Einsatz für die Buchkultur

Zum Tod des Verlegers Wolfgang Höppner

Wolfgang Höppner Foto: Beatrice Ungar

Völlig überraschend starb am 27. April 2020 der in Hermannstadt/Sibiu ansässig gewordene Hamburger Dr. Wolfgang Höppner (75). Bestattet wurde er auf dem Hermannstädter Zentralfriedhof, Coronavirus-bedingt ohne Trauergemeinde. Der „hora“ Verlag, gegründet und geleitet von seiner Ehefrau, Dr. Maria Luise Roth-Höppner, und ihm, wie auch die kulturelle Szene seiner Wahlheimat erlitten hiermit einen schmerzlichen Verlust.

Ortsveränderung, Landwechsel, gesellschaftliche Anpassung, berufliche Neuorientierung – all das prägte das Leben von Dr. Maria Luise Roth-Höppner und ihres Gatten Dr. Wolfgang Höppner. Vielfacher Wandel also, unter voneinander abweichenden Vorzeichen. Doch war auch reichlich Beständigkeit bei einmal eingeschlagener Richtung zu verzeichnen, und aus den provisorischen Aufenthalten wurde schließlich ein stabiler Wohnsitz und ein geistiges Zentrum.

Die in Hermannstadt/Sibiu geborene Maria Luise Roth hatte in Bukarest das Studium der Physik und Astronomie absolviert und war, nach wenig ersprießlichen Lebensetappen (Gefängnishaft aus politischen Gründen, prekäre Beschäftigungen, Emigration), an der Hamburger Sternwarte tätig, wo sie Wolfgang Höppners Kollegin und später seine Ehepartnerin wurde. 1991 übersiedelten sie nach Hermannstadt und gründeten eine Firma, in der ihnen ihre mathematisch-technische Kompetenz von Vorteil war: ein Unternehmen für Computerspeicherung und -formatierung sowie für Gebrauchsdruck. Einige Jahre später setzte das Inhaber-Ehepaar neue Schwerpunkte in dem Betrieb – er wurde zum Verlag erweitert. „hora“ ist seit 1997 zu einer aktiven Stätte der Buchproduktion geworden, in den Sparten Sachbuch, Kinderliteratur, Belletristik und Bildende Kunst. Auch Touristik gehörte zum Verlagsprogramm, und es verdient hervorgehoben zu werden, dass Wolfgang Höppner, zusammen mit dem kürzlich verstorbenen Anselm Roth, einen „Fahrradführer für Südsiebenbürgen“ (2004) erarbeitete, nachdem sie mit dem Rad auf Feldwegen und Landstraßen zahllose Kilometer abgefahren hatten.

Einmal noch hat das Astrophysiker-Ehepaar Maria Luise und Wolfgang sich der einstigen Beschäftigung und wohl auch Leidenschaft, der Astronomie, hingegeben, als sie die von beiden unterzeichnete Broschüre veröffentlichten: „Das Sonnensystem und die Sonnenfinsternis August 1999“. Ansonsten aber widmeten sie sich ganz den Themen und Entwürfen, den Typoskripten und Handschriften, die an sie herangetragen wurden. Das war vielfach Neuland für sie und für ihre Leserschaft, die mit einem weitgefächerten Angebot an landeskundlichen, kulturgeschichtlichen, schöngeistigen Veröffentlichungen versehen wurde. Frau Roth-Höppner war vor allem mit den verwalterischen Belangen der Verlagstätigkeit beschäftigt, mit den Kontakten zu Banken, Druckereien und Buchhandlungen, während Wolfgang Höppner für Lektorat und computergerechte Aufbereitung der Druckvorlagen zuständig war.

Auf seinen Anteil an den Veröffentlichungen seien die folgenden Ausführungen eingestellt. Wolfgang Höppner, am 12. Januar 1945 in Hamburg geboren, hatte einen scharfen, einen Mathematiker-Verstand und ein zuverlässiges Gedächtnis, zudem einen Sinn für sprachlichen Ausdruck. Das kam ihm beim Lektorieren verbesserungsbedürftiger Texten zugute. Die Regeln des grammatikalisch und stilistisch korrekten Deutsch, etwa im komplexen Gefüge des Konjunktivs oder in der Topik, standen ihm zu Gebot, auch wusste er auf dem Gebiet der Etymologie von unerwarteten, auch entlegenen Verbindungen zu anderen Sprachen.
Bei Durchsicht der Typo-skripte vermerkte er Fehler an den Rand der Texte. Sie betrafen Widersprüche in der Sprachlogik, Flüchtigkeiten bei der Niederschrift, das heißt: fehlende Treffsicherheit bei der Wortwahl, Schludrigkeiten bei Redewendungen und in der Orthografie sowie sonstige Mängel.

Als Norddeutscher war er nicht ein Mann der vielen Worte, er begnügte sich oft mit knappen Einwürfen ins Gespräch oder mit kurzen Erläuterungen. Humor war ihm nicht fremd, im Gegenteil, wenn es freilich auch mehr innere Erheiterung war, die ihn erfüllte und sich gelegentlich in scherzhaften Bemerkungen äußerte. Ausdrücke aus der alten Buchdruckersprache amüsierten ihn, und auch ich, sein Zuhörer, erfreute mich an Bezeichnungen wie Fliegenkopf, Flattersatz, Läusedarm, Pachulke und Zwiebelfisch.

Versonnenheit war seinem Gesicht selbst dann abzulesen, wenn er sich unter einer größeren Anzahl von Menschen befand, vor oder nach Veranstaltungen, und wir dürfen annehmen, dass sie ihn auch in der Abgeschiedenheit daheim oder auf einsamen Wanderungen durch den ans Wohnhaus anschließenden Erlenpark nicht verließ. Dazu passte auch, dass er gelegentlich Cembalo spielte, früher wohl häufiger als in den letzten Jahren. Sich vor Publikum zu produzieren, verspürte er kein Bedürfnis, und es bedurfte daher einiger Aufforderungen, wenn Besucher häuslicher Feste etwas hören wollten aus dem von ihm bevorzugten frühklassischen Repertoire.

Nun ist er nicht mehr. Zu danken habe ich ihm – und seiner Gattin – für die geduldige Betreuung mehrerer Bücher und für viele Beweise freundschaftlichen Entgegenkommens. À Dieu!