Van Gogh wie man ihn weniger kennt

Zeichnungen des Künstlers in Temeswar ausgestellt

Die Van-Gogh-Zeichnungen sind noch bis zum 29. April zu bewundern.
Foto: Zoltán Pázmány

Kein Sonnenblumengelb, kein Azurblau der französischen Küste – in Schwarz-Weiß zeigt sich der Künstler der inneren Qualen dieser Tage in einer Ausstellung in Temeswar: Zeichnungen von Vincent van Gogh, dem auf Goo-gle meistgesuchten Maler, werden in einer gut besuchten Ausstellung im Temeswarer Kunstmuseum präsentiert. Die Zeichnungen stammen aus der niederländischen Periode des Künstlers und nur wenige von ihnen lassen den Van Gogh der Kornfelder und des blauen südfranzösischen Himmels erahnen. Keine pastosen, geschwungenen Pinselstriche, dafür aber feine Bleistiftlinien lassen das Bild entstehen.

Bei der Vernissage der Ausstellung haben die Kunstkritiker Carol David und Gabriel Kelemen das Wort ergriffen. Bei der Eröffnung sprach außerdem Museumsdirektor Victor Neumann. Der Titel „Vincent van Gogh – die archetypische Zeichnung“ hat bei den beiden Kunstkritikern ein bisschen Verwunderung hervorgerufen, denn „van Goghs Zeichnungen sind keine Archetypen“, so Carol David. „Seine Zeichnungen sind realistisch, mit vagen expressionistischen Tendenzen“, meinte der Kunstkritiker und Universitätsprofessor, der das Publikum daran erinnerte, dass der Künstler in den Niederlanden des 19. Jahrhunderts ein Außenseiter war, sowohl von seiner Familie als auch von anderen Leuten marginalisiert: „Das erklärt die vorwiegend soziale Thematik seiner Zeichnungen, die Menschen werden sehr schwerfällig dargestellt, scheinen wie aus Erde erschaffen, aus Blei. Nur in den Landschaften befreit er sich, erst da kann man van Gogh, der in Paris oder Südfrankreich geschaffen hat, erahnen“. Gabriel Kelemen pflichtete ihm bei und meinte, dass es hierbei um die Werke geht, die „van Gogh vor van Gogh“ geschaffen hat.

„Einhundert Zeichnungen gehören zu der Ausstellung, die zum ersten Mal in Osteuropa gezeigt wird“, ließ der Museumsdirektor Victor Neumann wissen. Die Besucher können einfache Menschen bei alltäglichen Arbeiten sehen, beim Hacken, Sähen oder Mähen, beim Nähen oder Lesen. Die Zeichnungen fallen sehr unterschiedlich aus: Einige sind in groben Linien wiedergeben, wie der grobschlächtige Mann in der Zeichnung „Hackender Bauer“, andere sind einer Fotografie ähnlich – so kann man das runzlige Gesicht einer „Frau beim Buttern“ ganz genau erkennen. Ebenso fotografisch präsentiert sich die Serie „Garten“. Und es wird plötzlich klar, dass van Gogh ein besonderes Auge für Landschaften hat.

Die Ausstellung wurde vom Kunstmuseum Temeswar in Zusammenarbeit mit der „Merkur Global GmbH“ organisiert. Kurator ist Thomas Emmerling, der schon mehrmals in Temeswar präsent war.