Abschied von Petre Sbârcea

Ein markanter Orchestererzieher hinterlässt tiefe Spuren

Hermannstadt/Klausenburg – Am späten Freitagabend, dem 29. Oktober, und am frühen Samstagmorgen, dem 30. Oktober, zeigten sich die Musikakademie „Gheorghe Dima“ Klausenburg/Cluj-Napoca, die Staatsphilharmonie „Transilvania“ sowie die Rumänische Oper Klausenburg und die Staatsphilharmonie Hermannstadt/Sibiu auf ihren Social-Media-Accounts in Trauer um den Tod von Maestro Petre Sbârcea. Einer der größten Könner der Kapellmeister-Schule Rumäniens hat die irdische Bühne für immer verlassen und wurde Dienstag, am 2. November, auf dem Klausenburger Zentralfriedhof mit militärischen Ehren begraben. Gut sechzig Jahre lang hat Petre Sbârcea die siebenbürgische und rumänische Orchesterlandschaft als Dirigent geprägt.

Im damals wie heute jungen Berufseinstiegsalter von nur 25 Jahren wurde er zum Chefdirigenten der Rumänischen Oper Klausenburg berufen. 1976 tauschte Petre Sbârcea seinen ersten Arbeitsplatz mit der Staatsphilharmonie Hermannstadt, wo er bis 1990 die Aufgaben des Chefdirigenten und des Direktoren auf sich vereinte. Das erste internationale Gastspiel des Hermannstädter Berufsorchesters 1981 führte ihm und seinem Ensemble das Geschenk zu, auf Korsika zur Eröffnung des Opernhauses der Hafenstadt Bastia beizutragen. Am Dirigentenpult im Orchestergraben war Petre Sbârcea zeitlebens ein unschlagbarer Meister seines Fachs. Von 1991 bis 2000 stand er der Rumänischen Oper Klausenburg als Generalintendant voran. Seine Klasse an der Musikakademie „Gheorghe Dima“ hat zwei felsohne sehr gut ausgebildete Dirigenten wie Traian Ichim, József Horváth, Zsolt Jankó und Vladimir Lungu hervorgebracht, die ihrerseits im Graben und auf der Bühne seit vielen Jahren Musiker und Zuhörer überzeugen. Als gefürchteter wie begnadeter Professor legte Petre Sbârcea seinen Studenten nicht nur ein handwerkliches Rüstzeug an, sondern schärfte ihnen auch ein, in Philharmonie und Oper zu hospitieren. „Um zu lernen, wie der Dirigent eine Probe verhauen kann.“

Zu seinen Ex-Schülern in Klausenburg zählt auch der Hermannstädter Gabriel Bebe{elea, Chefdirigent der Nationalphilharmonie „George Enescu“ Bukarest und der Staatsphilharmonie

„Transilvania“. Petre Sbârcea selbst stammte aus dem Dorf Segarcea unweit von Craiova und studierte bei Lehrmeister Antonin Ciolan. Als hoch geachteter Exponent der alten Kapellmeister-Schule aus imperialer Zeit hatte Petre Sbârcea es im kommunistischen und bald postrevolutionären Rumänien kaum jemals ernsthaft schwer, sich in der anstrengenden Probenarbeit vor Orchestermitgliedern durchzusetzen. Und obwohl er in Oltenien geboren worden war und stets deftige Sprüche auf der Zunge parat hatte, mit denen er Mitglieder von Studenten- wie Berufsorchestern hin und wieder übertrieben verletzte, konnte er sich zu Ensembles oft auch sehr liebenswürdig verhalten. Wer ein anständiges Benehmen an den Tag legte, hatte von ihm eine Menge zu lernen.

In seinem Personalausweis war der 14. Januar 1932 als Geburtstag vermerkt, aber eigentlich bestand Petre Sbârcea darauf, schon am 27. Dezember 1931 geboren worden zu sein. Der diensthabende Bürgermeister von Segarcea sei erst nach dem Ausschlafen vom Rausch der Weihnachts- und Winterfeiertage zum Aufsetzen einer Geburtsurkunde ansprechbar gewesen. Auch später musste Petre Sbârcea lernen, sich trotz aller Widerstände durchzukämpfen. In Klausenburg trat er dem studentischen Schwimmsportverein bei, durfte deshalb in der Mensa um ein paar Kellen zusätzlich auf den Teller bitten und trainierte sich im Becken hart zum Landesmeister. Orchestermitglieder der Rumänischen Oper Klausenburg, die nach 1990 unter seiner Leitung auf Gastspielreise gingen, erlebten in den Hotelschwimmbecken einen Chef, dem keiner das Wasser reichen konnte.