„… unser Angebot als vernünftige, vertrauenswürdige Alternative“

Gespräch mit Wolfgang Wittstock, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen im Kreis Kronstadt

In drei Tagen finden in Rumänien Kommunalwahlen statt. Der 5. Juni ist ein entscheidender Tag für das Demokratische Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt (DFDKK). Ziel ist, eine bestmögliche Vertretung in den Verwaltungen auf Kreis- und Ortsebene zu erzielen. Weshalb die Kandidaten des Deutschen Forums eine Alternative darstellen, welche wichtigen Projekte in den letzten Jahren von den Stadt- und Kreisräten des Forums durchgeführt wurden und warum es wichtig ist, am Sonntag wählen zu gehen, erklärte uns in einem Gespräch zum Thema Kommunalwahlen Wolfgang Wittstock, Vorsitzender des DFDKK.

Im Kreis Kronstadt wurden seitens des Deutschen Forums für die Kommunalwahlen am 5. Juni mehr Kandidaturen als vor vier bzw. acht Jahren angemeldet. 2008 waren es 107, vier Jahre später 130 und in diesem Jahr sind es 162. Wie erklären Sie sich diesen quantitativen Zuwachs? Wird er auch ein besseres Wahlergebnis zur Folge haben?

Der von Ihnen erwähnte quantitative Zuwachs erklärt sich vielleicht dadurch, dass es, im Vergleich zu früheren Wahlkampagnen, in unserer siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft vermehrt Kräfte gibt, die bereit sind, öffentliche Aufgaben wahrzunehmen, sich kommunalpolitisch zu engagieren und ihren Beitrag zur guten, optimalen Verwaltung und Bewirtschaftung der Ortschaften, in denen wir zu Hause sind, zu erbringen. In mehreren Wahlkreisen - für den Kronstädter Kreisrat sowie für die Kommunalräte von Kronstadt, Fogarasch, Bodendorf, Deutsch-Tekes und Heldsdorf - hat das Deutsche Forum komplette Kandidatenlisten angemeldet, auch weil uns das unter Umständen ermöglicht hat, eigene Vertreter in die Büros der genannten Wahlkreise und der Wahllokale in diesen Wahlkreisen zu entsenden. Dieser Aspekt hat seine Bedeutung. Es ist wichtig, wachsamen Auges dafür zu sorgen, dass bei den Wahlen alles mit rechten Dingen zugeht und auch die Stimmenauszählung korrekt durchgeführt und nicht geschummelt wird. Kandidaturen haben wir aber auch für die Kommunalräte von Reps und Petersberg angemeldet. In Zeiden haben das Deutsche Ortsforum und eine kürzlich gegründete Partei, „Uniunea pentru Codlea“, eine Wahlallianz abgeschlossen.

Auf deren komplette Kandidatenliste für den Zeidner Stadtrat wurden sechs Forumsvertreter aufgenommen. Eigene Bürgermeister-Kandidaten haben wir in Kronstadt, Bodendorf, Deutsch-Tekes und Heldsdorf angemeldet. Im Kreis Kronstadt wurden für die Kommunalwahlen vom 5. Juni 59 Wahlkreise eingerichtet - für 58 Kommunen und für den Kreisrat. Das Deutsche Forum hat aber nur in acht Wahlkreisen eigene Kandidaten bzw. Kandidatenlisten registrieren lassen. Vor vier Jahren waren es noch elf Wahlkreise. Es fehlen diesmal Brenndorf, Nussbach, Scharosch, Tartlau und auch Zeiden mit einer eigenen Forumsliste. Neu hinzugekommen sind für uns Deutsch-Tekes und, nach achtjähriger Pause, Petersberg. Der von Ihnen erwähnte quantitative Zuwachs trifft also nur auf die Zahl unserer Kandidaten zu und nicht auf jene der Wahlkreise, in denen wir Kandidaturen angemeldet haben. Trotzdem bin ich zuversichtlich, dass wir unter dem Strich ein besseres Wahlergebnis als vor vier Jahren und damit auch mehr Mandate in den Kommunalräten erzielen werden, als das 2012 der Fall war.

