In der Erinnerung auch der Nachkommen der vor 77 Jahren stattgefundenen Deportation geblieben

Erste Großveranstaltungen nach der Wende zum Gedenken an das Leiden der Betroffenen in Neustadt und Kronstadt stattgefunden

Die ersten Januartage jedes Jahres frischen die Erinnerungen an die 1945 stattgefundene Deportation der über 70.000 deutschen Angehörigen aus Rumänien zur Zwangsarbeit in die ehemalige Sowjetunion auf. Bei beißender Kälte wurden zwischen dem 10. und 15. Januar 1945  Männer von 17 bis 45 Jahren, Frauen zwischen 18 und 30 Jahren, aus der Mitte ihrer Familien gerissen, mit spärlicher Kleidung und wenig Nahrung in Sammelzentren angehäuft, um dann in Viehwaggons zur Zwangsarbeit in die UdSSR geschafft zu werden. In Gebieten der Ukraine und des Urals wurde sie zu schwerster Arbeit in Kohle- und Erzbergwerken, in der Landwirtschaft oder Betrieben eingesetzt. Zahlreiche von ihnen verloren dort ihr Leben. Nur wenige konnten in den Jahren bis Ende 1949 vermittels Krankentransporten heimkehren. Die Überlebenden haben nachträglich an den Folgen von Krankheiten weiterhin gelitten. Die letzten Verschleppten kamen sogar erst 1952 frei. Dieses Vergehen war bis zur politischen Wende von 1989 tabu. Erst nachträglich wurden zahlreiche Dokumentationen und Erinnerungen der Betroffenen veröffentlicht. Beson-ders zu nennen ist der 1994 erschienene Band von Hannelore Baier, der aufklärende Dokumente über die Deportation der deutschen Angehörigen aus Rumänien in die Sowjetunion 1945 umfasst. Ebenfalls sie gab  2000  den Band „Tief in Russland in Stalino“ heraus.  Eine rumänische Variante, besorgt von der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Academia-Civic²-Stiftung folgte. 2005 widmeten die „Eckartschrift“ Nr. 178 dem Band  mit einer Dokumentation von Dr. Michael Kroner dem Thema, Pastor Ignaz Bernhard Fischer, Vorsitzender des Verbandes der Russlanddeportierten  schloss sich den Autoren dieser Reihe an, u.a.  Aus dem Kronstädter Kreisgebiet wurden die Sachsen in die Lager von Almasna, Lubowka, Makjewka, Petrowka, Stalino deportiert. Von diesen sind 20 Prozent während der Jahre der Zwangsarbeit wegen Hunger, Kälte, Krankheiten gestorben. Gleich nach dem Sturz des Kommunismus wurde am 8. Januar 1990  das Demokratische Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt gegründet, und folgte somit dem Aufruf des am 28. Dezember 1989 gegründeten Landesforums. Dabei wurde auch das provisorische Leitungskomitee gewählt. Als Forumsmitglieder oder auch nicht, wurden die ehemaligen Russlanddeportierten am 4. April 1990 zu einer Vollversammlung in die Aula der Honterusschule einberufen und der Verband der Russlanddeportierten im Kreis Kronstadt gegründet. Als Vorsitzende wurden Dipl. Architekt Günther Schuller und Ada Teutsch gewählt. Bereits nach zwei Wochen wurden 700 Personen in der Evidenz des Verbandes erfasst, bis Juli 1992 konnten die Akten von fast 1000 Betroffenen bei der zuständigen Kommission der ehemaligen politischen Häftlinge laut Dekret-Gesetz 118/1990 eingereicht werden. Nachträglich wurden die vorgesehenen Bestimmungen bezüglich der Kompensationen für die ehemaligen Deportierten und ihre Nachkommen  durch weitere Bestimmungen aufgebessert, wobei wir nur letztere, den Eilerlass der Regierung 153/2020 und Gesetz 301/2021 erwähnen. Im Lauf der Jahre sind in Folge von Krankheit, Alter, Aussiedlung die Betroffenen zum Großteil nicht mehr unter uns, ihre Nachkommen führen deren Erinnerungen weiter. Nur sieben der Überlebenden der Deportation aus dem Kreisgebiet weilen noch unter uns. Das Demokratische Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt (DFDKK) organisierte mit dem Verband der Russland-Deportierten aus dem Kreisgebiet, nachdem es keine politischen restriktiven Maßnahmen mehr gab, das erste große Treffen  der ehemaligen Betroffenen am 16. Juni 1991 in Neustadt. Es war das erste derartige umfassende Treffen im Lande. Rund 700 Betroffene  aus dem Umfeld beteiligten sich daran. Die Festpredigt in der übervollen evangelischen Kirche