an den eben skizzierten Auseinandersetzungen nicht, zumindest nicht in vorderster Reihe. Er wurde erst 1935 unbelastet ins Persbyterium gewählt und auch gleich Kirchenvater. Auf den Kirchenvätern lastete damals die gesamte Sorge um das Vermögen der Gemeinde. Dieses musste in ehrenamtlicher Tätigkeit verwaltet werden. Da dies den Rahmen des Vertretbaren oft sprengte, wurden regelmäßig eine Art Entschädigungen für den persönlichen Verdienstausfall an die Kirchenväter ausgezahlt.

In der Amtszeit von Fritz Haupt als Kirchenvater wurde 1936 der Gemeindesaal grundlegend modernisiert, worüber Haupt akribisch Rechenschaft ablegte. 1937 gelang es ihm, den Grund der Bartholomäer Schulfestwiese vom städtischen Besitz in den Besitz der Kirchengemeinde zu überschreiben. Er errichtete auf der Festwiese eine geräumige Halle, die er der Gemeinde schenkte.

1936 kam es zu einem Disziplinarverfahren gegen Pfarrer Staedel. Von seinem Ausgang hatte Tartler sein Verbleiben im Bartholomäer Presbyterium abhängig gemacht. Als nun Staedel des Amtes enthoben wurde, trat Tartler am 23. April 1937 als Kurator zurück.

Aufgrund der Leistungen, die Fritz Haupt in seiner kurzen Wirkungszeit als Kirchenvater vorgelegt hatte, wurde er am 2. Juli 1937 mit 47 Stimmen in der Gemeindevertretung zum Kurator gewählt. Der einzige ernst zu nehmende Gegenkandidat, Martin Stamm, kam auf lediglich 13 Stimmen.

Die Gelegenheit, über ein weiteres Großprojekt gemeinschaftsstiftend zu wirken, ergab sich für Fritz Haupt und Pfarrer Brantsch recht bald. Aus Hermannstadt sollte Anfang 1938 die Anregung zum Bau eines Strandbades übernommen werden. Dafür hatte man das Gelände des Maierhofes am unteren Ende der Langgasse ins Auge gefasst. Über Anteilsscheine, die freien Eintritt gewährleisteten, sollten die Baukosten aufgebracht werden.

Dies gelang nur halb. Eine Blamage drohte. Zusammen mit dem späteren Kirchenvater der Honterusgemeinde, Ing. Fritz Roth, unterbreitete Fritz Haupt ein Angebot, das einstimmig angenommen wurde. Roth und Haupt streckten die fehlende Hälfte vor. Die anstehenden Bauten finanzierten sie aus eigener Tasche. Ihre Kosten sollten über die Jahre mit dem Reingewinn der Anlage beglichen werden.

Ob diese Rechnung ohne Nachteile für Haupt und Roth aufgegangen ist, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Von bleibendem Wert waren sowieso andere Dinge: es war gelungen, ein gemeinschaftsstiftendes Vorhaben in einer politisch turbulenten Zeit umzusetzen; Kronstadt verfügte rund ein halbes Jahrhundert lang über ein Freibad mit olympischen Dimensionen, in dem viele Kronstädter schwimmen gelernt haben. Das Bartholomäer Strandbad entsprach den modernen Vorstellungen der Zeit, war aber auch eine Pionierleistung, die bis heute in Kronstadt nicht übertroffen wurde.

Übrigens für den Winter 1938/39 ermöglichte Haupt den Bartholomäer Kindern das Eislaufen, indem er die Kosten für die Errichtung eines Eislaufplatzes auf der Liegewiese des Strandbades vorstreckte.
Vor Freude strahlende Kinderaugen hatten es ihm offensichtlich angetan.

Kinder von einst erinnern sich noch gut daran, wie Fritz Haupt bei der Einweihung des Strandbades dafür gesorgt hatte, dass im halbvollen Becken Schiffchen mit Süßigkeiten schwammen, die sich die Kleinen erhaschen konnten. Auch auf dem Kinderball in der Faschingszeit sorgte Fritz Haupt für volle Wäschekörbe mit Schokoladenbomben und anderen Süßigkeiten. Auf den ersten Blick erscheint es fragwürdig, wenn sich ein Kurator die Zuneigung der Kinder mit Süßigkeiten erkauft. Süßigkeiten waren damals aber weit kostbarer als heute.

Den Eindruck, den die Geschenke damals auf die Kinder machten, war nachhaltig, man kann ihn nachempfinden, wenn man mit den Kindern von einst spricht. Haupt ist für sie ein Vorbild, wenn es um ehrenamtliches Engagement für die Gemeinschaft geht – die Süßigkeiten sind dabei nur eine schöne Kindheitserinnerung, wichtiger sind die anderen Leistungen von Fritz Haupt.

Haupt war auch Vorsitzender des Altstädter Kasinos, als solcher wurde er 1940 zu seinem 60. Geburtstag am Höhepunkt seines Ansehens von der gesamten Gemeinde geehrt.

Bereits 1941 stand der Gemeinde ein neuer schwerer Konflikt bevor. Die Deutsche Volksgruppe in Rumänien trachtete nach der Übernahme des deutschen konfessionellen Schulwesens. Das war ein tiefer Einschnitt in eine Tradition von mehreren hundert Jahren. Es gab Widerstand in vielen Gemeinden, ebenso in Bartholomä. Nach einer hitzigen Presbyterialsitzung wurden Pfarrer Brantsch, Kurator Haupt und Kirchenvater Martin Brenndörfer mit 18 Stimmen überstimmt: die Schulen wurden wie letztlich überall an die Volksgruppe übergeben.

Danach sind die Quellen spärlich und schweigsam zum Wirken von Fritz Haupt. Erwähnenswert aus dieser Zeitspanne ist jedoch, dass Haupt während eines finanziellen Engpasses für einen Kredit der Gemeinde bei der Bank mit dem persönlichen Vermögen bürgte.

1949 gab es aufgrund der neuen Kirchenordnung Neuwahlen in allen Gliedern der Landeskirche. Anpassung an die neuen kommunistischen Verhältnisse war mit im Spiel. Das war nicht mehr die Welt von Fritz Haupt. Er war wie der Großteil der deutschen Minderheit Rumäniens durch zahlreiche Demütigungen geschritten und galt den neuen Machthabern sicher als Vertreter der Ausbeuterklasse. Als Kurator kandidierte er nicht mehr. Pfarrer Brantsch, der sich in Opposition zu Bischof Staedel befunden hatte, konnte sich mit der neuerlichen Politisierung der Gesellschaft und der Kirche ebenfalls nicht abfinden und bemühte sich unmittelbar nach den Wahlen von 1949 um seine Pensionierung.

Ans Ende der Ausführungen über Fritz Haupt möchte ich ein Epigramm von Erich Kästner (Kästner,  Erich: Kurz und bündig, Epigramme. 1950) stellen: „Es gibt nichts Gutes außer: Man tut es.“

Kronstadt, 21. August 2011