„Als Künstler sehen wir uns als Spiegel der Zuschauer“

Publikum und Künstler gingen gemeinsam auf eine surrealistische Reise

Irinel Anghel führt in „Futuropolis“ durch eine Welt der Illusionen. Foto: Ben Uhder

Irinel Anghel und Paul Dunca zeigten auf dem Innersound-Festival ihre Performance „Futuropolis“. Der Veranstaltungsort war das InSrayer in der Bukarester Innenstadt. Dunca studierte Choreografie und dramatisches Schreiben an der Universität für Theater und Film „I. L. Caragiale“. Anghel ist Musikerin und Komponistin. Nach einer Promotion in Musikwissenschaften, widmete sie sich interdisziplinären Kunstprojekten.  Ein Gespräch mit der Künstlerin Irinel Anghel über ihre Aufführung und der Suche nach neuen Perspektiven.

Ihre Performance trägt den Titel „Futuropolis“. Was verbirgt sich dahinter?

Futuropolis heißt „Stadt der Zukunft“. Es ist die Stadt von Materie und Antimaterie. Sie ist ein imaginärer Ort, an dem Gegensätze zeitgleich existieren. Es ist Science-Fiction und eine Form von Erlebnis-Kunst. Ich nenne meine Performances „Illusionen“, weil ich denke, dass das Leben eine Illusion ist. Mein Partner Paul Dunca und ich wollen dem Publikum ein Erlebnis bereiten, bei dem die Distanz zwischen Zuschauern und Künstlern aufgehoben wird und beide Seiten eine gemeinsame Erfahrung machen. Wir interagieren mit dem Publikum und das Publikum interagiert mit uns. Die Zuschauer werden Teil der Aufführung. Ich mag diese Kunstform, diese Form des Live-Events sehr, da sie Raum für Entwicklungen lässt. Es gibt einen Teil der Performance, den ich vorab kenne und einen anderen Teil, den ich nicht kennen möchte. Erst das ermöglicht neue Erfahrungen. Das gilt nicht nur für uns Künstler, sondern auch für das Publikum.

Was sind das für Erfahrungen?

In Futuropolis versuchen wir eine Botschaft zu vermitteln oder zumindest anzubieten. Während der Zusammenarbeit mit Paul habe ich festgestellt, dass ich gleichzeitig schwarz und weiß, Frau und Mann sein kann. Für dieses Gefühl der Ganzheitlichkeit möchte ich ein Bewusstsein schaffen. Die Performance selbst ist ein Mix aus Musik, Tanz und ein wenig Theater, aber es ist schwer Performance-Kunst zu definieren.

Könnten Sie es näher erklären?

Das InSpayer war früher ein Stadtschloss. Es hat viele Räume. Die Performance beginnt draußen und setzt sich als Reise durch das Haus fort. An jedem Ort, den wir durchqueren, bieten wir verschiedene Erfahrungen an. Als Künstler sehen wir uns als Spiegel der Zuschauer, aber auch als Fremdenführer. Wir zeigen bizarre, surreale Dinge. Wir besetzten die Räume des Schlosses und füllen sie mit etwas völlig anderem. Es ist ein wenig so, als würde man eine Kuh aufs Dach stellen.

Surrealistische Kunst kann sehr drastisch sein...

Keine Sorge, wir tun niemanden weh. Dennoch wollen wir starke Emotionen hervorrufen. Aber genau darum geht es uns ja, um Erweiterung. Es geht um den Blick hinter das Alltagsdenken, um das Aufbrechen von Denkmustern, um die Einheit hinter den Gegensätzen. Es geht darum, sich selbst als das zu akzeptieren, was man ist; und darum all die vielen Aspekte, die uns als Menschen auszeichnen, anzunehmen. Dennoch will ich als Künstlerin nicht in irgendeiner Form dogmatisch sein. Ich stelle eine Frage und gebe keine vorgefertigten Antworten. Es obliegt vielmehr dem Zuschauer zu entscheiden, was für ihn annehmbar erscheint und was nicht. Es gibt keine schlechte oder falsche Reaktion.

Das Gespräch führte Ben Uhder.