Kunstvoll restaurierte Fresken aus der Bischofskirche in Curtea de Argeş

Ausstellung im Nationalen Kunstmuseum in Bukarest

Das Votivfresko, das Neagoe Basarab im Kreise seiner Familie zeigt. Während der Restaurierungsarbeiten durch den Architekten André Lecomte du Noüy in den Jahren 1875 bis 1886 wurden die Originalfresken von den Wänden gelöst und befinden sich nun im Nationalen Kunstmuseum Bukarest.

Am Nikolaustag wurde im Bukarester Nationalen Kunstmuseum in Anwesenheit der Ehefrau des rumänischen Staatspräsidenten eine Ausstellung eröffnet, auf die über zwei Jahrzehnte hingearbeitet worden war. Von 1990 bis 2012 wurden 31 bruchstückhaft erhaltene Innenfresken aus der Bischofskirche in Curtea de Argeş von zahlreichen Spezialisten unter der koordinierenden Leitung der Universitätsprofessoren Dr. Oliviu Boldura und Dr. Dan Mohanu sowie des Universitätslektors Dr. Romeo Gheorghiţă aufwendig und sorgsam restauriert und sind nun, in frischen Farben erstrahlend, noch bis zum 26. Mai des kommenden Jahres in Bukarest der Öffentlichkeit zugänglich.

Der Heilige Nikolaus war auch der Schutzheilige von Neagoe Basarab (1481-1521), jenem rumänischen Herrscher, der 1512 den walachischen Thron bestieg und wenig später mit dem Bau des Klosters Argeş begann. Die von Neagoe Basarab gestiftete Bischofskirche stellt mit ihrem kleeblattförmigen Grundriss und ihren motivisch reich geschmückten Außenwänden ein architektonisches Kleinod dar, das als christliche Kirche  zugleich wie ein orientalischer Prachtbau wirkt. Zu ihrer Einweihung kamen damals der ökumenische Patriarch von Konstantinopel, vier Metropoliten, sämtliche Äbte vom Athosberg und über tausend Priester. Die schönen Innenfresken der Bischofskirche wurden allerdings erst fünf Jahre nach dem Tod Neagoe Basarabs von dem aus Târgovişte stammenden Maler Dobromir und seiner Werkstatt fertiggestellt.

Betritt man die Bukarester Ausstellung, so fällt der Blick sofort auf das den erhöhten Vorraum beherrschende, in Blau, Rot und Gold leuchtende Votivfresko, das Neagoe Basarab im Kreise seiner Familie zeigt. Der gekrönte Herrscher und seine ebenfalls eine Krone tragende Ehefrau halten ein Modell der Bischofskirche zwischen sich in Händen, ihre Kinder sind zu ihren Füßen gruppiert und über ihnen, auf der Höhe der Namensinskriptionen, schwebt Maria mit dem Jesuskind, das Herrscherpaar wie die von ihm gestiftete Kirche segnend. Ebenfalls noch im Vorraum der Ausstellung befindet sich das in Blau, Grün, Rot und Gold gehaltene Fresko mit dem überlebensgroßen Erzengel Michael, dem Anführer der himmlischen Heerscharen.

Zahlreiche der in den monumental dimensionierten Fresken porträtierten Heiligen sind mit militärischen Attributen ausgestattet, so zum Beispiel die Heiligen Areta, Eustatie Plachida, Agapie, Nestor und Procopie. Die kriegerischen Requisiten fungieren dabei als Allegorien christlicher Tugenden im Glaubenskampf, die die Wehrhaftigkeit aller Gläubigen und insbesondere der Heiligen symbolisieren sollen. Mantel, Brustgurt, Rüstung, Schnürstiefel, Fahnen, Schilde, Lanzen und Schwerter, die von den Freskenmalern höchst dekorativ angeordnet, vielfältig variiert und immer wieder anders kombiniert wurden, versinnbildlichen Kraft und Stärke des christlichen Glaubens.

Andere Heilige kommen dagegen mit weniger bellizistischen Symbolen aus. Der heilige Nikolaus beispielsweise wirkt durch seine würdige Haltung, den Heiligenschein, das Zeichen des Kreuzes auf der Halsschärpe, die feine Geste seiner rechten Hand, das Buch der Bücher in der Linken, den kunstvoll drapierten Umhang und nicht zuletzt durch den golden bestirnten, das Firmament evozierenden blauen Hintergrund. Die aus drei großen Fresken bestehende Deesis-Gruppe mit Christus, Maria und Johannes dem Täufer zeigt den mit kaiserlichen und priesterlichen Insignien geschmückten Weltenrichter auf einem goldenen Thron mit Schemel und Kissen, die Urteile des Jüngsten Gerichtes verkündend, während Mutter und Täufer mit langen Schriftrollen Fürbitte für die gerichteten Seelen leisten.

