E3 2014: Microsoft und Sony liefern sich Kopf an Kopf-Rennen

Xbox One-Konferenz setzt Fokus nur auf Spiele, Konkurrenz verliert sich in Details

Microsoft hat sich für die Electronic Entertainment Expo (E3) 2014 eins vorgenommen: keine Ablenkungen mehr. Die Zeiten als die Ex-Beatles Paul McCartney und Ringo Starr auf der Bühne Spiele-Entwicklern die Show stahlen, scheinen zumindest vorerst vorbei zu sein. Auch von Steven Spielberg keine Spur oder von dem R&B-Sänger Usher. Nein, für solche teure Promi-Kinkerlitzchen blieb keine Zeit. Denn schließlich geht es auf der E3 doch nur um die Spiele. Darum wurde auch die 90-minütige Pressekonferenz ausschließlich Videospielen gewidmet: Hier ein Exklusivspiel von den hauseigenen Entwicklern, da ein Indiespiel von führenden Namen aus der Szene, hier ein AAA-Spiel von einem der großen Publisher mit Exklusivdeal, da ein kurzes Ankündigungsvideo von einem der von Fans meist erwarteten Spiele.

Ja, Microsoft weiß, wie man die Message rüberbringen soll. Das klingt nach dem Debakel um den Launch seiner jüngsten Konsole, der Xbox One, doch recht komisch. Schließlich stolpert das Unternehmen seit einem Jahr von einem Fiasko ins nächste, immer wieder aufgrund der Frage nach der Marktpositionierung. Was will sie denn nun sein, die Xbox One? Für Phil Spencers Vorgänger waren besonders die Medienangebote wichtig. Die Konsole als Medienhub fürs Wohnzimmer, worauf sich der Papa Sport anschauen, die Mutter eine neue Folge ihrer Lieblingsserie, die Tochter mit Freundinnen skypen und der Sohnemann seinen Gears of War oder Halo zocken kann. Nur dumm, dass Papa, Mama und die große/kleine Schwester kein E3 gucken. Hinzu kamen noch restriktive Nutzungsbedingungen (Hallo und Tschüss „Immer-online-Funktion“) sowie unbeliebte Features (Hallo und Tschüss Kinect-Kamera) die Microsofts Start der neuen Konsolen-Generation noch holpriger machten.

Also das mit dem Messaging wollte in jüngster Zeit für Microsoft nicht funktionieren. Doch davor lief es immer sehr gut. Jahrelang stahl es ihrem größten Konkurrenten Sony das Rampenlicht und inszenierte sich als Marktführer.

Sony übt sich als Wiederholungstäter

Inzwischen weht ein ganz anderer Wind: Sony hat aus seinen Fehlern gelernt und ist sowohl auf die Bedürfnisse der Spielentwickler als auch der Spieler eingegangen. Es hat zudem erstmals seit Jahren ein Gespür für gutes Timing bewiesen. Statt auf der gleichen Schiene wie Microsoft zu fahren und eine Immer-online-Restriktion gegen Raubkopie einzuführen, nutzte Sony den Moment aus, um Microsofts verstimmte Kunden auf seine Seite zu ziehen. Es war damals ein raffinierter Schachzug, für den sich Sonys Führungskräfte noch immer auf die Brust klopfen. Leider, muss man sagen, weil sich Sony inzwischen wieder eine Scheibe von Microsoft abschneiden könnte. Denn während die Xbox One-Konferenz wie im Flug verstrich, musste man bei Sonys zwischenzeitlich eindösen.

Da half selbst die Tatsache nicht, dass bei der Playstation-Konferenz viel Sehenswertes dabei war. Das Ready at Dawn-Exklusivspiel „The Order: 1886” sah überragend aus. Der nahtlose Übergang von Zwischensequenz und Gameplay sorgt schon jetzt für offene Kinnladen. Auch wenn das Spiel bisher von Journalisten als ein Gears of War-Verschnitt abgetan wird, so kann man doch nicht verleugnen, wie schön es ausschaut. Das Gleiche gilt für „Bloodborne”, ein Action-Rollenspiel von FromSoftware, der sowohl das Exklusivspiel „Demon’s Souls” als auch dessen spirituellen Nachfolger „Dark Souls” entwickelt hat. Das Spiel befinde sich zwar erst in seiner Alpha-Entwicklungsphase, würde aber schon jetzt grafisch beeindrucken. Zudem soll es auch spielerisch vielversprechend sein, eben weil es darauf aufbaut, was die „Souls”-Reihe so beliebt macht.

Durchaus überraschend war auch die Ankündigung einer weiteren Fortsetzung zu „Little Big Planet”. Der dritte Teil wird sowohl für die Playstation 3 als auch für die Playstation 4 erscheinen, schaut seinen Vorgängern eigentlich recht ähnlich und wird nicht von Media Molecule entwickelt, sondern von Sumo Digital, einem britischen Studio, das sich bisher auf Spiele-Portierungen spezialisiert hat.

