Das Mädchen mit den Glasaugen

Zur Premiere von „Coppélia“ am Hermannstädter Balletttheater

Dr. Coppélius ist von der Lebendigkeit seiner Puppe hingerissen. Foto: Andrey Kolobov

Hermannstadt – Zur letzten Premiere des Jahres lud am Mittwochabend das Hermannstädter Balletttheater ein: Auf der Bühne des Gewerkschaftskulturhauses wurde „Coppélia oder das Mädchen mit den Glasaugen“ aufgeführt. Die Choreografie zeichnete Mihai Mândruţiu, der zum ersten Mal mit dem Balletttheater von Hermannstadt/Sibiu gearbeitet hat. Im großen Saal gab es beinahe keinen freien Platz, wie es bei den Ballettaufführungen bereits zur Tradition geworden ist.

Die Handlung versetzt das Publikum in ein kleines Städtchen in Galizien. Die Geschichte hat einen komischen Charakter, das von keinen tiefen psychologischen Überlegungen beeinträchtigt wird. Es ist eine Liebesgeschichte zwischen Swanilda (Adela Floricioiu) und Franz (Mircea Munteanu), die kurzzeitig von einer menschenechten Puppe gestört wird, jedoch mit einer Hochzeit zwischen den beiden endet. Die Puppe Coppélia (Myrna Squire), die von Dr. Coppélius (Keston Meyer) geschaffen wurde, wird von den Bewohnern für ein echtes Mädchen gehalten und von vielen jungen Männern angebetet. Auch Franz stellt keine Ausnahme dar. Dies führt zu einem Bruch zwischen ihm und seiner Verlobten. Daraufhin dringt eine Gruppe junger Frauen zusammen mit Swanilda nachts in das Haus von Coppélius ein. Mit Erstaunen müssen sie feststellen, dass die Werkstatt des Doktors voller mechanischen Puppen ist, darunter auch Coppélia.

Auch Franz entschließt sich in derselben Nacht, in das Gemach von Coppélia einzudringen. Dort wird er vom Dr. Coppélius überrascht. Dieser reicht ihm nach einer kurzen Auseinandersetzung einen Becher Wein, dem Schlafmittel beigemischt wurde. Coppélius versucht nun mit Beschwörungen aus einem Zauberbuch die Seele von Franz auf Coppélia zu übertragen. Das gelingt ihm scheinbar, da die Puppe plötzlich zu tanzen beginnt. Jedoch weiß der Doktor nicht, dass sich hinter der Maske Swanilda versteckt. Der wieder erwachte Franz beginnt mit der angeblichen Puppe zu flirten, wird jedoch von Swanilda, die die Maske abnimmt, eines Besseren belehrt, zertrümmert die Werkstatt und flüchtet aus dem Haus. Die Geschichte nimmt ein glückliches Ende beim Fest zur Einweihung einer neuen Kirchenglocke. Die Großzügigkeit des Bürgermeisters (Russel Hewey) versöhnt alle miteinander.

Obwohl die Aufführung knapp über zwei Stunden dauert, ist es keine schwere Lektüre. „Coppélia“ gilt als das letzte Ballett der französischen Romantik, als die größte choreografische Komödie. Die zahlreichen Pantomime-Szenen und verschiedene Charaktertänze zeigen die Fähigkeiten der Tänzerinnen und Tänzer im besten Licht. Der Komponist Léo Delibes gestaltete das Ballett im Rhythmus eines Walzers, der durch zündenden Csárdás, die lebhafte Gigue oder den aufregenden Galopp unterbrochen wird. Obwohl der Choreograf Mândruţiu nur lobende Worte für das Hermannstädter Ballettensemble fand, das er als „sehr wertvoll“ bezeichnete, ließ die Leistung der Primaballerina zu wünschen übrig. Auch die Gruppenszenen könnten synchronischer gestaltet werden, denn sonst entsteht das Gefühl, dass jede Tänzerin und jeder Tänzer sich als Solotänzer glaubt. Erfreulich war im Gegensatz der Auftritt von Aleisha Gardner in der Rolle von Aurora. Auch das Bühnenbild von Rodica Kabdebo sollte gebührend gelobt werden.