Das fotografisch Beste aus aller Welt im Rathaus am Großen Ring

Fünf Sterne für Hermannstadts Internationalen Kunstfotografischen Salon

Links „Orizont“-Fotoclub-Vorsitzender Oscar Iustin, rechts Preisträger Jenö Major aus Hermannstadt mit Kopftuch des Magazins „National Geographic“, das Aufnahmen von ihm gedruckt hat. Foto: Klaus Philippi

Hermannstadt – Er ziehe es vor, eher wenig und am besten gar nichts zu sagen, schlussfolgerte Wahlrumäne Louis Guermond aus Frankreich als Juror des Internationalen Salons für Kunstfotografie in Hermannstadt/Sibiu, der Sonntag, am 29. Oktober, zum 24. Mal seit seiner Erstauflage 1982 mit der publiken Vorstellung von mehr als 100 ausgezeichneten Bildaufnahmen in Schwarzweiß und Farbe festlich beschlossen wurde. Auch und gerade im Experten-Quartett, das fast 4000 eingeschickte Fotos auf Qualität zu untersuchen hatte, herrscht Einigkeit über den tiefen Wahrheitsgehalt vom keineswegs banalen Spruch der „tausend Wörter“, die Weltklasse-Bilder in sich bergen. Zu etwas ausführlicherem Statement im touristischen Foyer des Rathauses am Großen Ring/Piața Mare aufgelegt war nur Jury-Mitglied Radu Stănese, der das „Schockierende“ an den prämierten Aufnahmen der Fotojournalismus-Wertung bestätigte, und ehrlich einräumte, wie viel Objektivität Urteilende sich selbst eigentlich auf die Karte schreiben dürfen: „Wir waren nicht objektiv, sondern nur so objektiv wie möglich. Und sind nicht Verfechter von künstlicher Intelligenz.“

Ausnahmslos alle 300 Schnappschüsse mit viel Köpfchen, die es in die engere Auswahl des aktuellen Hermannstädter Internationalen Kunstfotografischen Salons geschafft haben, sind das Gegenteil von Zufalls-Produkten. Der schwarzweiß mit nachdenklichem Blick auf den Rücken aufgenommene Frauenakt „Simțuri“ (Sinne) von Sigrid Cîrjan ist technisch zwar nicht eben makellos realisiert worden und überhaupt unscharf, zeigt aber absichtlich verschwommen die linke Hand einer verschränkt hinter sich Greifenden und habe just wegen optischen Interpretations-Spielraums seine Nominierung mit Silber verdient, erklärt Louis Guermond. Der zweifelsohne beste Platz auf den Schautafeln im Rathaus, die Montag, am 13. November, wieder abgebaut werden sollen, ist dem schwarzweißen Werkstatt-Porträt eines Töpfers von Fotograf Metin Gonen aus der Türkei geschenkt worden – dass der Träger des Sonderpreises zur Hommage an Fred Nuss (1934-2022) mit seinem Können in fotografischer Verwertung von Gegenlicht den Kopf der Ausstellung am Publikums-Eingang stellt, versteht sich von selbst. Manche Meister der Szene wie Ștefan Dorel Găina Gerendi übrigens, der an der erfolgreichen Teilnahme von Mariana Scubli seinen gewissen Anteil hat, sind gar persönlich als Modelle zu Sitzungen in das Foto-Studio gebeten worden. Und bei Betrachtung des Stilllebens „Composizione 50“ von Teilnehmer Roberto Biagi aus Italien kommen einem sofort die Tafelbilder von Giuseppe Arcimboldo als geschichtliche Vergleichsreferenz in den Sinn.

Marius Moga aus Hermannstadt wurde gleich mehrmals nach vorn zur Entgegennahme je einer Auszeichnung gerufen, und Jenö Major vom Gong-Theater, dessen unschlagbare Landschaftsbilder einfach nicht unbelohnt bleiben konnten, kam ebenfalls nicht umhin, seine Medaillen von Oscar Iustin ausgehändigt zu erhalten. „Sie waren stets hoch und werden es auch weiterhin bleiben, die Standards“, betonte der in Temeswar lebende Vorsitzende des veranstaltenden und vor genau 50 Jahren gegründeten Hermannstädter Foto-Clubs „Orizont“. Unter den Zielländern, wohin einige von den zig Preisen versendet werden, ist auch die Ukraine zu nennen. Ergänzend nicht unter den Staaten des Teilnehmerfelds vertreten war diesmal leider Russland. Dafür habe man erstaunt positiv von der zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder sehr starken Aktivität von Fotografen aus Europa Notiz genommen, fügte Louis Guermond informell hinzu. Die „fünf Sterne“ des Hermannstädter Internationalen Salons für Kunstfotografie, von denen Managerin Liliana Popescu begeistert sprach und die weltweit an insgesamt nur fünf Orten anzutreffen wären, sind überaus berechtigt. Jedes Vorbeischauen im Rathaus-Foyer bis zur Schließung der Preisträger-Ausstellung kann sie nur bestätigen, diese artistischen Sternstunden in geballter Menge und Qualität.