Deutsche Sprache und Kultur in Rumänien (1918 – 1933)

Zwei Bände sind das Ergebnis eines umfangreichen Forschungsprojekts

Die beiden Projektkoordinatoren Rudolf Gräf und Andrei Corbea-Hoișie kamen ins Banat, um das Ergebnis einer umfangreichen, mehrjährigen Forschungsarbeit vorzustellen. Gastgeber war die Zentrale „Eugen Todoran“-Universitätsbibliothek unter der Leitung von Vasile Docea. Foto: Raluca Nelepcu

Temeswar - „Limbă și cultură germană în România (1918 – 1933)“ betiteln sich die beiden jüngsten Bände, die der Professor an der Babe{-Bolyai-Universität in Klausenburg/Cluj-Napoca, Dr. Rudolf Gräf, der zugleich Leiter des Hermannstädter Forschungsinstituts für Geisteswissenschaften der Rumänischen Akademie ist, zusammen mit Prof. Dr. Andrei Corbea-Hoișie von der Alexandru-Ioan-Cuza-Universität in Jassy/Iași vor wenigen Tagen in Temeswar/Timișoara vorgestellt hat. Die Buchvorstellung beherbergte die Zentrale „Eugen Todoran“-Bibliothek der West-Universität, deren Leiter, Prof. Dr. Vasile Docea, als Gastgeber und Moderator der Veranstaltung fungierte. „Die wissenschaftliche Literatur ist nun reicher geworden. Diese Bände sind eine Abhandlung und keine Synthese. Das Thema ist sehr breit gefächert, aber Sie können in den Bänden auch Fallstudien finden“, so Bibliotheksleiter Vasile Docea zu den beiden im Polirom-Verlag erschienenen Büchern.

Die beiden Bände sind das Ergebnis eines großangelegten Forschungsprojekts, an dem Universitätsprofessoren zusammen mit Doktoranden und jungen Forschern gearbeitet haben. Professor Andrei Corbea-Hoi{ie erklärte, wie das Projekt geboren wurde bzw. welche Hürden die Forscher zu bewältigen hatten. 2016 hatte es einen Projektwettbewerb des rumänischen Forschungsministeriums gegeben. Aus den 170 eingereichten Projekten wurden schließlich 20 ausgewählt, darunter auch jenes, bei dem die Universitätsprofessoren Rudolf Gräf und Andrei Corbea-Hoișie als Koordinatoren fungieren sollten. Die Bedingung des Ministeriums war, dass bei der Projekterarbeitung Forscher aus zwei Universitätszentren in Rumänien engagiert sind. Es gab also ein großes Team aus rund 40 Forschern von der Universität in Jassy und der Babeș-Bolyai-Universität in Klausenburg, hinzu kamen aber auch Spezialisten aus Hermannstadt/Sibiu, Temeswar/Timișoara und dem Ausland, die gemeinsam an dem Forschungsvorhaben arbeiteten. Nicht nur Historiker, sondern auch Germanisten, Soziologen, Philosophen, Experten auf dem Gebiet der Minderheitengeschichte, u.v.m. leisteten einen Beitrag zu dem Projekt, das nun konkret in Form zweier Bände in den Händen gehalten werden kann.

„Die Arbeitsbeziehungen waren absolut kollegial, einzig und allein die Pandemie zog uns einen Strich durch die Rechnung, denn es waren viele Ausfahrten, sowohl in Rumänien, als auch im Ausland geplant, die plötzlich nicht mehr stattfinden konnten. Doch nach dem Jahr 2020 konnten wir dann schon besser arbeiten, sodass wir im Dezember 2022 unseren Abschlussbericht einreichten“, erklärte Prof. Andrei Corbea-Hoișie.

Die beiden Bände, die die deutsche Sprache und Kultur nach dem Ersten Weltkrieg in Rumänien unter die Lupe nehmen, versuchen auf mehrere Fragen Antworten zu bieten. „Welche Rolle hat der Kontakt der rumänischen Wissenschaftler mit dem deutschsprachigen wissenschaftlichen und sprachlichen Raum gehabt? Was hat es Rumänien gebracht, wenn rumänische Physiker, Mathematiker, Philosophen, usw. in Deutschland oder Österreich studiert haben? Eine weitere Frage wäre: Welche Rolle hat die deutsche Minderheit in diesem neuen Kontext nach 1918 auf kultureller, wissenschaftlicher, wirtschaftlicher Ebene gehabt?“, sagte Prof. Rudolf Gräf. „Der erste Band konzentriert sich eher auf das Thema der Wissenschaftler, die im Ausland studiert haben, zurückgekehrt sind und hier Institute oder Forschungseinrichtungen gegründet haben, während der zweite Band vor allem die deutschen Minderheitengruppen behandelt“, fügte Rudolf Gräf hinzu. Das Buch versucht u.a. auch, einige mentale Klischees abzubauen, die nach dem Ersten Weltkrieg bei der rumänischen Bevölkerung über Generationen geblieben seien, so Prof. Andrei Corbea-Hoi{ie. „Zum Beispiel die Einstellung, dass Minderheiten ein Störfaktor gewesen sind. Rumänien war 1918 schon ein bisschen überrascht von der großen Dimension der Minderheitenpräsenz. Die Deutschsprachigen waren, wenn wir die Bukowiner Juden mitnehmen, zirka 900.000 Menschen. Andererseits hat man den nationalen Ethos sehr direkt proklamiert und in dieser Vorstellung passten Minderheiten nicht“, erklärte Andrei Corbea-Hoișie.

Es sei nicht leicht gewesen, das Forschungsprojekt zu koordinieren, schließlich waren es insgesamt über 50 Leute, die an dem Band gearbeitet haben. Auch das Abstimmen der Generationen sei eine Herausforderung gewesen, jedoch – so Professor Gräf – konnten auch die bewährten Forscher von den jungen Menschen, die einen gewandten Umgang mit den neuen Mitteln der Technik haben, vieles lernen. „Die Bücher könnten von zwei Kategorien gelesen werden: von Rumänen, die etwas über die rumänische Kulturgeschichte für diese Zeit erfahren wollen, und von den in Rumänien lebenden und den ausgewanderten Deutschen, die sehen wollen, was in dieser Zeit geschehen ist“, sagte Rudolf Gräf.

Die beiden Bände „Limbă și cultură germană în România (1918 – 1933). Realități postimperiale, discurs public și câmpuri culturale“ wurden auch in Reschitza, im Banater Bergland, vorgestellt und sollen am 23. Oktober im Deutschen Kulturzentrum Jassy präsentiert werden.