Bei den letzten Kommunalwahlen wurde ein gutes Resultat erzielt. Das Demokratische Forum der Deutschen wurde die drittstärkste politische Kraft Kronstadts. Welches waren die wichtigsten Projekte aus dem Wahlprogramm 2012, die bis jetzt verwirklicht werden konnten?

Man muss hier meines Erachtens unterscheiden zwischen dem Wahlprogramm für den Kreis Kronstadt und den Wahlprogrammen für die einzelnen Ortschaften, mit denen sich die Forumskandidaten vor vier Jahren den Wählern gestellt haben. Ich beziehe mich jetzt nur auf unser Wahlprogramm für die Verwaltung des Kreises Kronstadt, mit dem wir 2012 den Wahlkampf bestritten hatten. Bekanntlich habe ich damals für den Kreisratsvorsitz kandidiert, allerdings erfolglos. Heuer wird der Kreisratsvorsitzende nicht mehr per Direktwahl ermittelt, sondern aus den Reihen der Kreisratsmitglieder gewählt. 2012 erzielten wir zwei Kreisratsmandate, die von Dieter Drotleff und mir wahrgenommen wurden. Erst ab drei Mandaten gab und gibt es die Möglichkeit der Fraktionsbildung. Wir hatten also eher den Status unabhängiger Kreisratsabgeordneter. Unseren Möglichkeiten, uns für die im Wahlprogramm von 2012 genannten Ziele einzusetzen, waren folglich von vornherein Grenzen gesetzt. Was nun meine Tätigkeit als Kreisratsmitglied im Mandat 2012-2016 betrifft, so kann ich sagen, dass ich mich z.B. eingehend mit der Tätigkeit der dem Kreisrat unterstellten Kulturinstitutionen (Museen, Kreisbibliothek u.a.) beschäftigt habe. Die Verbesserung des Managements dieser Institutionen war einer der Punkte in unserem damaligen Wahlprogramm.

Welche Aktionen wurden in den letzten vier Jahren im Interesse der deutschen Minderheit unternommen?

Thematisiert haben wir beispielsweise im Kreisrat, einmal auch mit Erfolg, die Gewährung finanzieller Zuschüsse für das Altenheim in Schweischer bei Reps, dessen Träger die Evangelische Kirche A.B. in Rumänien ist, oder, durch meinen Kollegen Dieter Drotleff, Unterstützungen für den Siebenbürgischen Karpatenverein. Allerdings muss erwähnt werden, dass sich in den letzten ein-zwei Jahren die Voraussetzungen für die Gewährung finanzieller Unterstützungen für Kulturprojekte, für Vorhaben der Glaubensgemeinschaften oder für sportliche Aktivitäten geändert bzw. sich in einem beträchtlichen Maße kompliziert haben. Für diese Bereiche wurden detaillierte Reglements ausgearbeitet und verabschiedet. Es erfordert nun einen wesentlich größeren Aufwand als noch vor zwei-drei Jahren, vom Kreisrat Geldmittel für Projekte in den genannten Bereichen zugewiesen zu bekommen. Um aber auf Ihre Frage zurückzukommen: Etwa auf Aspekte der schwierigen Beziehungen zwischen Kreisrat und Evangelischer Stadtpfarrgemeinde A.B. Kronstadt wegen der letzterer rückerstatteten Immobilien, in denen ersterem unterstellte Museen untergebracht sind, oder auf Fragen des Denkmalschutzes im Zusammenhang mit den schockierenden Meldungen über den teilweisen Einsturz des Kirchturms in Radeln und den totalen Einsturz des Kirchturms in Rothbach bin ich, auf Ausschussebene oder in Gesprächen mit der Kreisratsexekutive, immer wieder eingegangen.

Können Sie einige der wichtigsten Punkte aus dem diesjährigen Wahlprogramm der Forumskandidaten nennen?

