Werke des Künstlerehepaares Sabin Popp und Thedora Cernat Popp

Ausstellung in den Kretzulescu-Sälen des Bukarester Nationalen Kunstmuseums

Sabin Popp: Selbstporträt mit roter Blume

Plastik von Theodora Cernat Popp

Eine kleine, aber feine Ausstellung ist derzeit in den beiden Kretzulescu-Sälen des Nationalen Kunstmuseums in Bukarest zu besichtigen. Es handelt sich um eine Schau von Gemälden, Zeichnungen und Skulpturen, die einem rumänischen Künstlerehepaar gewidmet ist, das vor allem in der Zwischenkriegszeit Bedeutendes schuf. Im größeren der beiden Kretzulescu-Säle sind Werke von Sabin Popp (1896-1928) zu sehen, und im kleineren Werke von Theodora Cernat Popp (1897-1980). Mitorganisatorin dieser Ausstellung mit Exponaten aus der Sammlung der Familie Cernat Popp wie auch aus Beständen des Nationalen Kunstmuseums ist die Schwiegertochter des Künstlerpaares, die hoch betagte Kunstkritikerin Adina Nanu. Die Bukarester Sonderausstellung wird noch bis zum 29. März dieses Jahres gezeigt. Der Eintritt ist frei.
Dem jungen rumänischen Künstlerehepaar Sabin Popp und Theodora Cernat Popp war nur eine kurze Zeit des gemeinsamen Lebens vergönnt. Beide lernten sich als Jugendliche in der Villa Storck kennen, dem heutigen Museum Frederic Storck und Cecilia Cuțescu-Storck in der Bukarester Straße Vasile Alecsandri Nummer 16. Sabin Popp war Schüler des Bildhauers Frederic (Fritz) Storck, dessen Vater Karl, selbst Bildhauer, Mitte des 19. Jahrhunderts aus Deutschland in die Walachei ausgewandert war. Wie sein Vater Karl wirkte auch Frederic Storck als Professor an der Nationalen Schule der Schönen Künste in Bukarest. Gleich Sabin Popp hielt sich auch Theodora Cernat oft im Hause Storck auf, und zwar im Atelier der Ehefrau Frederic Storcks, der Malerin und Kunstprofessorin Cecilia Cu]escu-Storck. Als Erwachsene begegneten sich Sabin Popp und Theodora Cernat dann 1924 wieder und schlossen zwei Jahre später den Bund der Ehe. 1927 wurde ihr einziges Kind Rare{ geboren. Am 1. Januar 1928, am Vorabend seines 32. Geburtstages, starb Sabin Popp an Magenkrebs, während Theodora Cernat Popp noch bis in die siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts künstlerisch tätig sein konnte.

Das Selbstporträt des Künstlers im Alter von 16 Jahren, ein Ölgemälde Sabin Popps aus dem Jahre 1912, eröffnet linkerhand im ersten Saal die Ausstellung. Auf dieses frühe Werk folgen mehrere Selbstporträts (drei Ölgemälde und zwei Bleistiftzeichnungen) aus den zwanziger Jahren, von denen vor allem eines aus dem Jahre 1925 hervorsticht. Das auf Karton gemalte Ölbild zeigt den auf einer Chaiselongue ruhenden Künstler, den Kopf auf Kissen gebettet und den Blick unverwandt auf den Betrachter gerichtet. Der Maler trägt ein weites weißes Leinengewand, das sich von der offenen Hemdbrust über seine angewinkelten Beine breitet und gleichsam eine eigene Landschaft ausbildet. Trotz seiner Modernität atmet dieses Selbstporträt den Geist byzantinischer Kunst, wie auch Spuren der Porträtmalerei Paul Cézannes in ihm wahrnehmbar sind. Sabin Popps berühmtes religiöses Triptychon aus dem Jahre 1925 ist in diesem Saal ebenso zu bewundern wie eine Landschaft mit Zwillingsbäumen und ein Stillleben mit Ikonen, beide aus den Jahren 1926, sowie Bleistiftzeichnungen mit religiösen Motiven (Verlorener Sohn, Bergpredigt, Kreuzweg, Kreuzigung).
Anfang der Zwanziger Jahre hatte die rumänische Adlige Maruca Cantacuzino den Künstler gebeten, Kopien von Wandbildern aus einigen rumänischen Klöstern anzufertigen. Dieser Auftrag formte die byzantinische Handschrift von Sabin Popps Malerei entscheidend mit. In der Bukarester Ausstellung sind mehrere Studien vom 11. August 1925 (Bleistift und Aquarell) nach Fresken der Moldauklöster zu sehen, wobei die Notate französischer Farbbezeichnungen hier besonders ins Auge fallen. Von Maruca Cantacuzino findet sich in der Ausstellung ein Porträt in Öl aus dem Jahre 1924, bei dem Sabin Popp das Gesichtsoval mit dem kohlschwarzen Augenpaar der Porträtierten in einem zweiten Oval gerahmt hat, das aus der gescheitelten Haarpracht und der Halskette der Adligen geformt wird.

