Und schon wieder ein Staatsstreich

Vorschau zum Schleich-Actionspiel Dishonored 2

Mit Dishonored überraschte 2012 der französische Spieleentwickler Arkane Studios sowohl Kritiker als auch Spieler. Die Mischung aus Schleichspiel, Action-Adventure und Rollenspiel wandelte in den Fußstapfen großer Spielemeilensteine wie Deus Ex oder Half-Life 2. Kein Wunder: Schließlich bestand auch das Kreativteam um Harvey Smith aus Designern, die an den besagten Spielen mitgewirkt haben. Vier Jahre mussten Fans auf eine Fortsetzung warten. Im November erscheint dann schließlich Dishonored 2 und wird schon jetzt als möglicher Anwerter auf den Titel „Spiel des Jahres 2016“ gehandelt.
 

15 Jahre ist es schon her, seit die Kaiserin des „Reichs der Inseln“ ermordet wurde und ihr Leibwächter Corvo Attano ihren Tod rächte und ihrer Tochter Emily auf dem Thron verhalf. Zum Todestag der alten Kaiserin, Emilys Mutter und Corvos heimlicher Geliebter, wird ein Staatsstreich verübt und Emily, die junge Kaiserin, wird entthront und muss die Hauptstadt Dunwall verlassen. Die Drahtzieher des Coup d’États sind unter anderem der neue Graf von Serkonos und die Hexerin Delilah Copperspoon, die scheinbar mit Emily verwandt ist. Darum verschlägt es auch Emily und Corvo, die zwei Protagonisten aus Dishonored 2, nach Karnaca, der Hauptstadt Serkonos. Dort, in der Minnenstadt, müssen die zwei Delilahs Verbündete ausschalten und sie müssen, weil die Hexerin über Kräfte verfügt, die ihr der geheimnisumwobene Outsider verlieht hat, einen Weg finden, Delilah auszuschalten, damit Emily wieder Kaiserin werden kann.

Anders als Dishonored schlüpft der Spieler diesmal nicht bloß in die Rolle des inzwischen gealterten Assassinen Corvo Attano. Emilys leiblicher Vater hat in den Jahren seit dem Tod ihrer Mutter nicht nur über sie gewacht, sondern ihr auch alles beigebracht, was er selber kann. Darum ist Emily durchaus in der Lage, jetzt mit Anfang 20, auf sich selbst aufzupassen. Der Spieler darf zu Anfang von Dishonored 2 entscheiden, ob er lieber mit Corvo oder mit Emily als neuen spielbaren Charakter die Kampagne bestreitet. Auch Emily wird dann vom Outsider aufgesucht und er verspricht ihr, so wie einst Corvo, übernatürliche Kräfte, wenn sie dafür sein Brandzeichen trägt. So wie es Spieler von Dishonored bereits kennen, gibt es für jedes Szenario mehrere Entscheidungen und Lösungen. So kann beispielsweise Emily den Outsider ablehnen und der Spieler kann die gesamte Kampagne ohne seine von ihm gestifteten Kräfte durchspielen.
 

Neue Heldin, neue Kräfte

Doch es wird sich wohl kaum jemand finden, der im ersten Spieldurchgang auf Emilys neue Kräfte verzichten wird. Besonders weil sie sich von Corvos grundsätzlich unterscheiden, zumindest der Großteil. Mit „Far Reach“ verfügt sie zwar über eine Alternative zu Corvos „Blink“-Kraft, womit sie große Distanzen schnell überwinden kann. Doch „Far Reach“ kann mehr, als Emily Zugang zu Häuserdächern oder schnelle Fluchtmanöver zu verschaffen. Es kann auch, sobald man mehrere Runentalismane investiert hat, Gegenstände und Personen zu sich heranziehen. Interessant sind aber besonders die anderen neuen Fähigkeiten. „Mesmerize“ versetzt Gegner in eine Art Rauschzustand. Man schafft einen schwebenden skulpturartigen Totem, der Gegner anzieht. Solange sie fasziniert darauf schauen, kann Emily sich unbemerkt bewegen. „Doppelgänger“ erschafft, wie es der Name andeutet, einen Doppelgänger, der an Emilys Seite kämpft und den Emily für verschiedene Zwecke opfern kann. „Shadow Walk“ verwandelt Emily in eine schattenhafte Gestalt, die sich unbemerkt zwischen Leibwachen und Gegnern bewegen kann und Spieler können in dieser Gestalt später auch Gegner töten oder bewusstlos schlagen. Die letzte neue Fähigkeit ist „Domino“. Damit kann Emily mehrere Gegner aneinanderketten und wenn sie dann einen dieser Gegner ausschaltet, überträgt sich der Zustand auf alle anderen Gegner, die verlinkt sind. Besonders interessant: Die verschiedenen Kräfte können kombiniert werden. So kann Emily beispielweise einen Doppelgänger schaffen, diesen mit drei Leibwächtern verlinken, dann kann Emily ihren Doppelgänger ausschalten und automatisch werden auch die Leibwächter eliminiert.

