Constantin Daniel Rosenthal – Ein Künstler in Zeiten der Revolution

Ausstellung in den Kretzulescu-Sälen des Bukarester Nationalen Kunstmuseums

Eine kleine, aber sehr sehenswerte Ausstellung mit insgesamt 33 Exponaten ist derzeit und noch bis zum 21. Februar des kommenden Jahres in den beiden Kretzulescu-Sälen des Nationalen Kunstmuseums in Bukarest zu besichtigen. Es handelt sich dabei um eine Schau von Zeichnungen und Gemälden, die dem Künstler und Revolutionär Constantin Daniel Rosenthal anlässlich der 200. Wiederkehr seines Geburtstages in diesem Jahr gewidmet ist.

Nach einer ersten, im Jahre 1970 im Bukarester Kunstmuseum gezeigten Werkschau, bei der lediglich elf Arbeiten Rosenthals ausgestellt waren, ist diese zweite nicht nur dreimal so umfangreich, sondern bietet zudem einen grandiosen Katalog, der zur Ausstellung erschienen ist. In dieser exzellenten Publikation sind sämtliche bisher bekannten Werke Rosenthals, darunter zahlreiche bislang nicht identifizierte und unveröffentlicht gebliebene, verzeichnet und zusammengefasst. Außerdem enthält dieser Katalog sämtliche bis heute bekannte und in rumänischen Archiven (der Bibliothek der Rumänischen Akademie und der Nationalbibliothek) aufbewahrte Briefe, die Rosenthal an seinen Freund Constantin Alexandru Rosetti, von dem in der Ausstellung auch ein Porträt von der Hand Rosenthals aus den Jahren 1847/1848 zu sehen ist, geschrieben hat.

Dessen in jenen Jahren gleichfalls von Rosenthal porträtierte Ehefrau Maria Rosetti, die ursprünglich Mary Grant hieß und schottischer Herkunft war, dann aber ihre Heimat verließ und sich der rumänischen Revolution anschloss, schrieb drei Jahrzehnte später über den 1851 im ungarischen Pest zu Tode gefolterten Maler: „Er starb für Rumänien, für dessen Freiheit. Er starb für seine rumänischen Freunde. Dieser Freund, dieser Sohn, dieser Märtyrer Rumäniens ist ein Jude gewesen. Sein Name war Daniel Rosenthal.“ Und der im Habsburgerreich geborene ungarische Jude Rosenthal, der sich Anfang der vierziger Jahre in Bukarest niederließ, schrieb an seinen Freund C. A. Rosetti: „Ich hätte niemals gedacht, dass ich so sehr ein Walache geworden bin. Ich bewundere das rumänische Volk von Tag zu Tag mehr: welche Intelligenz, welche Sanftmut!“

Betritt man die museografisch exzellent aufbereitete Ausstellung, die nicht nur umfassende Informationen zu den einzelnen Exponaten gibt, sondern auch Werkinterpretationen bietet sowie historische und politische Hintergründe der revolutionären Zeit um 1848 erläutert, so empfiehlt sich ein linkerhand ein auf einem Großbildschirm permanent wiedergegebener kurzer Videoclip, in dem die Kuratorin der Ausstellung Monica Enache in die Schau von Rosenthalschen Werken einführt, die sich sowohl aus Beständen des Kunstmuseums wie auch aus Leihgaben von weiteren Museen Rumäniens und von Privatsammlungen zusammensetzt.

Gleich danach fällt der Blick auf das von Ion Negulici im Jahre 1848 gezeichnete Porträt Rosenthals, das sich im Besitz der Rumänischen Akademie befindet. Man bewundert das markante Gesicht, den visionär in die Ferne gerichteten Blick und den tatkräftig auf den linken Oberschenkel gestemmten Arm des Malers und Revolutionärs. Nach der Kopie eines Rosenthalschen Selbstporträts durch Nicolae Vermont aus dem Jahre 1886 folgen in der Ausstellung zwei von Rosenthal angefertigte Porträts von so genannten Achtundvierzigern (rum. pașoptiști): von Vasile Mălinescu und Barbu Bălcescu.

Vier Frauenporträts in Öl (auf Leinwand bzw. Holz) schließen sich daran an: die allegorische Gestalt der Genesenden, die malerische Elemente der Volkskunst zu einer politischen Aussage amalgamiert (1842-1844); die Orientalin, die auf den großen Einfluss der Osmanen auf die rumänischen Fürstentümer verweist (1847); das im Stil eines Renaissancegemäldes gehaltene Porträt der Frau des Architekten Wagner (1844); und das Porträt von Elena Obedeanu Rosetti, der Mutter des Revolutionärs C. A. Rosetti, posthum von Rosenthal wohl auf dessen Wunsch hin angefertigt (1845).

