Terror, Gewalt und Verbrechen

Museum über Kommunismus in der Hauptstadt eröffnet

Ana Blandiana und Romulus Rusan im Museum Foto: Aida Ivan

„Neamţul”– so wurde die Akte betitelt, die für die Verfolgung eines Mannes aus dem Kreis Tulcea im Jahre 1988 vom Innenministerium ausgearbeitet wurde. Neben ihr liegen zur Besichtigung ein paar andere Dossiers  auf dem Tisch: Sie dienen zur Veranschaulichung für die Geschichte des Kommunismus in Rumänien im Bukarester Museum „Memoria ca formă de justiţie“ (dt. „Gedächtnis als Form der Justiz“).

Der Kommunismus in Rumänien behauptete sich durch Terror, Gewalt und Verbrechen und sein 46-jähriges Überleben wurde durch Unterdrückung gesichert: Etwa zwei Millionen Menschen haben in der einen oder anderen Form die Brutalität des Systems zu spüren bekommen– alle waren Klassenfeinde. Der Staat zeigte in den 90er Jahren kein Interesse an der Aufarbeitung der Vergangenheit – die Untersuchung der kommunistischen Diktatur wurde von privaten Initiativen vorangetrieben. Die Bürgerakademie (rum. Academia Civică) verfügt nach 20 Jahren seit ihrer Gründung durch das Internationale Zentrum für Studien über den Kommunismus über eine reichhaltige Datenbank über die Gewalttaten zur Zeit des Kommunismus und den davon Betroffenen. Angefangen wurde mit der Gedenkstätte der Opfer des Kommunismus und des Widerstands in Sighet, im Mai wurde aber auch in der Hauptstadt eine Dauerausstellung eröffnet. Gegründet wurde das Museum von Ana Blandiana und Romulus Rusan, verwaltet wird es von der Bürgerakademie.

Besonders eindrucksvoll sind die verschiedenen ausgestellten Karten von Rumänien, die nach unterschiedlichen Kriterien konzipiert wurden. Auf einer Karte sind Hunderte von Haftanstalten markiert, darunter Gefängnisse, Untersuchungs-, Depot- und Verbannungsniederlassungen, Zwangsarbeitslager, Deportation- und Zwangsaufenthaltszentren, psychiatrische Niederlassungen für politische Häftlinge – ein Bild der Gründlichkeit, mit der das System aufgebaut wurde. Eine andere Karte, auf der es auch zahlreiche Zeichenerklärungen gibt, stellt die Ortschaften dar, wo es  antikommunistischen Widerstand gab. So kann man sich auch beispielsweise über den Bauernaufstand im Jahre 1950 im Kreis Vrancea (Dorf Bârseşti) näher informieren.

Andere Schautafeln sind den zwei Millionen „Feinden der Gesellschaft“ oder dem „goldenen Zeitalter“ gewidmet. Erklärt wird, wie und wann die Kommunisten die Macht übernommen haben, wie das Privateigentum abgeschafft wurde und die Gewissensfreiheit allmählich verschwand. Begriffe wie „Staatspropaganda“, „sozialistische Kultur“, und „der neue Mensch“ werden auch thematisiert. Zu der Vernichtung der Generation von Politikern, die die Entwicklung Rumäniens in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts maßgeblich beeinflusst haben, werden konkrete Beispiele gegeben: Ion Mihalache, Gheorghe I. Brătianu und Iuliu Maniu sind nur einige, die zu Opfern des Systems wurden. Dokumentiert sind auch die Bărăgan-Deportationen und die „Umerziehung“ durch Folter. All diese schrecklichen Episoden werden mit Informationen und Bildern veranschaulicht. Präsentiert wird u.a. das Hochsicherheitsgefängnis in Sighet, dessen Ziel die langsame Tötung der Insassen war–39 Prozent der Häftlingen starben dort. Das Gefängnis wurde zu einem Museum umgestaltet. Daneben gibt es heute den  Friedhof der Armen und einen speziell eingerichteten Raum für Gebet und Erinnerung an die Opfer.

Knapp werden die Schlüsselmomente aus der jüngsten Geschichte Rumäniens präsentiert. Die Informationen sind das Ergebnis jahrelanger Untersuchung zur kommunistischen Diktatur in Rumänien. Die Erwerbung solcher Informationen war ein langwieriger Prozess, in den der Schriftsteller Romulus Rusan seine Energie ununterbrochen gesteckt hat.

Ein Besuch des Museums ist in erster Linie eine Geschichtsstunde. Auch wenn sich manch jüngerer Besucher vorher darüber informiert hat, ist der Wert der dargebotenen Ausstellung unbestreitbar: Wer diese Periode nicht erlebt hat, kann sich ein wenig präziser vorstellen, was der Kommunismus in Rumänien tatsächlich bedeutete. Präsentiert werden Informationen, von denen man im Allgemeinen abgeschirmt wird. Das ist aber nicht der Hauptzweck der Einrichtung in Bukarest: Entstanden ist dieser Ausstellungsraum, damit die Erinnerung an die Opfer des Kommunismus wach bleibt. Auf diese Weise wird ihnen Gerechtigkeit verschafft.
„Gedächtnis als Form der Justiz“ ist ein kleines Abbild des Kommunismus in der Hauptstadt und repräsentiert einen winzigen Teil von dem, was 650 Kilometer entfernt, in Sighetu Marmaţiei (Kreis Maramuresch) ausgestellt wird. Als Wanderausstellung wurde sie erstmals in Brüssel, Bukarest, Chişinău, Bălţi und Hermannstadt/ Sibiu gezeigt.

Für diejenigen, die mehr erfahren wollen, gibt es Bücher zum Verkauf, die von der Bürgerakademie veröffentlicht wurden und zur Datenbank des Memorial Sighet gehören. Manche wurden auch in verschiedene Sprachen übersetzt, darunter  auf deutsch  „Die Chronologie und Geografie der kommunistischen Unterdrückung in Rumänien. Zählung der zwangsinternierten Bevölkerung (1945-1989)“ von Romulus Rusan.
Das Museum in der Jean-Louis-Calderon-Straße 66 kann von Montag bis Sonntag (10-18 Uhr) besichtigt werden. Mehr Informationen sind unter der Telefonnummer 021 313 76 28 erhältlich. Der Eintritt ist frei.