Cäsar, der Kaiser, und Odin, der Göttervater

Live-Stream aus Rom und mythologischer Blog in rumänischer Übersetzung

Was wohl Gaius Julius Cäsar, der römische Kaiser, und der nordische Göttervater, Odin, gemeinsam haben mögen, legen zwei Übersetzungen fest, die unlängst im Niculescu-Kids Verlag erschienen sind. Gemeint sind zwei Bücher des deutschen Kinderbuchautors Frank Schwieger. Das erste trägt den Titel „Ich, Caesar, und die Bande vom Kapitol“ (2018 erstmals im dtv-Verlag München erschienen) und wurde von Prof. Ioan Lăzărescu ins Rumänische übertragen. Das zweite Buch, „Ich, Odin, und die wilden Wikinger“ (2019 im dtv-Verlag München erschienen) wurde von Prof. Mariana-Virginia Lăzărescu ins Rumänische übersetzt. Beide Bücher wurden von Ramona Wultschner mit witzigen und äußerst aussagekräftigen Illustrationen ausgestattet.

Die Perspektive des ersten Buchs zeigt Cäsar und viele andere Römer, die sich längst in der Unterwelt befinden, und sich über die Art und Weise empören, wie ihre Geschichten der Nachwelt überliefert wurden. Sie beschließen also, die eigene Version ihrer Heldentaten bekannt zu machen, sodass die Kinder sie verstehen und auch Spaß beim Lesen haben.

„Ich, Caesar, und die Bande vom Kapitol“ hat in seiner rumänischen Fassung den Titel „Eu, Cezar, şi gaşca din Capitoliu“ erhalten und enthält vierzehn Erzählungen von Romulus, Cäsar und Nero, ihren vielen Freunden oder Feinden, die selbst zu Wort kommen und die eigenen Taten frank und frei erzählen. Die Leser lernen über Kämpfe und Feste der Römer, erfahren, warum sich zwei befreundete Gladiatoren im Wettkampf gegenüberstehen mussten, warum sich Kleopatra in einen Teppich wickeln ließ, wie Gaius Mucius Scaevola seine Hand ins Feuer legte oder Servius seine Großmutter aus einem Haus in Flammen rettete.

Die rumänische Fassung dieses Buches kann eigentlich nicht als Übersetzung im herkömmlichen Sinne betrachtet werden, da sie sich so fließend wie ein Original liest. Die besondere Form, die wirkungsvollen Illustrationen wurden auch im Rumänischen beibehalten und entfalten zusammen mit der kindgerechten Sprache eine besondere ästhetische sowie emotionale Wirkung. Es ähnelt sogar einem Live-Streaming, das Kindern und Jugendlichen von Facebook oder Tik-Tok bekannt ist. Es werden nicht nur bekannte Episoden der römischen Geschichte aus eigener Perspektive erzählt, sondern es kommen auch Sklaven und Sklavinnen zu Wort, die eine unbekannte, jedoch dramatische Welt vor den Augen der Leser aufbreiten. So zum Beispiel wirkt die Erzählung der Sklavin Thalia, die einen Zusammenprall hatte mit Livia, der dritten Ehefrau des römischen Kaisers Augustus. Oder die Erzählung der Vestalin Lyzinia, die eine Affäre ihrer Herrin Pompeia entdeckte, als sie den als Frau kostümierten Liebhaber bei einem Fest ertappte. Die Übersetzung von Prof. Ioan L²z²rescu gewährt somit Einblick in die Kulissen der römischen Politik, so wie sie in den Geschichtsbüchern nicht steht, in diesem Fall das Ende von Caesars Ehe in der Folge des Bona-Dea-Skandals.

Die Erzählungen der römischen Helden sind in der Übersetzung in einem humorvollen Jargon gehalten, der es ermöglicht, sich mit den Geschehnissen und den Protagonisten zu identifizieren. So beschreibt zum Beispiel Cäsar seine Feinde als „tipi dubioşi“ (dubiose Typen), oder lässt Grüße an die „mamaia“ (Omama) übermitteln. Die Göttin Minerva wird einfach als „meseriaşă“ (irre, genial) beschrieben, was natürlich den rumänischen Text unglaublich attraktiv macht. Ergänzt werden die Geschichten durch Abbildungen und Erklärungen historischer Fakten am jeweiligen Kapitelende und von einem Multiple-Choice-Test am Ende des Buches.

Das zweite Buch dieser Niculescu-Kids – Serie trägt den rumänischen Titel „Eu, Odin, şi vikingii sălbatici“. Der Göttervater Odin, andere germanische Götter, Göttinnen, Walküren und Wikinger erzählen nach bekanntem Muster ihre eigene Perspektive der Sagen und Geschichten. Auch dieses Buch folgt einem besonderen Lektüremuster, das in dialogischer Form ein emotionales Verhältnis zwischen Textproduzentin, der Übersetzerin Prof. Mariana-Virginia Lăzărescu, und den Lesern entstehen lässt.

Die fünfzehn Kapitel berichten von ebenso vielen nordischen Heldentaten, Liebesabenteuern und von lustigem Schabernack. Die Liebesgöttin Freya erzählt die rührende Liebesgeschichte des Leif und der Alva. Loki, der Feuergott, treibt seinen Spaß mit anderen Göttern, mit Riesen und Zwergen. Der als Braut verkleidete Donnergott Thor kämpft erbittert, um seinen Hammer zurückzugewinnen. Brünhild, die vertriebene Walküre, wartet geduldig auf ihren „Supermann“, der auf lustig-verspielte Art seine schlafende Braut weckt und vom Feuer rettet. Für rumänische junge Leser tut sich hier eine komplett neue Welt auf, diejenige der mythischen Gebilde, deren außersprachliche Faktoren die Sprache der Übersetzung und der Textfiguren beeinflussen. Fremdartige Begriffe wie Mjöllnir (Thors sagenhafter Hammer), Sleipnir (der 8-beinige Hengst), Gungnir (Odins Speer) oder Brisingamen (Freyas Halsschmuck) werden in Abbildung und Bedeutungserklärung am Buchende in einem Glossar übersichtlich präsentiert und stellen eine optimale Ergänzung der Übersetzung dar, die einen blogartigen Text abwechslungsreich und überzeugend wirken lassen.

Die Bücher laden zu einer unterhaltsamen Lektüre ein und verlocken junge oder weniger junge Leser in eine fesselnde, „coole“ Welt der Geschichte und Mythologie und sind eine begehrenswerte Ergänzung der eigenen Bibliothek sowie das ideale Geschenk für Enkelkinder und Großeltern.