Die museografische Präsentation des Hauptraums der von den Kuratorinnen Emanuela Cernea und Lucreţia Pătrăşcanu betreuten Ausstellung, an dessen Wänden die restaurierten Fresken ausgestellt sind, verwendet in der Mitte des Saales als Raumteiler ein hölzernes Gerüst, das einerseits auf den Restaurierungsprozess im Kircheninneren anspielen soll, vielleicht aber auch auf den aus Legende und Ballade bekannten Meister Manole, den der Fürst durch den Befehl zum Abbau des Gerüstes daran hindern wollte, je wieder vom Dach der Bischofskirche herabzusteigen, damit er niemals wieder ein derart vollendetes Bauwerk würde schaffen können.

Im Inneren jener hölzernen Gerüstkonstruktion finden sich weitere sehenswerte Exponate, darunter der in Florenz gefertigte Kaftan von Neagoe Basarab aus kobaltblauem Samt, bestickt mit reicher floraler Ornamentik aus vergoldeten Silberfäden, sowie ein aus Silber gefertigtes, ziseliertes und graviertes Modell der Bischofskirche aus dem Jahre 1784. Ferner hängen dort sieben Zeichnungen des französischen Architekten André Lecomte du Noüy, der die Kirche in den Jahren 1875 bis 1886 restaurierte und dabei neben Grundrissen und Querschnitten auch ein vollständiges Verzeichnis aller erhaltenen Fresken mit ihren genauen Standorten anfertigte. Ebenso befindet sich in einem der von jenem Holzgerüst abgeteilten Räume eine Leinwand, auf die eine von Kotki Visuals produzierte 3D-Animation projiziert wird: Man sieht dort in virtueller Bewegung durch den sakralen Raum sämtliche Fresken der Ausstellung an ihren ursprünglichen Wandplätzen im Inneren der Bischofskirche.

In der Rotunde, dem zweiten Hauptraum der Ausstellung, sind weitere Exponate zu sehen, die mit der von Neagoe Basarab erbauten Klosterkirche in Zusammenhang stehen, darunter vierzehn gestochen scharfe Fotografien von Carol Popp de Szathmáry aus dem Jahre 1866, weitere Fotos aus der Zeit der Restaurierung der Kirche, ferner Aquarelle, Lithografien und Gouachen mit der Bischofskirche als zentralem Motiv sowie ein interaktiver Touchscreen, der das Durchblättern des „Nationalalbums“ mit 35 Zeichnungen aus dem Jahre 1860 des rumänischen Malers Gheorghe Tattarescu ermöglicht. Weitere Exponate, darunter eine Videoinstallation, informieren über den Prozess der Restaurierung und die dabei zum Einsatz gekommenen Materialien und Mittel.

In einem reichen Begleitprogramm zur Ausstellung werden im Nationalmuseum von Januar bis Mai 2013 die vielfältigen Beziehungen des rumänischen Fürsten Neagoe Basarab zum Osmanischen Reich sowie zu den Herrscherhäusern im Westen und auf dem Balkan beleuchtet werden, ebenso der Themenkomplex „Stifter, Gründer, Restauratoren“ sowie die Bezüge zwischen Kunst und Kommerz am Beispiel fahrender Bauleute und reisender Architekten.
Aber auch ohne viel Hintergrundwissen kann man sich beim Besuch der Ausstellung an den im Nationalmuseum präsentierten Fresken erfreuen: An der majestätischen Haltung der Heiligen, der kunstvollen Drapierung ihrer Gewänder und dem wunderbaren blauen Grund, der die in kräftigen grünen, roten und goldenen Farben erstrahlenden Gestalten erst recht zum Leuchten bringt.

Das Votivfresko, das Neagoe Basarab im Kreise seiner Familie zeigt. Während der Restaurierungsarbeiten durch den Architekten André Lecomte du Noüy in den Jahren 1875 bis 1886 wurden die Originalfresken von den Wänden gelöst und befinden sich nun im Nationalen Kunstmuseum Bukarest.