Spannend und nachdenklich stimmend

Kronstädter Uraufführung des ZDF-Fernsehfilms „Blutholz“

Poster von "Blutholz" (Regie: Torsten C. Fischer)

Dutzende Kronstädter folgten am Mittwoch, dem 13. September, der Einladung, den ZDF-Fernsehfilm „Blutholz“ im Kinozentrum „Cinema One“ der Coresi-Mall zu sehen. Diese Aufführung war dank dem Entgegenkommen des ZDF sowie der Initiative des Vereins „Smart City Bra{ov“ (Vorsitzender Christian Macedonschi) zustande gekommen. Das Filmteam wurde von Produzenten Martin Lehwald und von dem ZDF-Redakteur Pit Rampelt vertreten. Rampelt bezeichnete diese Aufführung als ein Zeichen des Dankes und des Respekts seitens der Hersteller für alle, die in Kronstadt zum erfolgreichen Abschluss der Dreharbeiten beigetragen haben. 

Für ihn, als gebürtiger Kronstädter, war es ein ganz besonderer Anlass, den Film der auch in Kronstadt gedreht wurde, nun in seiner Geburtsstadt vorstellen zu können. Nach der Vorführung konnten die Zuschauer an die beiden Gäste Fragen stellen und interessante Details über dessen Produktion erfahren.

Der Film ist ein Politthriller, in dem sich gleich mehrere aktuelle Themen wiederfinden, die nicht nur für Kronstadt oder Rumänien für Interesse sein dürften. Es geht um das Verschwinden in Kronstadt des deutschen Managers eines internationalen Holzkonzerns und um Ermittlungen in diesem Fall, die auch ein nach Deutschland ausgewanderter Sachse, Hans genannt „Honnes“ Schüssler (Joachim Król) aufnimmt. Dabei trifft dieser auf seine ehemalige Jugendliebe Silvia (Désirée Nosbusch), die nun die deutschstämmige Bürgermeisterkandidatin von Kronstadt ist. Eine weitere schockierende Wiederbegegnung wartet auf Honnes – jene mit dem einflussreichen Unternehmer und Kunstförderer Rednic (dargestellt von Geo Dobre). Honnes erkennt bald, dass dieser ihn vor Jahrzehnten als Securitate-Major verhört und auch gefoltert hatte, weil er versucht hatte, über die Grenze nach Deutschland zu flüchten und vorher auch mit Westprodukten (z.B. Schallplatten) „geschmuggelt“ hatte. Zu den persönlichen Problemen von Schüssler (er ist alkoholsüchtig, muss sich mit seiner eigenen traumatischen Vergangenheit auseinandersetzen) kommen viele weitere Themen hinzu: das massive und illegale Abholzen von Waldflächen, die zum Teil eigentlich als Urwälder geschützt werden müssen, Veruntreuung von EU-Geldern, Bestechlichkeit, Einflussnahme von mafiösen Strukturen in der Lokalpolitik, Armut in der Roma-Gemeinschaft, Gewalt, Einschüchterung, Erpressung, Verrat. Im Film werden so viele verschiedene Bereiche angesprochen, so unterschiedliche Gestalten geschildert, dass der Stoff, wie Lehwald zu hören bekam,  sogar für eine Serie ausreichen könnte.

In der anschließenden Fragerunde ging es auch um den Eindruck, den der Film einem Zuschauer aus Deutschland über Kronstadt, über Rumänien hinterlässt. Martin Lehwald wies da- rauf hin, dass die angesprochenen Themen nicht strikt für Kronstadt und Rumänien spezifisch wären. Umweltsünden, Verflechtung von Politik und wirtschaftlichen Interessen, Skepsis, sogar Abneigung gegenüber Ausländern sind komplexe Probleme, die allgemein gültig sind und so aktuell bleiben. Lehwald erinnerte, dass gerade über Genrefilme wie Krimi und Politik-Thriller auf interessante, spannende Weise solche Themen ein breites Publikum erreichen. 

