Sorgen um die Narzissenwiese

Als „einzigartiges Naturwunder“ bezeichnet Wilhelm Gunesch in der KR 24 vom 16. Juni 1972 die Narzissenwiese bei Schirkanyen. „Ein märchenhafter Anblick! Ein Blütenmeer von Narzissen im strahlenden Licht der Frühlingssonne.“ Aber bereits drei Jahre zuvor kam es zu einer „unvermeidlichen Mai-Invasion“. Unvermeidlich, weil landesweit die Narzissenwiese bekannt wurde, weil die nationale Tourismusbehörde  ONT „Massenausflüge“ organisierte, weil  über die neu angelegte Straße an schönen Sonntagen zehntausende von Besuchern anreisten. „… Manche durchfuhren sogar das ganze Gebiet nach allen Richtungen, um es zu besichtigen, es sich an einem besonders schönen Plätzchen gemütlich zu machen, ein Feuer anzufachen und Gelage zu feiern“, schreibt Gunesch. Dabei waren 86 Hektar Anfang der 1960er Jahre zum Naturschutzgebiet erklärt worden, „um einen Teil dieses Naturwunders in seiner ursprünglichen Art zu erhalten und vor dem Zugriff der manchmal zu aggressiven Zivilisation zu bewahren“. Gunesch sieht eine Gefahr auch in den Narzissenhändlern die die Blumen „sackweise“ nach Kronstadt zum Verkauf bringen. Nach einer „totalen Sperre“ von zwei Jahren wurde 1972 die Narzissenwiese unter Ausschluss von Massenbesuchen und Massenveranstaltungen an drei Sonntagen wieder geöffnet. Trotz Kontrolle und freiwilligen Helfern spricht Gunesch von „erneut schlechten Erfahrungen“. Er belässt es aber nicht nur bei Warnungen, sondern nennt auch konkrete Vorschläge seitens des Kronstädter Naturschutzrates an den Kreisvolksrat. Dazu gehören kiesbestreute Wege mit rondellförmigen Rastplätzen um die Wiesen mit Narzissen; das Abhalten der traditionellen Maifeste im benachbarten Birkenwald. Dort sollte ein Touristenkomplex entstehen, wie auch am Straßenende ein Campingplatz, eine Gaststätte und ein Pkw-Parkplatz. Selbstverständlich kommt eine entsprechende „Aufklärungs- und Erziehungsarbeit“ hinzu. Auch 50 Jahre später ist die Narzissenwiese leider weiterhin gefährdet, selbst wenn sie als Schutzgebiet anerkannt wird.

In der KR Nr. 30 vom 28. Juli erscheint auf der Heimatkunde-Seite der Beitrag „Andreanum neu interpretiert“ von Michael Kroner. Es geht um eine neue Ortsbestimmung im Zusammenhang mit dem sächsischen Siedlungsgebiet wie es in der als „Andreanum“ bekannten Urkunde 1224 definiert wurde. Die allgemein bekannte Formel „von Broos bis Draas“ lautet im lateinischen Originaltext „a Waras usque in Boralt“. Dass mit Waras Broos (Or˛{tie) gemeint ist, stellt Dr. Paul Binder in Frage. In einem Beitrag, der auf derselben Seite erscheint, ist Binder der Meinung, es könnte sich dabei auch um eine weiter westlich gelegene, vielleicht eine der dakischen Burgen aus der Brooser Gegend, handeln. Boralt könnte Baraolt bedeuten, meint Kroner und bezieht sich auf E. Wagner, der Ortschaften, die am linken Altufer zwischen Baraolt und Schirkanyen liegen, als zum Gebiet des Andreanum gehörend vermutet, „so dass ihm auch nicht sächsische Ortschaften angeschlossen waren. ‚Sachse‘ war in Siebenbürgen bis ins 19. Jahrhundert nicht nur Stammes-, sondern auch Standesbegriff für den vollberechtigten Bürger des sogenannten Sachsen- oder Königsboden, der direkt dem König unterstand“. Demzufolge schlussfolgert Kroner: „Wenn in alten Dokumenten von ‚Sachs‘ die Rede ist, so muss es nicht immer ein Sachse im völkischen Sinne des Wortes sein.“

Über Fragen zu aktuellen Forschungsproblemen der deutschen Historiographie handelt es sich auch bei einer Umfrage, die Michael Kroner leitete („Bausteine zu einer Geschichte der Sachsen und Schwaben“, KR 26 vom 30. Juni 1972, Seiten 8 -10). Stellung dazu nehmen Maja Philippi, Kurt Horedt, Carl Göllner, Gustav Gündisch, Ludwig Binder, Franz Killyen, Paul Binder, Erhard Antoni, Gernot Nussbächer, Heinrich Lay, Thomas Breier, Erhard Andree, Thomas Nägler. Andere interessante Beiträge zur Heimatkunde, die in der „Karpatenrundschau“ veröffentlicht werden, sind, unter anderen: „Zigeunerlieder aus Siebenbürgen. Wlislocky sammelte – Barner vertonte“ von Erhard Andrée (KR 23); ein von Kroner im Hermannstädter Archiv bis vor 50 Jahren unbekannt gebliebenes Stephan-Ludwig-Roth-Dokument („Höhere Bildung für Handwerker. Skizze eines Planes zu einer vom Gymnasio abgesonderten Bürgerschule“ (KR 25); eine Würdigung des Volkskundlers Josef Haltrich anlässlich des damaligen 150-Jahre-Jubiläums seit dessen Geburt (KR 29).

Einen besonderen Gast konnte die KR-Redaktion am 29. Juni begrüßen. Prof.Dr.Dr.h.c. Hermann Oberth und Gattin waren auf Rumänien-Besuch.  Der Mediascher „Vater der Raumfahrt“ schrieb und unterzeichnete eigenhändig folgenden Gruß: „Den Lesern und Mitarbeitern der ‚Karpatenrundschau‘ meine herzlichen Grüße und besten Wünsche.“ Die Kronstädter Wochenschrift veröffentlicht dabei auch einen mehrteiligen Artikel von Oberth unter dem Titel „Vom Sinn der Weltraumfahrt“.
Norbert Petri bietet einen Rückblick auf die dritte Auflage des Kronstädter Kammermusikfestivals (KR 27). Zu Wort kommen eine Woche später in „Nachklänge der Festwoche“ auch andere bekannte Musiker wie: Remus Georgescu, Anselm Honigberger, Stefan Ruha, Geoffrey Shaw, Tudor Ciortea, Wolfgang Güttler. In der Festival-Jury vertreten waren unter anderen: Mircea Cristescu, Wilhelm Berger, I. Ionescu-Galați, Norbert Petri.