„Man muss jeden Tag etwas schreiben“

Adelbert-von-Chamisso-Preisverleihung 2013

Die Preisträger: Marjana Gaponenko (Mitte), Anila Wilms und Matthias Nawrat Foto: Robert Bosch Stifung

Am 28. Februar fand in der Allerheiligen-Hofkirche, Residenz München, die Festveranstaltung zur Verleihung des Adelbert-von-Chamisso-Preises 2013 statt. Mit dieser Auszeichnung würdigt die Robert-Bosch-Stiftung seit 1985 herausragende Beiträge zur deutschsprachigen Literatur von Autoren, deren Werke von einem Sprach- und Kulturwechsel geprägt sind. Der Preis ist damit der einzige seiner Art in Deutschland. Am 1. März 2013 lasen die begabten Preisträger im Literaturhaus München aus ihren Werken.

Der Namensgeber des Preises, Adelbert von Chamisso (1781-1838), dessen Todestag sich im Herbst zum 175. Mal jährt, war gebürtiger Franzose, der in Berlin eine neue Heimat fand und noch zu Lebzeiten als Dichter deutscher Sprache und Naturforscher anerkannt wurde. Sein bekanntestes Werk, „Peter Schlemihls wundersame Geschichte“, erschien vor 200 Jahren.

Die Juroren des Adelbert-von-Chamisso-Preises 2013 waren: Gregor Dotzauer (Literaturkritiker), Zsuzsanna Gahse (Schriftstellerin, Chamisso-Preisträgerin 2006), Michael Krüger (Schriftsteller und Verleger), Prof. Dr. Klaus-Dieter Lehmann (Präsident des Goethe-Instituts), Denis Scheck (Literaturkritiker), Dorothea Westphal (Literaturkritikerin) und Feridun Zaimoglu (Schriftsteller, Chamisso-Preisträger 2005). Medienpartner war Deutschlandradio Kultur.

Die 1981 in Odessa, Ukraine, geborene Marjana Gaponenko erhielt für ihr bisheriges Gesamtwerk („Wie tränenlose Ritter“, 2000; „Reise in die Ferne“, 2003; „Nachtflug“, 2007; „Die Löwenschule“, 2008; „Annuschka Blume“, 2010, „Wer ist Martha?“, 2012) den mit 15.000 Euro dotierten Adelbert-von-Chamisso-Preis 2013. Sie studierte Germanistik, denn die deutsche Sprache kam ihr vor „wie ein Tisch voller Schachteln, die man anordnen und ineinander stapeln konnte.“ Nach Aufenthalten in Krakau und Dublin lebt sie zurzeit als freie Schriftstellerin in Mainz. 2009 wurde sie mit dem Frau Ava Literaturpreis ausgezeichnet. Mit ihrem Roman „Wer ist Martha?“, erschienen 2012 im Suhrkamp Verlag, habe Marjana Gaponenko einen „neuen, aufregenden Ton“ in die deutschsprachige Gegenwartsprosa gebracht, so die Begründung der Jury.

Die diesjährigen Förderpreise in Höhe von jeweils 7000 Euro gingen an Matthias Nawrat für seinen Roman „Wir zwei allein“ (Verlag Nagel & Kimche, 2012) und an Anila Wilms für ihr deutschsprachiges Debüt „Das albanische Öl oder Mord auf der Straße des Nordens“, erschienen 2012 im Berliner Transit Verlag.

Matthias Nawrat wurde 1979 in Opole/Oppeln, Polen, geboren. 1989 siedelte er nach Bamberg um. Zwischen 2000 und 2007 studierte er Biologie in Heidelberg und Freiburg im Breisgau, seit 2007 arbeitet er als freier Wissenschaftsjournalist. Zwischen 2009 und 2012 studierte er Literarisches Schreiben am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel. Seit 2004 veröffentlichte er zahlreiche Kurzgeschichten in Anthologien und Zeitschriften. Heute lebt Matthias Nawrat als freier Schriftsteller in Berlin. Für ihn gilt „Schreiben ohne abzusetzen, Schreiben ohne Ziel und Anspruch, Schreiben ohne Ehrgeiz,“ keinen Tag vergehen zu lassen, ohne eine Zeile zu schreiben.

Anila Wilms wurde 1971 in Tirana, Albanien, geboren und wuchs in der Hafenstadt Durrës auf. Von 1989 bis 1993 studierte sie Geschichte und Philologie an der Universität Tirana. Als DAAD-Stipendiatin kam sie 1994 nach Berlin und lebt dort seither als Autorin und Publizistin. Ihren ersten Roman, der einen komplizierten Entstehungsprozess durchmachte, schrieb sie auf Albanisch und auf Deutsch. Er wurde von den Kritikern als Kriminalroman und Polit-Thriller mit vielen Schichten und Dimensionen bezeichnet.

Prof. Dr. h.c. Klaus-Dieter Lehmann, Präsident des Goethe-Instituts und Mitglied der Jury des Adelbert-von-Chamisso-Preises ist der Meinung, dass der Wechsel aus einer Kultur und einer Sprache in eine andere eine herausragende Leistung ist, weil plötzlich eine Fülle von anderen Bildern, Metaphern und Ideen entstehen, die äußerst bereichernd wirken. Dieser Kultur- und Sprachwechsel stellt ein unverwechselbares und einzigartiges Kriterium für den Chamisso-Preis dar, der ein Gütesiegel für Deutschland ist, so Prof. Lehmann.

Für die ausgezeichneten Autorinnen und den Autor bedeutet der Chamisso-Preis auch in diesem Jahr einen erfolgreichen Sprung in eine andere Identität. Die Literatur dieser GrenzgängerInnen wird in Deutschland gefeiert, weil sie eine neue Ästhetik und einmalige Sprachschönheit bietet, die in einer Vielfaltgesellschaft wichtige kulturelle Aspekte mitbringt, welche zu erforschen sich bestimmt lohnt.