Corvo erhält keine neuen Kräfte, doch dafür können Spieler die alten weiter ausbauen. So kann Corvo nicht mehr länger nur die Zeit anhalten, er kann sie auch vorspulen. Jedes seiner Fähigkeiten hat ein komplexeres Upgrade-System erhalten.
 

Freiheit der Entscheidung

Dishonored bleibt weiterhin ein Spiel der Möglichkeiten. So wie den ersten Teil kann man auch Dishonored 2 erfolgreich bestreiten ohne eine einzige Person zu ermorden. Das Spielerverhalten übt sich auf die Handlung und die teils offene Spielewelt aus. Pro Mission sammelt der Spieler Chaos-Punkte. Bringt er viele Menschen um und löst oft Alarm aus, verhält sich also wie eine Killermaschine ohne Gewissen, erhält er am Ende einen hohen Chaosstand. In späteren Missionen tauchen dann „Blutfliegen“ auf, die ihre Nester in den Kadavern der Toten bauen. Je mehr Tote, desto mehr Blutfliegen in der Welt. Auch die verschiedenen Rivalen Corvos und Emilys kann der Spieler verschonen. Statt sie umzubringen, gibt es immer Alternativen, Strafen für die vermeintlichen Übeltäter, die gerechter erscheinen und ein besseres Ende garantieren. Auch die Art und Weise, wie man in Missionen vorgeht, welchen Weg man einschlägt, bleibt dem Spieler überlassen. So wie in Deus Ex, gibt es niemals nur einen Pfad zum Ziel. Entscheidet man sich also für eine geräuschlose Infiltration ohne ein Menschenleben zu opfern, dann kann man sich durch Schächte, über Dächer, an Wachen vorbei navigieren. Sollte es nicht gelingen, dann verfügen beide über ein Arsenal von Gadgets, das ihnen zur schnellen Flucht verhilft: Betäubungspfeile, neu mit dabei auch Betäubungsmienen, aber auch tödliche Handfeuerwaffen und der ausfahrbare Degen, den sowohl Corvo als auch Tochter Emily schwingen.

Für die technische und graphische Umsetzung des Spiels hat Arkane Studios diesmal eine eigene Engine verwendet namens „Void“. Sie wiederum basiert auf der id Tech5-Engine, allerdings wurde davon nur 20 Prozent behalten, die restlichen 80 Prozent haben die Entwickler umgeschrieben. Und das sieht man: Dishonored 2 schaut wie ein lebendes Gemälde aus. Karnaca ist in Vergleich zu Dunwall eine sonnigere Stadt. Erinnerte Dunwall an das viktorianische London, so erinnert Karnaca eher an eine britische Kolonie auf einer tropischen Insel. Doch obwohl Karnaca auf den ersten Blick schöner ausschaut, so ist das Bild trügerisch. Auch hier gibt es deutliche Unterschiede zwischen dem reichen Adel, der sich ein Vermögen mit dem Handel von Silber gemacht hat und den Armen, die in den Minen tagein, tagaus arbeiten müssen.
Auch Dishonored 2 verspricht, eine lebendige Welt zu erschaffen, die neben Emilys und Corvos Geschichte auch eine Geschichte über soziale Ungerechtigkeiten, Machtgier und Kolonialismus erzählt. Dishonored 2 erscheint Anfang November für PC, PS4 und Xbox One. PC-Spieler können sich das Spiel auf Steam vorab bestellen.