Mutterland und Vaterland für die Siebenbürger Sachsen

Eine Analyse wie Deutschland die auslandsdeutschen Minderheiten wahrgenommen hat

„Mutterland und Vaterland im Verständnis der Siebenbürger Sachsen. Jahrhundertealte Verbindungen einer auslandsdeutschen Minderheit mit dem deutschen Sprach- und Kulturraum“ von Michael Kroner unter Mitarbeit von Horst Göbbel, Verlag Haus der Heimat Nürnberg, 2013, 232 Seiten, reich illustriert.

Seit wenigen Wochen liegt ein neuer Band des Historikers Dr. Michael Kroner vor, der eine weitere Analyse aus der Geschichte, mit Schwerpunkt Siebenbürger Sachsen vornimmt und zwar wie die auslandsdeutschen Minderheiten in Deutschland wahrgenommen wurden. Dabei geht er vor allem auf die Geschichte der Siebenbürger Sachsen ein, von deren Einwanderung bis zur der massiven Aussiedlung nach der politischen Wende von 1989, sowie auf die Probleme, mit denen diese sich bei ihrer Einbürgerung in Deutschland bis in die heutigen Tage konfrontiert sahen. Auch geht der Autor der Klärung der Begriffe „Mutterland“ und „Vaterland“ nach, wie sie in der Zeit des Nationalsozialismus gedeutet wurden und wie sie bei den Siebenbürger Sachsen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Umlauf waren. In dem klärenden Vorwort wird  betont: „ (… ) für eine nationale Minderheit ist das Mutterland das Land der Ahnen und der Abstammung sowie der sprachlichen und kulturellen Zugehörigkeit.

Für die Siebenbürger Sachsen war und ist es Deutschland“.  Bezogen auf den Begriff „Vaterland“ war dieses bei den Siebenbürger Sachsen das Land, in dem sie  leben und als deren Staatsbürger sie  angesehen werden. Im Lauf der Geschichte änderte sich für die Siebenbürger Sachsen mehrere Male das Vaterland, obwohl sie dieses nicht verlassen hatten. Anfangs war es Ungarn, dann ab 1541 das Fürstentum Siebenbürgen, ab 1687 die österreichische Habsbur-germonarchie, ab 1867 wieder Ungarn und nach 1918 Rumänien.

„Innerhalb dieses Vaterlandes ist Siebenbürgen ihre Heimat, mit der sie sich identifizieren, und die wird deutlich  vom großen Vaterland unterschieden. Man bekennt sich zwar zum Vaterland, dieses ist aber nicht identisch mit der Siebenbürgischen Heimat“, betont der Autor, wobei er auf die Entschließung des 5. Sachsentages, der 1931 in Hermannstadt war, baut, in der es heißt: „Das sächsische Volk in Siebenbürgen fühlt sich fest und unlösbar mit seinem Heimatboden verbunden. Es bekennt sich darum in Treue auch zu dem Lande und dem Staate, von dessen Grenzen seine Heimat umschlossen ist.“ Auf noch einen Aspekt wird in dem aufliegenden Band hingewiesen und zwar, dass die Begriffe Nation und Staatsbürger  auseinander gehalten werden müssen „denn sonst hätte beim Wechsel der Staatszugehörigkeit  Siebenbürgens auch die Nationalität der Sachsen jeweils angepasst werden müssen.

Die Siebenbürger Sachsen waren vor 1918 keine Ungarn und danach keine Rumänen. In Rumänien waren und sind die Sachsen rumänische Staatsbürger deutscher Nationalität, die zusammen mit den Banater und Sathmarer Schwaben, den Zipser-, den Bukowina-, und Dobrudschadeutschen die rumäniendeutsche Minderheit bilden“. Das Buch muss als populär-wissenschaftliche Arbeit betrachtet werden, das sich an alle Leser wendet und in vielen Bereichen mehr Aufklärung als in bisherigen Arbeiten bietet.

