„Wir sollen mehr schätzen, was wir haben“

Das partizipative Kunstprojekt „Unsere Arche“ in Fogarasch lädt zum gemeinsamen Nachdenken ein

Kinder beim Malen Foto: die Verfasserin

Zwei Wochen lang residierte auf Einladung der ifa-Kulturmanagerin Cornelia Hemmann ein besonderer Gast in Fogarasch: Edin Bajric. Der bildende Künstler, der 1993 aus seiner Heimat Bosnien nach Deutschland geflohen ist, beschäftigt sich schon seit einigen Jahren mit dem Thema der Reise. Begonnen hat es bei ihm mit einfachen Papierschiffen, später entstanden Holzboote oder Malereien, bei denen das Schiff beginnt zu fliegen.

Für sein erstes internationales Projekt arbeitete er in Workshops mit über 230 Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen zum Thema „Unsere Arche. Was nehmen wir mit?“ Alexandra Șandru, Schülerin der 10. Klasse des Colegiul Național Doamna Stanca, hatte große Freude am Projekt: „Wir haben neue Informationen bekommen, die uns im Leben helfen werden. Neben der Umsetzung unserer künstlerischen Fähigkeiten durch die Zeichnung eines Objekts, das wir auf die Arche mitnehmen würden, haben wir auch einige Fotos gemacht, indem wir mit einer Taschenlampe eine Arche in völliger Dunkelheit in die Luft gezeichnet haben. Das war sehr originell und interessant.“

Es wurde geschrieben, gezeichnet, gemalt, es wurden Wünsche gesammelt und Traumhäfen gestaltet. Diese füllen nun ein Holzobjekt auf der Piața Republicii in Fogarasch, das in seiner Gestalt an ein Papierschiff erinnert. „Es war mir besonders wichtig, dass all diese Gedanken in ihrer Vielfalt und Fülle sichtbar und im öffentlichen Raum geteilt werden. Sie sollen zum Nachdenken anregen. Was bedeutet es eigentlich, wenn ich gehen muss? Was ist mir besonders wichtig und warum?“, so die ifa-Kulturmanagerin Cornelia Hemmann. „Ich freue mich, dass sowohl Kinder aus dem ländlichen Raum als auch aus der Stadt oder auch Menschen mit Behinderungen an dem Projekt teilgenommen haben. Die Idee einer gemeinsamen – ‚unserer’ – Arche hat sie alle vereint. Das ist eine tolle Erfahrung.“

Aus Sicht von Natalia Bărgăoanu aus der 7. Klasse der Școala Gimnazială Ovidiu Densușianu symbolisiert die Arche nicht nur einige Holzbalken. Vielmehr seien es „die Träume aller Kinder und Menschen“, die an diesem Projekt teilhatten. Sie wünscht sich sehr, dass das noch mehr Kinder und Erwachsene die Arche befüllen werden und sie weiter wächst – „für eine bessere Welt“, wie sie bei der Eröffnung der Ausstellung betonte. Und ihre Hoffnung wird schon jetzt Wirklichkeit: Die Arche zieht seitdem bereits zahlreiche Spaziergänger und Bürger der Stadt an, die sich ihr neugierig annähern und sie besuchen.

Gerade für die älteren Schüler wie Alexandra war noch ein weiterer Aspekt besonders wertvoll: Die Begegnung mit dem Künstler Edin Bajric und der Austausch über seine Biografie. Sie sahen sich gemeinsam seine Videoarbeiten an, in der er seine Flucht verarbeitet hat. „Als Thema für das Deutsche Sprachdiplom haben meine Klassenkollegen und ich ‚Migration’. Die Videos haben uns in hohen Maße geholfen zu verstehen, wie ein Flüchtling lebt und was er tun muss, um gut zu leben. Wir haben verstanden wie schwer es war und ist, als Flüchtling zu leben. Wie in dem Video dargestellt wurde, war er von einem Teil seiner Familie getrennt. Es ist klar, dass das nicht einfach für ihn war. Wir sollen mehr schätzen, was wir haben – das nehme ich aus diesem Projekt mit.“

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Das kunstpädagogische Projekt „Unsere Arche“ im Herzen von Fogarasch wurde vom Jugendzentrum Seligstadt initiiert. Die Ausstellung in der Fundatia Culturală Negru Vodă kann noch bis 5. April besichtigt werden. Die Arche auf der Piața Republicii wird noch länger im Hafen von Fogarasch anlegen und weiter befüllt. Ermöglicht wurde das Projekt und die Ausstellung durch die Förderung des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) und der Baden-Württemberg Stiftung.