„Ich habe eine merkwürdige Angst“

Hans Christian Andersen auf seiner Durchreise in Konstanza

Die bevorstehende Reise von Konstantinopel über Konstanza bis hinauf nach Wien ängstigte den Märchendichter zutiefst. „Schlief heute Nacht unruhig“, vermerkte Hans Christian Andersen am 3. Mai 1841 in sein Tagebuch, und auch an den folgenden Tagen blieb er besorgt: „Unruhig, weil etwas mit meinem Pass nicht in Ordnung sein könnte“, heißt es da etwa, oder schlichtweg „Ich habe eine merkwürdige Angst.“

Andersen befürchtete, dass sich sein Schiff wie bereits drei andere im Frühjahr 1841 im Nebel verirren und nördlich von Konstanza auf Grund laufen könnte. Schlimmer noch aber trieb den rastlosen Reisenden die Furcht, in der Fremde zu sterben.

Aus Angst vor einem Brand im Gasthaus etwa zählte zu seinem steten Reisegepäck ein langes Tau, an dem er sich aus dem brennenden Zimmer abzuseilen gedachte. Besonders aber bangte ihn, aus Versehen lebendig begraben zu werden, weshalb er abends, wenn ihn die Angst wieder einmal packte, einen Zettel auf dem Nachttisch platzierte: „Ich bin nicht wirklich tot“, ließ er die voreiligen Finder wissen.

Am 4. Mai stach Andersen von Konstantinopel aus in See und erreichte zwei Tage darauf die rumänische, „öde, nackte Küste. Hier lagen am offenen Meer ein paar Häuser. Das Wirtshaus reinlich und recht gemütlich. Wir spazierten durch Konstanza. Die Stadt wurde 1809 von den Russen zerstört. Aber es sieht hier aus, als wenn das gestern geschehen wäre.“

Auch während der Donaufahrt fand Andersen keinen Gefallen an den Orten, die er passierte. „Ein erbärmliches Dorf, das wie ein Misthaufen auf einem Steinhaufen aussah“, notierte er lakonisch – Andersen neigte dazu, die Fremde mit seiner dänischen Heimat zu vergleichen und gerade Europas Südosten an idealistischen, griechisch-antiken Maßstäben zu messen und so wundert es nicht, dass er ein äußerst negatives Bild von den rumänischen Siedlungen zeichnete. Auch die Einwohner beäugte der Dichter ebenso ängstlich: „Die Walachen sahen wie Wilde aus, mit schwarzen ungeheuer breitkrempigen Hüten und einer großen Axt.“

Nur der Landschaft konnte er Positives abgewinnen. Er rühmt die weiten Wälder, die endlosen Wiesen und die Seen. „Alles erscheint wie ein englischer Park in großem Stil“, resümierte er am 8. Mai. Zwei Wochen darauf erreichte er Orschowa, wo er mit der Kutsche über Land bis nach Drencova reiste, um dort das Dampfschiff „Galathea“ nach Budapest zu besteigen. Nach Rumänien kehrte er nie wieder zurück.