Metropolit Andrei Şaguna änderte Mentalitäten

Beziehungen zwischen Orthodoxie und Luthertum zwischen der Revolution von 1848 und der Vereinigung von 1918 analysiert

Ruxandra Nazare, der Autor Mircea-Gheorghe Abrudan und Pfarrer Cristian Munteanu (von rechts nach links) bei der Buchvorstellung im Baiulescu-Haus.

„Ortodoxie şi Luteranism în Transilvania între Revoluţia paşoptistă şi Marea Unire, Evoluţie istorică şi relaţii confesionale“, Mircea – Gheorghe Abrudan, Editura Andreiana/Presa Universitară Clujeană, Sibiu/Cluj Napoca – 2014, 940 Seiten.

Allein der Buchtitel weckte schon das Interesse, um an der Vorstellung dieses im Andreiana Verlag/ Klausenburger Universitäre Presse Hermannstadt/Klausenburg erschienen Bandes, im Kronstädter Baiulescu-Haus, das der Kreisbibliothek zugehörig ist, teilzunehmen. Der junge Autor Mircea – Gheorghe Abrudan stellte seinen rund 940 Seiten umfassenden in rumänischer Sprache erschienen Band vor, der unter dem Titel „Ortodoxie si Luteranism în Transilvania între Revoluţia paşoptistă şi Marea Unire“ (Orthodoxie und Luthertum in Siebenbürgen zwischen der 1848.Revolution und der Großen Vereinigung) vor allem das Leben und Wirken des orthodoxen Metropoliten Andrei Şaguna (1808 – 1873) analysiert, aber auch dessen Beziehungen zu dem Bischof der Evangelischen Kirche A.B. Georg Daniel Teutsch (1817 – 1893). Praktisch handelt es sich um die Dissertation von Abrudan, die er im Novemebr 2013 verteigte. Der wissenschaftliche Leiter der Arbeit ist Univ.-Prof. Dr. Rudolf Gräf, Prorektor der Klausenburger Universität Babeş-Bolyai. 
 

Der junge Theologe und Kirchenhistoriker Mircea – Gheorghe Abrudan wurde am 22. Mai 1986 in Klausenburg geboren.Nach dem Studium der Philosophie und der orthodoxen Theologie (2009) im Rahmen der Babeş-Bolyai Universität, schrieb er seine Masterarbeit zum Thema „Die Geschichte Südosteuropas“ organisiert von der Klausenburger Uni und der Karl-Franzens Universität in Graz.

Die Anregung für diese Arbeit erhielt Abrudan von Univ.-Prof. Dr. Nicolae Bucşan, der ihn darauf aufmerksam machte, dass trotz der Heiligsprechung von Andrei Şaguna im Oktober 2011 durch die Synode der orthodoxen Kirche, dessen Werk immer noch nicht entsprechend verwertet wird, sondern irgendwie in den Müll gelangte. Somit verfasste Prof. Bucşan auch das Vorwort zu der ausführlichen Analyse, der orthodoxe Metropolit von Siebenbürgen, Dr. Laurenţiu Streza bot die Einleitung zu der Dissertation.

Einführend zu der Buchvorstellung bei der man vor allem kirchliche Vertreter erwartet hätte die aber ausblieben, stellte Ruxandra Nazare seitens der Kreisbibliothek die Autoren und das Buch den wenigen Anwesenden vor. Pfarrer Cristian Munteanu betonte, der Band sei vor allem durch den Geist, den dieser ausstrahlt von Bedeutung. Andrei Şaguna wird darin nicht in einer anderen Hypostase als der bekannten vorgestellt, aber der Autor wartet mit vielen bisher weniger bekannten Seiten des Metropoliten auf. Dabei bezog er sich auf die Rolle der persönlichen Bibliothek Şagunas , die samt seinem Haus in Hermannstadt nach 1849 zum Großteil Opfer der Flammen werden sollte, oder seinen persönlichen Beziehungen zu Vertretern der lutherischen Kirche in Siebenbürgen wie Georg Daniel Teutsch, Georg Paul Binder oder Jakob Rannicher, der zum siebenbürgischen Gubernialrath ernannt wurde. Şaguna war der, der vor allem Mentalitäten seiner Mitbürger, auch in den Beziehungen zu den andern Kirchen geändert hat. Dank ihm konnte eine neue Auffassung der Orthodoxie gegenüber der evangelisch-lutherischen Kirche in Siebenbürgen eingeführt werden.

