Wien: Blagas „Spațiul Mioritic“ in deutscher Übersetzung

Im Wiener LIT-Verlag ist vor Kurzem aus Lucian Blagas „Trilogia culturii“ das bekannte Werk „Spațiul Mioritic“ in der Übersetzung von Rainer Schubert erschienen. Obwohl zwischen dem übersetzten Titel und dem des Originals eine vermeintliche Diskrepanz zu gähnen droht, muss jedoch festgehalten werden, dass auch der deutsche Titel den Kern des Problems – wohl in einfacher Sprachform ausgedrückt – beinhaltet: die menschliche Seele in ihrer typisch rumänischen Wesensart. Gemeint ist die Volksseele, auf die Blaga wunderbar analytisch eingegangen ist, die er – ein ausgezeichneter Kenner ihrer selbst – als mioritischen Raum in ihrer gesamten Unermesslichkeit treffend benennt. Ausgehend von dörflichen Strukturen bis zu jenen des Hirtenlebens auf den Hochgebirgsweiden entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte jene religiös geprägten Eigenheiten, die eine rumänische Volksseele ausmachen. 

Rainer Schubert hält fest: „…Die Landschaft wird zum Gefäß der gesamten Seele, in welches das Gefühl des Schicksals hineinfährt wie der Wind in die Segel eines Schiffes…“ (S. 20/21) und beantwortet somit die aufgeworfene Frage, „…worin sich die Landschaft auf die menschliche Seele auswirkt. Was gewinnt die Landschaft vonseiten der Seele des Menschen? …“ (S. 20/21)

Breitgestreut ausgehend vom „seelischen Raum“ (S.13 ff) über die „bipolare Geistigkeit“ (S.30 ff)  und die „sophianische Perspektive“ (S. 69 ff),  durch die Assimilierung  sakraler Motive“ (S.94 ff) bis hin zur „Sehnsucht“ (S.137 ff) und zum „Intermezzo“ (S.142 ff) wird der Leser über die Kapitel „Evolution und Involution“ (S.144 ff) zu den „Vorteilhaften und motivierenden Einflüssen“ (S.162 ff) zum Schlussabschnitt „Vom typischen Rumänentum“ (S.180 ff) begleitet.

Blaga bezieht sich besonders auf die Frömmigkeit seines Volkes, denn nur diese gewährt ihm – dem Volk – den erforderlichen Halt, in den Wirren der Zeiten bestehen zu können. „Der orthodoxe Geist hat sich aus der Welt des Zeitlichen die Kategorien des „Organischen“ ausgewählt (…) Phänomene, wie etwa die seelischen, sozial-religiösen oder sogar die kosmischen Erscheinungen“ daraus erwachsen. (S.59)

Wiederholt stellt Blaga Bezüge und Vergleiche zu westlichen Kulturen und deren Religionen ( Katholizismus, Protestantismus u.a.) her, doch sein Volk und dessen Entwicklungen stets im Auge behaltend…

Bezugnehmend auf den Geschmack der Rumänen vertritt der Philosoph die Meinung, dass „…der vornehme Geschmack des Rumänen (…) nur die Kombination der Geometrie mit stilisierten Naturmotiven akzeptiert…“ (S.129), erneut ein Beweis enger Naturverbundenheit seines Volkes in Bezug auf die Ornamentik.

Eingehend auf den Begriff sophianisch vertritt Blaga die Meinung, dass „…jede Schöpfung bzw. Existenz, ob eingebildet oder real (S.91), die eine von oben nach unten strömende transzendente Verwandlung…“ aufweist, für das rumänische Volk charakteristisch ist, „…ob Kunstwerk, eine spekulative Idee, ein religiöses Erlebnis, eine Vorstellung der Natur, das Konzept eines sozialen Organismus, das menschliche Verhalten im alltäglichen Leben etc…“ darstellt. (S.91, ebenda).

In Blagas Auffassung mischt sich das Pittoreske in die Volksweisheit (vgl.116) und wird somit zum „Ratgeber“ des Volkes, sodass in einigen rumänischen Sprichwörtern „einer vom Gefühl des Pittoreseken“ unterfütterte Weisheit entspringt. Diese ist besonders beim „wandelnden Lexikon“ Anton Pann ersichtlich, der jedem Thema einen Sinnspruch, eine Anekdote hinzufügte, „…eine in Versen abgefasste Erzählung als Deutung der Sprüche …“ (S.116)

Blaga bricht eine Lanze für die Träger der rumänischen Kultur: „…Die rumänischen Kulturschaffenden, die mit heiligem Ernst ihre Fackeln durch die Stürme tragen, geben seit hundert Jahren und noch mehr ihr geistiges Erbe von einem an den nächsten weiter. Keinem von ihnen kann man aber die Überheblichkeit oder den Verlust an Selbstkontrolle vorwerfen, unserem Volk eine missionarische Aufgabe zuzumessen …“(S.183)

Die rumänische Seele (Spațiul mioritic) gilt als bekanntestes Werk Blagas, was schon vom Thema her nicht verwunderlich ist, denn die Volksseele als Existenz-Grundlage eines Stammes bzw. eines Volkes ist das festigende Bindeglied zwischen den verschiedensten Einzelindividuen der Gruppe bzw. einer Masse, die zum Fortbestand derselben erforderlich ist.

Dem Übersetzer, selbst Philosoph, und, u.a., 1994-99 Lektor an der Technischen Universität Temeswar,1999-2007 Kulturattaché an der Österreichischen Botschaft Bukarest, Leiter des Österreichischen Kulturforums Bukarest, 2007-2009 Univ.-Prof. für Philosophie an der Babe{-Bolyai- Universität Klausenburg (Cluj-Napoca) und anschließend Honorar-  und sodann Univ.-Prof. an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz in Niederösterreich, ist es hervorragend gelungen, die Übersetzung sinngemäß textnah zum Original  und in einem flüssigen und auch für den Laien problemlos zugänglichen Sprachfluss vorzulegen.