Handys im Einsatz für die Natur

Jugendliche lernen umweltaktivistische Kurzfilme zu drehen

Die Aktivitäten im Wald haben den Jugendlichen Spaß bereitet und Informationen gebracht. Foto: Schubz Rosenau

Romana Netzberger arbeitet als Biologin im Gesäuse- Nationalpark in Österreich. Sie beobachtet kleine Insekten, die in den Bergen, auf Wiesen und auf Gestein leben. Für Ranger Mican im Durmitor Nationalpark in Montenegro ist die Zeit im Grünen eine regelrechte Freude, deswegen schützt er die Tier- und Pflanzenwelt so gut er kann. Daniel Bichsel ist Umweltaktivist und versucht durch seine Tätigkeit als Taucher in Marettimo (Italien) den Menschen die Schönheit und Bedeutung der Ozeane ins Bewusstsein zu bringen. Alle sind Naturschützer, die ihre Arbeit an wilden Orten Europas durchführen.

Ihre Geschichten sind nur einige von vielen, die junge, leidenschaftliche Filmemacher und Naturliebhaber aus Deutschland, Rumänien und Montenegro verfilmt haben und einem breiten Publikum zeigen. Ihr Ziel? Einerseits Umweltfreunden eine Stimme zu geben und anderseits immer mehr Menschen zu inspirieren, sich für Flora und Fauna einzusetzen und vielleicht selbst einmal als Ranger, Aktivist oder Biologe zu arbeiten.

Kurs für digitales Storytelling

Das Medium Film ist unter den stärksten, die die Zuschauer ansprechen und eine Botschaft vermitteln können. Deswegen setzt es das deutsche Team „Black Forest Collective“ (BFC) ein und schafft spannende, nicht-fiktionale Kurzfilme, die vom Natur-Aktivismus sprechen. Die Produktionen zeigt BFC vor allem einem jungen Publikum, um es über Wald und Umwelt zu informieren und es dafür zu sensibilisieren. Durch Vorstellungen, Filme und Festivals haben die deutschen Regisseure und Fotografen bereits über 50.000 Zuschauer erreicht. Um noch mehr junge Leute dazu zu bewegen, sich aktiv  für den Schutz der Wälder, Gewässer, Blumen, der Luft einzubringen, lehren die Filmemacher Jugendliche ihre eigenen Filme zu drehen und auch als Multiplikatoren einzutreten. Somit haben sie ihre zehnjährige Erfahrung in einem Kurs für digitales Storytelling (digitales Geschichtenerzählen) zusammengefasst, der kostenlos auf der Internetseite voicesforchange.eu zu finden ist. In kurzen Videos in englischer Sprache wird erklärt, wie man eine Geschichte überhaupt findet, wo die Inspiration herkommt, wer die Protagonisten sein könnten, wie man sich für die Produktion vorbereitet und was man alles beim Dreh braucht. Welche Einstellungen bringen die Intention am besten auf die Leinwand und welches ist der beste Blickwinkel, um eine Story zu schildern. Begeisterte Filmemacher geben alle nötigen Details, mit denen Amateure mit einem Smartphone einen eigenen kurzen Streifen herstellen können. „Es ist eine sehr gute Methode die Generation, die mit dem Handy aufgewachsen ist und ständig online surft, dazu zu bewegen, das Handy-Video-Format als Vehikel zu nutzen, um sich inhaltlich mit dem Thema Biodiversitätsverlust zu befassen“, erklärt Domca Teluchová von „Wild Europe”, einer NGO von „Black Forest Collective”.

Leidenschaftlicher Einsatz

Das Lehrangebot haben 60 Jugendliche aus vier rumänischen Städten (Temeswar, Craiova, Brad und Kronstadt) und 20 Jugendliche aus Montenegro wahrgenommen und im Rahmen eines Kinoklubs von Februar bis Juni dieses Jahres ihre eigenen Historien angefertigt. Über die Zeitspanne hatten sie regelmäßige Leitung und Unterstützung von Lehrern oder Fotografen, die von „Wild Nature” ausgebildet wurden. Die Ergebnisse der Arbeit wurden Ende des Sommers bei der ersten Auflage des Festivals „Nature Stories Festival” (30. August - 2. September) im „Amza Pellea“-Kino und im Schubz Umweltbildungszentrum aus Rosenau gezeigt und besprochen.