Auch diesmal gibt es mehrere Wahlprogramme unseres Deutschen Forums: eines für die Verwaltung des Kreises Kronstadt in den Jahren 2016-2020 und dann die Programme für die einzelnen Ortschaften, in denen wir Kandidaten haben. Das Wahlprogramm für den Kreis Kronstadt kann auf unserer Internetseite (www.forumkronstadt.ro) eingesehen werden. Es wurde unter maßgeblicher Mitarbeit unserer Spitzenkandidatin auf der Kreisratsliste, Frau Caroline Fernolend, Vizepräsidentin der Stiftung Mihai Eminescu Trust, ausgearbeitet und legt u.a. großen Wert auf die gleichmäßige Entwicklung aller Ortschaften des Kreises durch die Verwirklichung notwendiger Infrastruktur-Projekte, auf zufriedenstellende Lebens- und Arbeitsbedingungen für alle im Kreis Kronstadt lebenden Menschen, auf einen effektiven Naturschutz sowie auch auf die Förderung von Initiativen der zivilen Gesellschaft in unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen.

Auf den Kandidatenlisten stehen mehrere Namen von Rücksiedlern und deutschen Bürgern. Weshalb wären diese ein Gewinn für die Kommunalpolitik?

Das ist, meine ich, eine rhetorische Frage, auf die eine Antwort eigentlich überflüssig ist. Tatsache ist, dass es auf unseren Kandidatenlisten mehrere Rücksiedler und Neusiedler gibt, die entweder als rumänische Staatsbürger kandidieren, sofern sie einen rumänischen Personalausweis mit Wohnsitz im betreffenden Wahlkreis besitzen, oder aber als Staatsbürger eines anderen EU-Landes, die mit einem Zweitwohnsitz in Rumänien registriert sind. So kandidieren auf unseren Listen tatsächlich mehrere deutsche Staatsbürger, einer sogar für das Amt des Bürgermeisters (in Deutsch-Tekes), aber auch ein Österreicher und sogar ein Franzose, der mit einer Deutschen verheiratet ist und so zum Deutschen Forum gefunden hat. All diesen Rück- und Neusiedlern sind die Standards zivilisierter, effizienter Kommunalwirtschaft bekannt und vertraut. Ihre Erfahrungen können erfolgreich zur notwendigen Veränderung und Verbesserung hiesiger Gegebenheiten in diesem Bereich führen.

Vor 4 Jahren war die Wahlpräsenz im Kreis Kronstadt nur 54,59%. Warum gehen die Leute nicht wählen? Setzt das Forum auf die Stimmen der Wähler, die sich normalerweise nicht an den Wahlen beteiligen?

Wer nicht wählen geht, wird wohl seine Gründe dafür haben. Vielleicht ist die von Ihnen genannte Zahl ein Indiz für eine ziemlich verbreitete Politikverdrossenheit. Eine Erklärung wäre der schlechte bis sehr schlechte Ruf, den die politische Klasse allgemein genießt. Sie gilt durchwegs als korrupt. Korruption existiert, das führen uns die Medien Tag für Tag vor. Aber die politische Klasse, die Parteien grundsätzlich als korrupt darzustellen - darin sehe ich eine große Gefahr für das demokratische Gesellschaftssystem. Ich gehe davon aus, dass vor allem jene Wähler das Deutsche Forum wählen werden, die unser Angebot als vernünftige, vertrauenswürdige Alternative zu jenem der politischen Parteien begreifen. Möglich, dass sich darunter auch Personen befinden, die sich normalerweise nicht an Wahlen beteiligen, weil ihre an die Politiker gerichteten Erwartungen bisher enttäuscht wurden.

Welches ist Ihre Wahlempfehlung für Mitglieder und Sympathisanten des Deutschen Forums?

Da besteht kein Zweifel: Gehen Sie bitte, geehrte Leser, am kommenden Sonntag zur Wahl und wählen Sie die Kandidaten des Deutschen Forums! Unser Wahlzeichen ist wie auch bisher das Herz, oben und unten flankiert von den Wörtern „FORUMUL GERMAN“.

Die Fragen stellte Elise Wilk