Maskierte Nackedeis, Homeoffice mit Kater und andere Fauxpas...

NEL‘s humoristischer Jahresrückblick lässt kein Auge trocken

„NEL 2020. Der Jahresrückblick“, Klartext Verlag Essen, November 2020, ISBN 978-3-8375-2354-6, auch auf www.nelcartoons.de

Kann man über Corona schmunzeln oder gar lachen? Die Antwort kennen die Leser der Wochenend-Seite der ADZ: Dort verewigte der Karikaturist Ioan Cozacu, Künstlername NEL, das vergangene Corona-Jahr. Sympathisch-griesgrämige Männchen mit Wurstnase und vorgestülpter Oberlippe illustrierten den Lockdown mit der nervigsten Frage: „Wo seid ihr gerade?“ Oma will es wissen – und die ganze Familie brüllt ins Telefon zurück: „zu Hause!“  
Zielsicher erfasst NEL, was Menschen bewegt und erregt, kombiniert Kurioses und Skurriles mit dem neuen Alltag, zerrt es aus dem gewohnten Denkrahmen, verblüfft – Lachen garantiert!

Wer das schwarze Jahr 2020 ausnahmsweise einmal schmunzelnd Revue passieren lassen möchte, überschattet nicht nur von Corona, sondern auch von Donald (nicht der Ente!), dem Tönnies Schweine-Skandal oder Boris, dem Ritter des Brexit-Ordens; wer Angies gefürchtetem Flaschendrehen-Spiel bei der Verteilung von Flüchtlingen beiwohnen oder sich im neuzeitlichen Erdkunde-Unterricht mit Plastlantik und Plastifik auseinandersetzen will… Tja, der darf sich beim Durchblättern der 127 Seiten von „NEL 2020. Der Jahresrückblick“ (erschienen im November 2020 im Klartext Verlag, Essen) heftig die Bauchmuskeln halten.

Maskenpflicht – freilich gilt sie auch auf dem FKK-Strand: Badehose entschlossen nein, aber Handy, Hut und Maske schränken die ersehnte Ganzkörper-Freiheit nicht ein. Gebräunt vom Urlaub zurück? Diesmal ist es nicht die Bikini-Zone, wo sich die Haut leintuchweiß von der knackigen Sommerbräune abhebt... Und auch der Frisör hinterlässt seine Spuren überall, nur nicht im Gesicht: Corona-Vollbärte sprießen. Nutzen sich die ewigen Maskenwitze nicht ab, denkt man – und schon kommt der nächste Brüller: Der Nackedei in der Straßenbahn rechtfertigt sich beim Kontrolleur: „Ich schwitze immer so mit Maske.“

Trumps Wahlkampf – ob es ihm gelingt, das Papamobil zu leihen? Einen Platz für die Ewigkeit kann er sich trotz verlorener Wahlen sichern: Im „Mount Rushmore National Memorial“, dem übergroßen Denkmal der bedeutendsten US-Präsidenten, neben den Statuen von Washington, Jefferson, Roosevelt und Lincoln – als hoch über diesen schwebender, voll aufgeblasener Luftballon.

NEL entgeht keine Spitze, weder virustechnisch noch innen- oder außenpolitisch, kein  Landesvertreter, ja nicht einmal das britische Königshaus, kommt ungeschoren davon. Hohe Kunst, zweifellos – doch bezeichnet er sich nicht gern als Künstler, vielmehr als zeichnenden Journalisten. „Würde ich etwas schreiben müssen, käme nur Quatsch heraus“, sagt er bescheiden im Vorwort und überlässt die Schreiberei dem Kolumnisten Bodo Baake.

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte – daher sei anstelle eines Schlussworts eine Szene mit hohem Wiedererkennungseffekt für alle beschrieben, die die Freuden von Homeoffice kennenlernen durften: Videokonferenz. Vater in Hemd und Krawatte. Im Hintergrund – oops – Mama huscht im Negligé vorbei. Der Knirps hält stolz sein Gemälde in die Höhe. Dann taucht das Gesicht des neugierigen Katers (der wahrscheinlich kurz davor noch schnurrend auf Papas pyjamabehostem Schoß lag) vor der Kamera hoch – und verdeckt den  Konferenzteilnehmer. Da bleibt kein Auge trocken!