von Neustadt hielt der Bischof der Evangelischen Landeskirche A.B. D.Dr. Christoph Klein, die besonders die Anwesenden und Leidtragenden angesprochen hat (in der KR Nr. 26/27.VI. 1991 nachzulesen). Bei dem anschließenden Treffen im Neustädter Gemeinschaftssaal wurden diese und die Ehrengäste vom damaligen Vorsitzenden des Kreisforums, dem Autoren dieses Berichtes, von Arch. Günther Schuller, Dechant Johann Orendi, Pfarrer Ortwin Galter begrüßt. Gestaltet wurde das Treffen vom Frauenchor Neustadt-Rosenau, geleitet von Martha Lutsch, dem Rosenauer Posaunenchor geleitet von Ortwin Galter, der Burzenländer Blaskapelle, dirigiert von Ernst Fleps, der Petersberger Tanzgruppe, geleitet von Ortrun Bruss. Kurator Arnold Aescht aus Zeiden, dem zur Seite Forumsvertreter und Mitglieder der Kirchengemeinde zur Seite standen, hatte das Festessen organisiert, Rosenauer und Neustädter Frauen standen in der Küche und servierten die Speisen. Auch für den Transport standen zahlreiche Busse zur Verfügung, die die An- und Abfahrt sicherten. Anlässlich des 50. Jahrestags seit der Deportation veranstaltete das Landesforum ebenfalls in Kronstadt eine drei Tage – vom 13. bis zum15. Januar 1995 – dauernde Festveranstaltung mit landesweiter Beteiligung. Der dazu eingeladene Staatspräsident Ion Iliescu nahm wegen Termingründen, am Vorabend, dem 12. Januar, bei der Kronstädter Präfektur an einem Treffen mit einer Delegation des Landes-, der Regional- und Ortsforen teil. In seiner Botschaft betonte er u.a.: „Das rumänische Volk in seinem solidarischen und humanitären Geist, der guten Zusammenarbeit mit den Minderheiten, bereut tiefst die Ereignisse, deren wir heute gedenken, und spricht seine Hoffnung aus, dass die deutsche Minderheit in Rumänien sich neu organisieren wird unter den neuen demokratischen Voraussetzungen“. Eingeleitet wurde die Veranstaltung mit einem Gedenkgottesdienst in der Schwarzen Kirche, zelebriert von den Bischöfen D.Dr. Christoph Klein und Sebastian Kräuter. Unter der Leitung von Eckart Schlandt wurde das „Requiem“ von Mozart von den Bachchören,  aus Hermannstadt und Kronstadt aufgeführt. Im Rahmen des wissenschaftlichen Symposiums vom Samstag sprachen Prof. Dr. Paul Philippi Vorsitzender des Landesforums, Dinu C. Giurescu, Andreas Möckel, Hannelore Baier, Wolfgang Wittstock, Andrei Cornea, Ignaz Bernhard Fischer, Heinz Galter. Die Gedenkfeier im Theatersaal wurde von namhaften Kulturformationen und Interpreten aus Kronstadt, Temeswar, Hermannstadt, Großkarol gestaltet. Auch war im Kunstmuseum eine Ausstellung von Friedrich von Bömches mit Werken, deren Thematik sich auf die Deportation bezog, zu sehen. Abgeschlossen wurde die Veranstaltung am Sonntag mit einem Gedenkgottesdienst, einer Lesung von Joachim Wittstock im Kronstädter Forum und der Vorführung des Films „Wunden“ von Günter Czernetzky. Zwanzig Jahre später, anlässlich des 70. Jahrestags, fand im Festsaal des Kronstädter Kreisforums am 11. Januar 2015, erneut eine Gedenkveranstaltung statt. Eine Ausstellung bezüglich der Deportation mit besonderem Bezug auf die in Kronstadt stattgefundenen Ereignisse wurde eröffnet. Begrüßt wurden die Teilnehmer und der Referent Claudiu Seca{iu seitens der Landesbehörde  für das Studium der Securitate-Akten,  vom Historiker Thomas [indilariu, Vorsitzender des Ortsforums. Die Predigt zu dem Gedenkgottesdienst in der Obervorstädter Kirche hielt Stadtpfarrer Christian Plajer wobei dieser auch die Platte zum Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkriegs und der Deportation vorstellte, die in der Schwarzen Kirche angebracht werden sollte. Auch wurde der Erinnerungsband an die sächsischen Opfer Kronstadts im Zweiten Weltkrieg und der Deportation von Gundel Einschenk und Bernhard Heigl vorgestellt.
 Das von unseren Eltern oder Geschwistern erlittene Trauma wird weiterhin in der Geschichte verankert bleiben. Gedenkveranstaltungen, Buchveröffentlichungen, Gedenkplatten und Denkmäler sind angebracht, auch weiterhin der Opfer zu gedenken, diese nie zu vergessen.