Ave Maria

Neuerscheinung mit Vertonungen Banater Komponisten

„Ave Maria“ – Gegrüßet seist du Maria – ist neben dem „Vater Unser“ das wichtigste Gebet der katholischen Kirche. Es beginnt mit der Anrufung Marias, der Mutter Jesu Christi, und klingt aus mit der Bitte um den Beistand in der Todesstunde: ora pro nobis . . . in hora mortis nostrae.
Dieses Gebet ist im Laufe der Jahrhunderte immer wieder in die Musik übersetzt worden. Eine der berühmtesten Vertonungen ist das „Ave Maria“ von Bach/Gounod. Charles Gounod (1818-1893) übernahm das C-Dur-Präludium aus Johann Sebastian Bachs wohltemperiertem Klavier und legte darüber eine eigene Melodie. Franz Schuberts Klavierlied „Ellens dritter Gesang“ beginnt mit den Worten „Ave Maria“. Später entstanden, nicht von Schubert selbst, viele Bearbeitungen, in denen der ursprüngliche Liedtext durch das lateinische Ave Maria-Gebet ersetzt wurde. Das Lied wird daher oft als „Schuberts Ave Maria“ bezeichnet.Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Vertonungen dieses Gebetes, beginnend mit Heinrich Schütz (1585-1672), über Cesar Franck, Franz Liszt bis hin zu Ferruccio Busoni und Alfred Schnittke (1934-1998).

Der siebenbürgische Sänger  Zsolt Szilagyi, der die Oratorienaufführungen in unserem Land über Jahrzehnte hindurch mitgestaltet hat, ist als gläubiger Katholik ein Sammler von „Ave Maria“-Gesängen. Er hat im Laufe der Jahre über 450 Vertonungen von bekannten und weniger bekannten Komponisten zusammengetragen. Viele von ihnen hat er im Gottesdienst selbst gesungen. Anlässlich einer Aufführung von Mendelssohns „Elias“ in der Hermannstädter evangelischen Stadtpfarrkirche bat er den Musikwart der Evangelischen Landeskirche, ihm „Ave Maria“-Kompositionen zukommen zu lassen, sollte er welche in den zu archivierenden Musikbeständen entdecken. Allein die evangelischen Musikarchive gaben unzählige Arien, Chöre, Kantaten und Dicta-Vertonungen her, aber kein einziges „Ave Maria“!Umso glücklicher war ich, ihm eine jüngst im Münchner Verlag Edition Musik Südost erschienene Publikation schenken zu können: „Ave Maria – Vertonungen Banater Komponisten“.

Der aus dem Banat stammende Organist und Musikwissenschaftler Dr. Franz Metz konnte nach der Wende von 1989 viele Bestände der ehemals schwäbischen Gemeinden des Banats sicherstellen und erforschen. Er hat damit viele Komponisten und ihre Werke vor dem Vergessen bewahrt. Wenn die vorliegenden Vertonungen zum Teil auch von Komponisten stammen, über die die Musikgeschichte nur wenig zu berichten weiß, ist die Sammlung dennoch ein Zeugnis hochstehender Musikkultur. Ihre Träger waren einheimische Musiker, aber auch Einwanderer aus der österreichisch-ungarischen Monarchie, die zeitweilig im Banat wirkten. Die hier veröffentlichten Vertonungen entstanden im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Den Notenteil ergänzt ein Anhang mit biografischen Daten der Komponisten und deren Bezug zum Banater Musikleben.

Was die Sammlung für den praktischen Gebrauch besonders empfiehlt, ist die Vielfalt der Besetzungen. Außer den Gesängen für eine Singstimme mit Orgelbegleitung enthält die Sammlung auch Duette für gleiche oder verschiedene Stimmlagen mit Orgelbegleitung. Ab und zu sind auch Streichinstrumente (Violinen und Cello) eingeladen, das „Ave Maria“ mitzubeten.

Eine CD mit 19 „Ave Maria“-Vertonungen, einem „Regina Coeli“ von Luigi Bordese und einem „Gebet“ (Rugăciune) von Eugen Cuteanu ergänzt den Notenteil. Die Aufnahme lässt uns hineinhören in die herzenswarme Frömmigkeit katholischer Gemeindeglieder. Nicht umsonst trägt die CD den Untertitel „Musik für die Seele“. Herausragend als Komposition ist das „Ave Maria“ für Sopran-Solo und Orgel von Franz Waschek, 1946 in Temeswar komponiert. Die CD macht Mut, die originale Besetzung je nach örtlichen Gegebenheiten zu variieren – bis hin zur Übernahme einer Gesangsstimme durch die Violine.

Beides, Notenteil und CD, sind für ausübende Kirchenmusiker eine Einladung, die vorliegenden „Ave Maria“-Gesänge im Gottesdienst erklingen zu lassen. Gerade jetzt, wo die Chöre pandemiebedingt schweigen müssen, sind kleine Besetzungen besonders gefragt.