Die eigentlichen „Show stealer” waren Rocksteadys „Batman: Arkham Knight” und Konamis „Metal Gear Solid 5: The Phantom Pain”. Der dritte und letzte Teil der Batman-Saga für NextGen-Konsolen und PC, führt das Batmobil als spielbares Element ein. Erstmals wurde ein Vorgeschmack darauf gezeigt, was Spieler nächstes Jahr erwartet, wenn sie ganz Gotham City als der dunkle Ritter erkunden können. Kojimas fünftes Metal Gear Solid-Spiel war diesmal auf der Konferenz nur mit einem kurzen Trailer präsent, der fast ausschließlich aus Zwischensequenzen bestand.

Auch Naughty Dogs „Uncharted 4: A Thief’s End” wurde offiziell angekündigt, allerdings fehlt noch der exakte Erscheinungstermin und gezeigt wurde auch nur eine kurze nicht spielbare Sequenz.
Interessant und witzig war die Ankündigung, dass Tim Schäfer mit Sony an einem HD-Remake des Adventure-Klassikers Grim Fandango arbeitet.

Und Matt Nava und Austin Wintory arbeiten an dem neuen Indiespiel „Abzu”, der auch exklusiv für Playstation 4 erscheinen wird. Nava und Wintory haben auch an dem Hitspiel „Journey” mitgearbeitet. Darum erinnert „Abzu” sowohl von der Grafik als auch von der Musik her an das auszeichnete Spiel.

Schnell vergessen war die Ankündigung des Exklusivspiels „Let it die” von dem japanischen Kultentwickler Suda51.

Microsoft schlägt zurück

Sony lieferte eigentlich eine grundsolide Konferenz, doch zwischenzeitlich musste der Elektronikkonzern auch auf die anderen Angebote eingehen, die es für das kommende Jahr vorbereitet: Die auf der Tokyo Game Show vorgestellte Medienbox Playstation TV wird noch dieses Jahr auch im Westen erscheinen. Sie soll nicht nur Filme, Serien und Musik auf den Fernseher streamen können, sondern mittels dem neuen Service Playstation Now auch PS1, PS2 sowie PS3-Spiele. Zudem kann die Box auch PSVita-Karten ablesen.

Das Survival-Horror-Spiel „The Last of Us” wird als Remastered-Version für die PS4 erscheinen, das Gleiche gilt für die Ratchet and Clank-Tools of Destruction-Trilogie. Außerdem ist ein Animationsfilm in der Mache.

Doch zurück zu Microsoft und ihren Ankündigungen, von denen es auch reichlich gab. Bekannte Xbox 360-Serien kriegen Fortsetzungen: Crackdown kehrt zu seinen Wurzeln zurück und verspricht ein Sandkastenspektakel in Comicästhetik, Halo 5: Guardians wurde in einem CGI-Trailer angekündigt sowie ein HD-Remake der ersten Halo-Trilogie, Fable Legends enttäuscht Fans der bekannten Serie, weil es wenig von dem Charme der alten Spiele behält, dafür möchte es neue Spieler mit einem raffinierten Mehrspieler-Twist locken, das bekannte japanische Entwicklerstudio Platinum Games bringt exklusiv für die Xbox One das Actionspiel Scalebound heraus und Fans von Rennspielen können sich nicht nur auf ein neues Forza freuen, sondern auch auf das Arcade-lastigere Forza Horizon 2.

Den besten Eindruck machte Insomniacs Exklusivspiel „Sunset Overdrive”. Nachdem das Studio mit „Fuse” nur mäßigen Erfolg hatte, möchte es mit „Sunset Overdrive” auf seine Stärken setzen. Die Macher von Ratchet and Clan wollen den Shooter revolutionieren, indem sie mehr Bewegung reinbringen und sich von der „Duck and Cover”-Tradition der letzten Jahre entfernen. Das Spiel ist hektisch, kunterbunt, witzig aber auch herausfordernd und immer noch ausschließlich für die Xbox One gedacht.

Atemberaubend war die Spieldemo zu dem polnischen Rollenspiel  „The Witcher 3: Wild Hunt”. Die frei erkundbare Welt aus dem dritten Teil, strotzt nur so voller Details. Neben gestochen scharfen Texturen, überzeugt auch die Darstellungsfülle der reichen an osteuropäischer Flora und Fauna angelehnten Landschaften.

Es wird auf jeden Fall ein Kopf an Kopf-Rennen zwischen Sony und Microsoft. Zwar wurden bereits sieben Millionen Playstation 4-Konsolen verkauft, aber auch Microsoft hat immerhin schon fünf Millionen abgesetzt und das obwohl die Xbox One bisher rund 100 Euro teurer war, wegen der obligatorischen Kinect-Kamera. Inzwischen ist auch diese nicht mehr obligatorisch und damit kostet eine Xbox One genau so viel wie die Playstation 4. Nun wird gemunkelt, dass sich Sony dagegen wappnen will, indem er seine Konsolen mit einer Playstation Vita verkaufen will. So kann das Unternehmen auch dem schwächelnden Handheld einen Schub geben.