Einblick in die „Werkstatt“ eines Schriftstellers

Kostproben aus unveröffentlichtem Romanmanuskript von Joachim Wittstock

Gebannt lauscht das Publikum im Festsaal des Schillerhauses der sanften Stimme des Schriftstellers Joachim Wittstock.
Foto: Nina May

Nur leises Stühlerücken für Spätankömmlinge durchbricht die Stille in dem brechend vollen Raum. Mit angehaltenem Atem lauscht das Auditorium im stuckdekorierten Festsaal der samtweichen Stimme des Vortragenden. Der bekannte Schriftsteller Joachim Wittstock gab am 3. November im Schillerhaus Kostproben aus einem bisher unveröffentlichten Rohmanuskript zum Besten – und gewährte damit überraschende Einblicke in seine „Werkstatt“.

„Strahlenarzt Doktor Bogner“ – eine Geschichte, die im medizinischen Milieu der 40-er Jahre spielt und sich bis in die 80-er Jahre erstreckt – verwebt authentische Erlebnisberichte mit historischen Informationen, die mittlerweile in Form von Studien zugänglich sind.

Im Roman verquicken sich die Umwälzungen der Nachkriegsjahre, der beginnende Kommunismus und der überall vermutete Geheimdienst, der sich vor allem für Bogners gleichnamige, aber sehr fern Verwandte aus Holland interessiert, die schon allein deswegen verdächtig erscheinen, weil sie nach Rumänien auswanderten und sich dort geräuschlos in die sächsische Gemeinschaft einzufügen suchten.

Was mag sie bewogen haben, die alte Heimat zu verlassen? Die Zuwanderer werden in diesen Kreisen zwar geduldet, doch einige Zugänge bleiben ihnen verwehrt. Dann scheint es zu einem gewissen Zeitpunkt ratsamer, ihre Kinder statt auf die deutsche in die rumänische Schule zu schicken, wo man Konstantin und Mareike Anna Maria bald „Dinu“ und „Anuţa“ ruft, und die Bogners erwägen irgendwann eine Namensänderung in Bugnaru oder Bognărescu...

Der Haupthandlungsfaden konzentriert sich jedoch auf die Geschehnisse in der Klinik des auf Krebstherapie spezialisierten Arztes Dr. Bogner vor dem besagten historischen Hintergrund. Merkwürdige Todesfälle ereigneten sich dort, die „das erschlaffte Bewusstsein aufschrecken“!

Mehr verrät uns der Autor nicht, auch über seine Informationszugänge hüllt er sich – noch – in geheimnisvolles Schweigen. Seit den 80-er Jahren reift das Manuskript bereits im Brutkasten des Schriftstellers – eine durchaus sinnvolle Inkubationszeit, wie Joachim Wittstock verrät. So bleibt dem nun neugierig gemachten, potenziellen Leser nichts anderes übrig, als geduldiges Warten auf die offizielle Ankündigung der Geburt von „Strahlenarzt Doktor Bogner“.

Über den Autor: Joachim Wittstock ist Mitglied des Rumänischen Schriftstellerverbandes und wurde 2010 mit dem Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreis ausgezeichnet. Zuletzt erschienene Werke des Autors sind die Romane „Bestätigt und besiegelt“ (2003) und „Die uns angebotene Welt“ (2007).