Abschied von einem geschätzten Organisten

Helmut Plattner zeichnete sich auch durch Lehrtätigkeit aus

Helmut Plattner

Kirchenmusikdirektor Helmut Plattner, einer der großen Organisten aus Rumänien, hat diese Welt am 29. Dezember 2012 in Berlin verlassen. Der vielseitige Musiker – Professor, Organist, Dirigent und Komponist – war ein Mensch von großer Charakterstärke. Er hatte im zarten Alter von sechs Jahren bei Elsa Reschner und Hanna Schuller (Schülerin von Wilhelm Kempff) mit dem Klavierspiel begonnen. Mit elf Jahren erlernte er das Orgelspiel unter Franz Xaver Dressler. Auf Hinwirken des großen Pianisten Wilhelm Kempff, dem er durch seinen Vater 1942 anlässlich eines Soloabends in Hermannstadt/Sibiu vorgestellt wurde, setzte er das Klavierstudium fort, mit dem Ziel einer Karriere als Pianist.

1948 schrieb er sich ins Konservatorium von Bukarest ein, wo er in der Klasse der bedeutenden Professorinnen Florica Musicescu und Silvia Şerbescu unterrichtet wurde. Ermutigt von Letzterer, die in ihm bereits einen großen zukünftigen Organisten sah, gab er schon während des Studiums regelmäßig Orgelkonzerte. Nach Abschluss des Konservatoriums im Jahre 1953 folgte eine Spezialisierung auf diesem Gebiet unter Professor Jiri Reinberger aus Prag, die er mit einem Diplom beendet. 1954 gründete Plattner selbst eine Orgelklasse am Bukarester Konservatorium, die er  zwanzig Jahre – von 1954 bis 1974 – leitete.

Auch nach seiner Auswanderung nach Deutschland 1974 konnte er seine didaktischen Aktivitäten in Essen und Bayreuth fortführen. In der bayerischen Stadt unterrichtete Plattner über 20 Jahre Orgel und Chorimprovisation an der Hochschule für Kirchenmusik. Die Schüler von Plattner und Lidia Sumnevici, der ersten Doktorandin der Sektion Orgel am Bukarester Konservatorium und seine spätere Nachfolgerin  an diesem Lehrstuhl, wurden ihrerseits Professoren an Musikuniversitäten in Bukarest, Klausenburg/Cluj-Napoca, Temeswar/Timişoara, Kronstadt/Braşov und Neumarkt/Târgu Mureş und Kantoren an wichtigen Orgeln, wie in der Schwarzen Kirche (Kronstadt), der Evangelischen Stadtpfarrkirche von Hermannstadt (bedeutendste Orgel Rumäniens), dem Dom zu Temeswar, den großen Kirchen in Klausenburg, der Philharmonie in Neumarkt, in der evangelischen Kirche in Bukarest, der Kathedrale Sankt Josef oder der Rumänischen Rundfunkgesellschaft sowie in anderen wichtigen musikalischen Zentren wie Wien, Alborg (Dänemark), München, Philadelphia, etc.

Als Organist gab er zahlreiche Konzerte in Rumänien (Bukarest und andere wichtige Städte), unternahm Tourneen in die ehemalige Sowjetunion und andere sozialistische Staaten, in musikalische Zentren in Deutschland und die meisten europäischen Länder.

Zusammen mit seinem Ensemble Bayreuther Kantatenkreis (Chor und Kammerorchester), interpretiert er 1980 als Solist und Dirigent über 40 geistliche Kantaten von Johann Sebastian Bach, sowie Kantaten, Oden und geistliche Lieder von Scheit, Schütz, Buxtehude, Lübeck, Mozart, Mendelssohn-Bartholdy und Liszt. Sein reiches Repertoire umfasst die gesamten Orgelwerke von Bach, Georg Friedrich Händel, César Franck, Max Reger, Olivier Messiaen, Werke von vorklassischen Komponisten und aus dem Barock, der Klassik, der Romantik, des 20. Jahrhunderts, und von Komponisten aus Rumänien. 

Mit einer außergewöhnlichen Merkfähigkeit begabt, interpretierte er alle Werke aus dem Gedächtnis, was man bei Organisten selten antrifft.
Nach 1989 wurde er mehrmals nach Rumänien eingeladen (1993, 1998, 2000), wo er Konzerte auf allen wichtigen Bukarester Orgeln spielte (Radiosaal, Athenäum, Kathedrale Sankt Josef, evangelische Kirche, Italienische Kirche, Nationale Musikuniversität), sowie in Neumarkt im Kulturpalast.

An der Organisation der ersten beiden internationalen Orgelfestivals in Bukarest anlässlich des 50. Jubiläums der Orgelklasse (2004) sowie der ersten Doktorate auf diesem Gebiet (2009), in deren Rahmen er über zehn Rezitale und Orchesterkonzerte gab, leistete er einen wesentlichen Beitrag: Er hielt Meisterkurse (Master Class) mit jungen Organisten und Studenten der Orgelklassen der Universitäten von Bukarest, Klausenburg, Temeswar und Kronstadt ab (1998, 2000, 2004, 2009).

Helmut Plattner realisierte zahlreiche Aufzeichnungen im Radio, auf Grammophonplatten und auf CD.

Hinzu kommen seine Kompositionen, die er 1943-1946 mit Instrumentalwerken und Kammermusik begann und in reifen Jahren mit drei geistlichen Kantaten für Solisten, Chor und Orchester und über 30 Orgelwerken, darunter zwei 2012 im prestigereichen Verlag der Nationalen Musikuniversität Bukarest veröffentlicht, fortführte.

Sein Scheiden aus unserer Mitte hinterließ das leuchtende Bild eines integeren Menschen und den Trennungsschmerz von einem großen Musiker und Schulbegründer, Förderer rumänischer Organisten, die er förderte und denen er half, Rezitale in Deutschland durchzuführen, wann immer er dazu Gelegenheit hatte.