Abrudan ist seinen Nachforschungen nicht nur in den hiesigen Archiven der orthodoxen Metropolie oder der Evangelischen Landeskirche in Hermannstadt nachgegangen. Er hat auch in dem Archiv der Wiener Polizei nachgeforscht, wo er 32 Polizeiberichte bezogen auf Şaguna einsehen konnte, da er der Exponent der Rumänen in Siebenbürgen war. Aus diesen ist feststellbar, mit wem er sich traf, in welchen Kaffees er Gast war. Somit sind die in dem Band enthaltenen Daten über Andrei Şaguna auch als Kulturbiographie zu verstehen. Er war 1846 als Generalvikar nach Hermannstadt berufen worden, ein Jahr darauf wird er zum orthodoxen Metropoliten von Siebenbürgen ernannt und 1848 in Karlowitz von der Synode als solcher bestätigt. Geboren 1808 in der ungarischen Stadt Miskolc, fand er schließlich seine letzte Ruhe neben der Kirche von Răşinari bei Hermannstadt.
In seinem Nachruf zum Tod des Metropoliten würdigte Georg Daniel Teutsch seine Verdienste für die Gemeinschaft, sein Verständnis für die anderen Konfessionen und seinen Einsatz für die Einheit der Rumänen.
Der Band ist in vier wichtige Teile, jeweils mit Unterkapiteln strukturiert, die zum Großteil der orthodoxen Kirche in Siebenbürgen, aber auch der Evangelischen Kirche A.B. gewidmet sind. Abrudan verwendet dabei eine reiche Bibliographie und bezieht sich auf Arbeiten von Friedrich Teutsch, Georg Daniel Teutsch, Hermann Pitters, Andreas Möckel, Paul Philippi, Friedrich Müller, Michael Kroner, Thomas Nägler, Edith Szegedi, Ulrich A. Wien, Gerhard Schullerus. Er stellt die Konzepte von Georg Daniel Teutsch, Friedrich Teutsch, Adolf Schullerus, Jakob Rannicher bezüglich der evangelischen Kirche als Volkskirche vor.

Andrei Şaguna unterhielt auch freundschaftliche Beziehungen zu Bischof Georg Daniel Teutsch, dem Superintendenten der Kirche Georg Paul Binder (1784 – 1867), Jakob Rannicher, der als Landler sich auch für die Rechts- und Kulturinteressen der Sachsen einsetzte. Andrei Şaguna konnte sich mit diesen bestens verständigen, er sprach zudem außer rumänisch, auch deutsch, ungarisch, serbisch, konnte griechisch und lateinisch, und war ein Verehrer des österreichischen Kaisers Franz Joseph. In diesem Sinne ist auch die Gestaltung des Buchumschlages zu werten, an dessen zentraler Stelle im Mittelpunkt der Metropolit Andrei Şaguna abgebildet ist. Zu seiner linken oben sind Kaiser Franz Joseph, rechts oben Jakob Rannicher, links unten Georg Daniel Teutsch, unten rechts Georg Paul Binder zu sehen.

Abschließend beinhaltet der reichhaltige Band einen Namensindex, einen bibliographischen Anhang, Nachrufe und eine deutschsprachige Zusammenfassung. Auch wenn vielleicht nicht alle Auslegungen von Abrudan den historischen Gegebenheiten aus heutiger Sicht entsprechen sollten, ist der Band positiv zu werten vor allem, da er einen weiteren Beitrag zum besseren gegenseitigen Kennenlernen darstellt.