Das berühmte Ölgemälde „Rumänien auf dem Feld der Freiheit die Fesseln zerreißend“ aus dem Jahre 1848 spielt auf ein Ereignis der rumänischen Achtundvierzigerrevolution an. Auf dem Filaret-Feld (Câmpia Filaretului), dem Gebiet des heutigen Carol-Parks in Bukarest, versammelten sich am 15. Juni 1848 Zehntausende von revolutionär gesinnten Menschen, um der Verlesung einer nationalen Proklamation beizuwohnen und für die Freiheitsrechte des rumänischen Volkes einzutreten. Die provisorische Regierung, der Nicolae Bălcescu, I. C. Brătianu, C. A. Rosetti und andere Revolutionäre angehörten, erließ ein Dekret, gemäß dem das Filaret-Feld fortan den Namen Feld der Freiheit (Câmpia Libertății) tragen sollte. Die allegorische Gestalt, die Rosenthal mit Ölfarben auf Holz gebannt hat, ist größtenteils in die rumänische Trikolore gehüllt. Ihr rechter Arm umfasst die Fahnenstange, deren Spitze ein Kreuz ziert. In der linken erhobenen Hand hält sie einen Ölzweig, das antike Symbol des Sieges und des Friedens sowie das biblische Symbol der überstandenen Katastrophe. Mit dem linken Fuß steht sie auf dem Organischen Reglement, dem vom Russischen und Osmanischen Reich in der Moldau und der Walachei erlassenen Gesetzeswerk, das während der Revolution 1848 von den Aufständischen als unwirksam erklärt wurde.

Zahlreiche Aktivisten, Sympathisanten und Unterstützer der Achtundvierzigerrevolution sind, porträtiert von Rosenthal, in der Bukarester Ausstellung zu sehen, zum Beispiel Nicoale Golescu, Zaharia Boerescu oder Constantin Socolescu. Auch Porträts von Angehörigen alter Bojarenfamilien (Cătuneanu, Cornescu) oder von Bankiers (Iosif Elias Cohen Lânarul, Davicion Bally) finden sich in der Bukarester Ausstellung, ebenso wie zahlreiche Frauenporträts von historischen Gestalten (von Maria Socolescu, Elena Manu, Anica Manu, Elena Negri, Maria Rosetti sowie von der Gattin Dimitrie Filipescus) oder auch ohne historische Vorbilder (Frau mit Turban, Szene am Brunnen), ferner ein Porträt der Mutter der Schauspieler Caragiale und nicht zuletzt zwei Porträts der Eltern von Constantin Daniel Rosenthal.

Auch das berühmteste Bild Rosenthals ist in der Bukarester Ausstellung zu sehen: das 1850 im Pariser Exil entstandene Ölgemälde „Das revolutionäre Rumänien“, das allegorische Porträt einer revolutionären Frauenfigur, die Maria Rosetti nachempfunden ist. Die zerbrochene Fahnenstange symbolisiert die vorerst gescheiterte Revolution, der Dolch in der Hand die fortdauernde Wehrhaftigkeit der Revolutionäre, das Hemd mit muntenischen Stickereien das Weiterbestehen des Volkswillens, selbst wenn die muntenische Armee am 13. September 1848 bei der Schlacht von Dealul Spirii den osmanischen Truppen unterlag, was der Hintergrund des allegorischen Porträts nach Art eines Schlachtengemäldes deutlich zeigt. Die rumänische Trikolore ist zwar zerrissen, jedoch aus feindlicher Hand gerettet und als solche ein fortbestehendes und in die Zukunft weisendes symbolisches Hoffnungszeichen.

Dieser Aspekt des Trostes zeigt sich schließlich auch in einem Vanitas-Stillleben Rosenthals aus der Zeit nach 1848, das thematisch um das Rauchen kreist, sinnbildlich aber auf das Weiterglimmen des Funkens der Revolution verweist. Alle Rauchwaren und Rauchutensilien auf der Bildfläche sind entzündet und glühen: die auf das nationale Bürgertum verweisende Zigarette (Damen) bzw. Zigarre (Herren), die auf die Gegner der Revolution anspielende osmanische Wasserpfeife wie auch die habsburgische Tabakspfeife. Selbst der Totenschädel, das Symbol der Vergänglichkeit, wird zum Aufbewahrungsort für den Tabak, der als Sinnbild der Revolution jederzeit wieder angezündet und damit zum Leuchten und Duften gebracht werden kann.