Willibrant Buhmann bringt Kinder dazu, Deutsch zu sprechen

Premiere des Theaterlaboratoriums in der Hauptstadt

Mit dem roten Bart eines Wikingers spielen ein Mädchen und ein Junge am Sonntagvormittag im Foyer des Bukarester Coquette-Theaters. Die lustige Puppe mit dem spezifischen Helm ist so groß wie die neugierigen Kinder, die sie untersuchen; offensichtlich gehört sie zum Bühnenbild eines hier gespielten Theaterstücks. Die Kleinen haben aber keine Zeit mehr, den Vorraum weiter zu erkunden: Sie werden in den Saal eingeladen, wo die deutschsprachige Adaption „Jack und die Bohnenranke“ aufgeführt wird. Man glaubt, die Geschichte von Jack und der Bohnenranke zu kennen, man irrt sich aber – Willibrant Buhmann ist immer für eine Überraschung gut: Mit seiner plötzlichen, misslungenen Landung zeigt sich der humorvolle „öffentliche Beamte des Unterirdischen Dienstes“ unzufrieden. Vogelfedern schweben in der Luft, als er das Publikum fragt, wo er sich befindet. Bei dem Theaterstück geht es um eine interaktive Produktion.

Der gehörnte Buhmann, dargestellt von Schauspielerin Ramona Olasz, möchte Jack für seine Faulheit bestrafen. Buhmann begegnet der Lehrerin des Jungen, Carmencita Krempelhuber (Ingrid Bonta), die Informationen über Jack liefert und bereit ist, diesen zu retten. Der Junge gerät in Schwierigkeiten, da er sich weigert, Deutsch zu lernen. Faulpelz Jack (Ruxandra Balasu) wird demnächst ein paar Tests unterworfen. Buhmann verkleidet sich mehrmals, um zu überprüfen, ob Jack sich wenigstens Mühe gibt, besser zu werden. Der Junge spricht Rumänisch, Buhmann Deutsch – das ist die Quelle des Humors und das Ziel des Stückes zugleich, denn auf diese Weise werden die Kinder in die Handlung hineingezogen.

„Ganz wunderbar fand ich, dass einige Kinder irgendwann anfingen, sich als Dolmetscher für den armen Jack zu betätigen, die benahmen sich da ganz natürlich, wie im richtigen Leben. Die hatten bestimmt vergessen, dass sie ja ‘nur’ im Theater saßen“, sagt Ramona Olasz. „Die Idee zu diesem Kunstgriff, dass Jack sich dagegen sträubt, Deutsch zu sprechen, kam einerseits daher, dass es in Bukarest sehr viele Kinder gibt, die im Kindergarten oder in der Schule Deutsch lernen, aber zu Hause die Sprache nicht benutzen, sodass sie einen großen Bedarf an Sprechpraxis haben, nach oder neben der Schule“, präzisiert sie.

Ramona Olasz ist die Initiatorin des Theaterlaboratoriums und macht vieles selber für die Kultureinrichtung, die sie vor fünf Jahren in Temeswar gegründet hat – von der Stückauswahl und Dramatisierung der Textvorlage über Bühnenbild und Theaterspiel bis zur Regie, Vermarktung und Werbung. Einen Vergleich zwischen dem Publikum in der Hauptstadt und dem von Temeswar konnte die Schauspielerin ziehen: „Diese Art von Theater, also dieses epische Theater im Stil von Brecht ist in Rumänien ja gar nicht üblich. Als wir damit in Temeswar anfingen, waren die Kinder am Anfang verunsichert und schüchtern. Dann wurden wir bekannter, so gewöhnte sich unser Publikum mehr und mehr daran, mitzudenken und Meinungen zu äußern, eben auch während der Vorstellung. Hier in Bukarest empfinde ich es jetzt genauso wie damals, als wir in Temeswar anfingen. Also ich gehe davon aus, dass es sich auch hier so entwickeln wird“.

Die größte Herausforderung des Theaterlaboratoriums bleibt vorläufig in Bukarest die Frage, wie man das Publikum besser erreichen kann. An Anfragen seitens der Schulen und Kindergärten wurde es aber nicht knapp.

Über die Rolle, die Ramona Olasz in „Jack und die Bohnenranke“ spielt, spricht die Schauspielerin gerne: „Die Rolle des unfähigen ‘Beamten im unterirdischen Dienst’ Willibrant Buhmann macht mir unheimlichen Spaß – dadurch, dass ich mit den immer wieder neuen Reaktionen der Kinder gezwungen bin, ständig zu improvisieren, und dann kann ich auch spielerisch Sozialkritik einbauen. Ich mag es auch stilistisch, weil es mit diesen Brechtschen epischen Elementen und dem trockenen, ziemlich „britischen“ Humor etwas wirklich Neues ist in der rumänischen Kindertheaterlandschaft“ ist . Die Aufführungen  werden nach den Sommerferien  im Theater „Coquette“ (Calea Călăraşi 94) wieder aufgenommen.