Gegliedert ist der Band thematisch in drei große Kapitel, in denen Dr. Michael Kroner dann wiederum auf Einzelaspekte der Geschichte eingeht. Somit bietet er in dem  1. Teil „Die Ost- und Südostdeutschen – Historische Übersicht“ einleitend einen Überblick über die deutschen Minderheiten in diesem Teil Europas von deren Ansiedlung außerhalb des deutschen Kaiserreiches bis Ende des Ersten Weltkrieges, den deutschen Siedlungen im Osten Europas: in Polen, dem Baltikum, in Böhmen, Ungarn, in Siebenbürgen und dem Balkan. Nach dem Zweiten Weltkrieg trat dann die Aussiedlung als Folge der kommunistischen Unterdrückung und Verfolgung ein. Ausführlich wird auch die Situation der Deutschen in der Sowjetunion  und in den GUS-Staaten in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg und bis heute analysiert.

Am ausführlichsten fällt das zweite Kapitel des Bandes aus, das unter dem Sammeltitel „Die Siebenbürger Sachsen – eine deutsche ausländische nationale Minderheit in historischer Sicht“ steht. Ausgehend von der Antike und dem  ältesten Volk ,das auf dem Gebiete Siebenbürgens, den Dakern auch als Geten bekannt, gelebt hat, wird der Leser über die Ansiedlung der deutschen Kolonisten und deren Rechtslage eben im Zuge der wechselnden staatlichen Zugehörigkeit oder zeitweiligen Eigenständigkeit Siebenbürgens informiert. Es wird auf die wichtigsten geschichtlichen Ereignisse eingegangen, die ausschlaggebend für die da angesiedelten Deutschen waren, auf die Rolle, die die Siebenbürger Sachsen in der Einführung abendländischer Kunst, in der kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung gespielt haben, den Beziehungen, die zum Mutterland gepflegt wurden.

Der Autor geht in separaten Unterteilungen dieses Kapitels auf zwei ausschlaggebende Perioden in der Geschichte der Siebenbürger Sachsen ein: auf jene  des Dritten Reiches und deren Auswirkungen auf die hiesige deutsche Minderheit in den Jahren 1933 – 1944 , sowie auf die Periode der kommunistischen Herrschaft,  gekennzeichnet von Verfolgung, Enteignung, Deportation zur Zwangsarbeit, Evakuierung, Diskriminierung. Das alles hatte schließlich die massive Auswanderung in die Bundesrepublik Deutschland zur Folge. Anschaulich in dem Band ist diesbezüglich der von Horst Göbbel gelieferte Beitrag, der auf die sogenannte Familienzusammenführung  eingeht, in der die Betroffenen die einzige Hoffnung sahen.

Auch die Schilderungen der ersten Schwierigkeiten der Integration in dem Mutterland, beginnend mit der Durchgangsstelle in Nürnberg, dem Anpassen an das neue westliche Umfeld, der neuen Lebensweise, den ersten organisatorischen Einrichtungen der Siebenbürger Sachsen, die den Neuankömmlingen Hilfe bieten sollten, sprechen sicher den Betroffenen aus dem Herzen.

Im dritten Kapitel des Bandes: „Träger und Stützen der deutschen Identität der Siebenbürger Sachsen“ wird auf das siebenbürgische Schulwesen, auf die Reformation und die Rolle der Kirche auch in der Bildung eingegangen, sowie auf die Sprache, die von der sächsischen Mundart zum Hochdeutschen als Amtssprache führte. Besonders zu dem jetzigen Zeitpunkt, wo die 95. Jährung seit der Vereinigung Transsilvaniens mit Rumänien mit festlichen Veranstaltungen begangen wird, ist auf den letzten Teil des Buches hinzuweisen, in dem die Loyalität der deutschen Minderheit gegenüber dem neuen Staatsgebilde zum Ausdruck kommt, wo die Beziehungen der deutschstämmigen rumänischen Könige des Hauses Hohenzollern-Sigmaringen  zu den Deutschen Rumäniens geschildert werden.

Dr. Michael Kroner fällt als Autor zahlreicher Abhandlungen zur Geschichte der Siebenbürger Sachsen der Verdienst zu, ein neues aufklärendes Buch herausgebracht zu haben, das mehrere aktuelle  Probleme anspricht, auf die bisher weniger eingegangen wurde. Er tut das auf eine konzentrierte und für eine breite Leserschaft leicht verständlicherweise. Ergänzt wird der Band mit einer reichen, ansprechenden, Illustration – aktuell aber auch  aus Archivmaterial.  Der Band, der in der Druckerei Schobert in Nürnberg erstellt wurde, ist unter besten drucktechnischen Voraussetzungen herausgebracht worden. Zu empfehlen ist dieser auch den Lehrern die Geschichte in den Schulen unterrichten.