Auch professionelle Filme über Natur wurden gesehen und erfahrene Filmemacher wie der Kronstädter Dan Dinu haben beim Festival Werkstätten mit den Teilnehmern angeboten. „Dieses Festival ist eine Zelebrierung der Natur“, meint Mihai Dragomir, einer der Veranstalter, der unter anderen auch das Festival für Film und Geschichten (Festivalul de Film si Istorii) leitet.

„Es ist eine hervorragende Idee, das Interesse der Jugendlichen an der Natur und an der Umwelt gerade durch das Handy zu wecken. Der direkte Kontakt zur Natur, die Arbeit mit ihr, das Treffen mit Filmemachern, Fotografen, Umweltschützern in den prägenden Jahren kann positive Effekte auf sie haben”, sagt Jutta Gruber Mannigel, Vertreterin der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), die dieses Projekt finanziell unterstützt. Seit 1991 hat die Stiftung etwa 2 Milliarden Euro für mehr als 10.900 Projekte in Deutschland und Mittel- und Osteuropa investiert, die zur Lösung aktueller Herausforderungen im Natur- und Umweltschutz, aber auch zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen. Das Schubz (schubz.ro) in Rosenau und „Nature Stories Festival“ sind nur einige davon. Nicht nur, dass sie innovativ sind, sie bieten auch Lösungen und die nötigen Werkzeuge, um sich für einen guten, nachhaltigen Zweck einzusetzen.

Das sieht man auch in den Kurzfilmen der Schüler, die in ihren Leinwandgeschichten Themen wie Klimawandel, Biodiversitätsverlust oder den nicht nachhaltigen Umgang mit Ressourcen unter die Lupe nehmen.

Internationale Gemeinschaft gründen

Das internationale Treffen in Rosenau im Sommer soll nur der Grundstein für eine internationale Gemeinschaft von Aktivisten und Leuten sein, die die Welt positiv beeinflussen wollen. Es soll ein Austauschformat sein, das es jungen Menschen aus verschiedenen Ländern  ermöglicht, sich gegenseitig zu besuchen und zusammenzuarbeiten. Der Wunsch, Naturfilme in Bildungseinrichtungen zu verbreiten und zu besprechen und weitere Lehrer auszubilden, den Kurs mit Interessenten durchzuführen, ist der erste Schritt im Plan der Veranstalter um weiterzumachen. Schüler sollen andere Schüler von Biodiversität, der Schönheit der Berge, Bäche und Gewächse überzeugen, dazu einladen mehr Zeit im Grünen zu verbringen. „Wir arbeiten sehr eng zusammen mit Schulen und wir wünschen uns, ins Curriculum eingeschlossen zu werden”, erklärt Domca Teluchová. In Deutschland sei das aufgrund der 16 Bundesländer schwer, deswegen möchte das Team es durch Medienzentren versuchen. Der Zugang in Schulen in Rumänien sei problemlos verlaufen und man plant das Projekt mithilfe des Schubz und des Vereins Mioritics fortzuführen. Die beiden setzen sich seit Jahren für nachhaltige Entwicklung ein und begeistern schon die ganz Kleinen für Insekten, Vögel, Holzgewächse, Bäche, Energie, Experimente, für nachhaltiges Leben und für alles, was Natur bedeutet. Es ist ein Projekt, das in Zusammenarbeit mit dem Schubz Umweltbildungszentrum der Hansestadt Lüneburg entstand und in mehreren rumänischen Städten aktiv ist.

„Es braucht gewiss viele übergeordnete strukturelle Änderungen im Bereich Umweltschutz, aber es ist eben auch wichtig, dass jeder von uns mitwirkt. Dafür ist die Situation mit der Klimakrise und Biodiversitätskrise einfach zu ernst, wir müssen alle handeln”, unterstreicht die Vertreterin der DBU.