Zahlreiche undatierte Porträtskizzen Sabin Popps mit Conté-Stift (u. a. von [tefan Neni]escu, Ioana Cantacuzino und Ioana Mavrocordat) finden sich hier neben Ölgemälden von Landschaften, in denen jeweils bestimmte Farbtöne vorherrschen, so Gelbtöne in der „Straße nach Cernavod˛“ (1926), Blautöne in „Winter in Kronstadt“ (1926) und Grüntöne in „Baumgarten III“ (1927). Höhepunkt des ersten Ausstellungssaales ist, neben dem Selbstporträt mit roter Blume aus dem Jahre 1926, gewiss das berühmte Familientriptychon, das Sabin Popp 1927 im Bukarester Kunstsalon ausstellte. Hier zeigt sich das Nebeneinander von Modernität und byzantinischer Tradition besonders deutlich, das bereits Oskar Walter Cisek bei Sabin Popp konstatiert hatte, als er diesen „als modernen Künstler mit der Seele eines alten Ikonenmalers“ bezeichnete. Auf dem linken und rechten Seitenteil des auf Holz gemalten Triptychons finden sich die Porträts der Mutter wie des Malers selbst, während der Mittelteil vom Vater und von den drei Geschwistern des Künstlers eingenommen wird, ganz im Habitus und mit der Würde byzantinischer Figuren. Ölbilder mit Blumen (Zichorien, Margeriten, Disteln) runden das Ensemble des ersten Ausstellungssaales mit Werken von Sabin Popp ab, in dem auch, gleichsam als Vorschau auf den zweiten Saal, vier Porträtköpfe aus Gips von der Hand Theodora Cernat Popps aufgestellt sind: von deren Schwester Codina, von Coca Mădârjac, von einer Frau mit langem Hals und von einer Frau mit Pony.

Im zweiten, Theodora Cernat Popp gewidmeten Saal sind hauptsächlich Werke der Bildhauerkunst versammelt. Das Orpheus-Motiv findet sich hier auf mehreren patinierten Gipsplatten (Flach- und Halbrelief), genauso wie das Motiv der Klageweiber oder das Motiv des hl. Georg. Drei farbige Gipskacheln mit plastisch hervortretenden Tier- und Menschenfiguren (mit einem Pfau, mit einem Truthahn, mit dem hl. Christophorus und dem Jesuskind) sind hier ebenso zu sehen wie verschiedene Vollplastiken: der Porträtkopf der Malerin Magdalena Rădulescu aus rotem patinierten Gips, die Skulptur „Mutterschaft“ aus patiniertem Gips oder vier Gipsskulpturen von Vögeln: von zwei Hennen mit Küken, einem Schwan sowie einer Taube. Besonders interessant ist die Skulptur der Taube, die mit ihren nach oben gereckten Flügeln und dem nach unten gedrückten Schnabel eine wunderbare diagonale Rückenlinie bildet, die das Gegenständliche der Skulptur fast ins Abstrakte rückt. Religiöse Szenen finden sich auf diversen Reliefplatten: eine Verkündigungsszene in koloriertem Gips mit dem geflügelten Gabriel und Maria in der Mandorla ihres Gewandes, oder eine Szene mit zwei Heiligen in koloriertem Zement mit asiatisch anmutenden Gesichtern, wobei hier vor allem das Spiel der Hände beeindruckt. Die Hände des ein Kreuz haltenden Heiligen sind waagrecht gekreuzt, die Hände des ein Buch haltenden Heiligen dagegen mit den Fingern senkrecht nach oben gerichtet.

Dass Theodora Cernat Popp nicht nur als Bildhauerin, sondern auch als Zeichnerin und Malerin Hervorragendes schuf, machen zahlreiche Werke der Künstlerin (Bleistift, Conté-Stift, Tusche, Aquarell, Pastell) in diesem zweiten Ausstellungssaal deutlich. Vor allem Straßenszenen und Stadtlandschaften sind hier zu erwähnen: drei bunte Wäschestücke vor trister monochromer Häuserkulisse, ein roter Zaun, Studien von Dächern und Dachlandschaften, Zeichnungen von Häusern mit Galerien wie von Bäumen im Ambiente einer Stadt. Beeindruckend ist auch die Conté-Zeichnung, die Irina Nenițescu im Profil wiedergibt, oder auch das Kohle-Porträt von Theodora Cernat Popps Lehrerin Cecilia Cuțescu-Storck. In Rückschau auf den ersten Saal finden sich hier auch zwei Gemälde des Gatten: Sabin Popps Selbstporträt mit Kopf- und Halstuch sowie das Porträt Theodoras mit Hut, in dem sich das Hintergrundmotiv der Blumen in Matissescher Flächigkeit präsentiert.

Eine Glasvitrine im ersten Saal ergänzt die Bukares-ter Ausstellung um Memorabilien, die die Erinnerung an das Künstlerpaar auch in biografischer Hinsicht wachhalten sollen. Fotos von Sabin Popp (u. a. als Soldat), Fotos von Theodora Cernat Popp bei der Verfertigung einer sitzenden Frauenskulptur (mit Aktmodell) sind dort ebenso zu bewundern wie Fotos, auf denen das junge Ehepaar gemeinsam zu sehen ist. Nicht zu vergessen schließlich die Heiratsurkunde des Künstlerpaares, die noch einmal den allzu frühen Tod Sabin Popps und seine unzeitig beendete künstlerische Karriere ins Gedächtnis ruft!