Dabei ist es sicher ein Gewinn, wenn die Zuschauer sich nach dem Film vielleicht auch die eine oder andere Frage über das Gesehene stellen, wenn sie also nicht nur die unterhaltsame Seite wahrnehmen, sondern auch nachdenklich gestimmt werden.

In der Tat, der Film wollte nicht Werbung für Kronstadt oder für die rumänische Karpaten sein, auch nicht ausführlich die Geschichte und die Auswanderung der Siebenbürger Sachsen thematisieren. Dafür sind andere Gattungen wie Dokumentarstreifen oder Reportagen vorgesehen, die sich übrigens auch im ZDF-Angebot wiederfinden. Das Leben der Siebenbürger Sachsen in Rumänien wird in diesem Film nicht angesprochen, weil dieses auch nicht erwartet wird und nicht zum Konzept eines kommerziellen Fernsehfilms gehört. Trotzdem: eine kurze Szene, gefilmt in der Bartholomäer Kirche, dürfte für rumäniendeutsche Zuschauer ein Fragezeichen aufwerfen. Im Kirchenchor singt der Ex-Securitate-Mann Major Rednic mit. Wahrscheinlich ist auch das ein Hinweis auf die Verflechtung und das Zusammenspiel von Tatsachen und Abhängigkeiten in unserer Gesellschaft und in unserem Leben. Christian Macedonschi als Moderator und auch Übersetzer dieser Veranstaltung brachte diese Szene in Verbindung mit Kronstädter Realitäten – lange Zeit war ein ehemaliger Securitate-Mitarbeiter als Sekretär des Kronstädter Rathauses im Amt.

Martin Lehwald erwähnte, dass beim Zustandekommen von „Blutholz“ Experten wie das Ehepaar Christoph und Barbara Promberger oder der Umweltaktivist Hans Hedrich beratend mitwirkten, dass ein rumänischer Sprach-Coach (Thomas Oyntzen) den deutschen Schauspielern in jenen Szenen geholfen hat, wo sie auf Rumänisch sprechen sollten. Eine Herausforderung war auch die Tatsache, dass außer in Kronstadt (Szenen am alten Marktplatz, Drahtseilbahn zur Zinne, Graft und andere Orte) auch in recht entfernten Orten (Kastenholz/Ca{ol], Turnu Ro{u, am Fuße des Königsteins) gedreht wurde. Dass als Arbeitstitel für den Film zunächst „Der Bär“ gewählt wurde, weil „Blutholz“ zum Beispiel für die rumänische Forstregie als zu problematisch gelten konnte, sagt auch etwas aus über weitere Herausforderungen, die es zu bewältigen galt. 

Die Zusammenarbeit mit der rumänischen Produktionsfirma Seven Film Production Services verlief sehr gut, da diese über das notwendige Know-how und Erfahrung verfügt. 

Eine in Kronstadt lebende Französin schlug vor, den Film über den Streaming-Dienst Netflix einem größeren Publikumskreis (vor allem dem hiesigen) zugänglich zu machen. 

Das sei schwierig, wurde ihr geantwortet, da es sich um einen Fernsehfilm handelt, dessen Ausstrahlungsrechte für die nächsten sieben Jahre das ZDF behält.

Der Film hatte bei seiner Kronstädter Uraufführung ein durchaus positives Feedback, was den beiden Gästen nur Freude bereiten konnte. Er wurde bisher von über 6 Millionen Fernsehzuschauern in Deutschland (ZDF) und Frankreich (arte) gesehen. Hinzu kommen noch die Zuschauer, die ihn über die zdf-mediathek verfolgt haben oder dieses (über www.zdf.de/filme/der-fernsehfilm-der-woche/blutholz-100.html) bis Mai nächstes Jahr tun werden. „Blutholz“ ist für die „Televisionale Baden Baden“ (ein Festival aktueller deutschsprachiger Fernsehfilme) nominiert worden.