Die fünften Kulturtage der Roma

Florin Cioabă widerspricht der Bundeskanzlerin in der Frage der Multikulturalität

Das Tanzen liegt im Blut, bewiesen die Kinder aus Reußdörfchen. Foto: die Verfasserin

Hermannstadt - Wir wollen ein anderes Gesicht unserer Gemeinschaft zeigen als jenes, das in den Medien zu sehen ist, sagte Florin Cioabă, der „König“ der Roma und Vorsitzende des Christlichen Zentrums der Roma in Hermannstadt/Sibiu. Präsentiert wurde am Wochenende am Kleinen Ring/Piaţa Mică das handwerkliche Können beim Handwerkermarkt der Roma und am Sonntagnachmittag auf der Bühne im Freilichtmuseum im Jungen Wald Ausschnitte aus der Kultur.

Angeboten haben die Kesselschmiede, Holzschnitzer und Schmuckhersteller ihre gewohnten Erzeugnisse nebst authentischen Antiquitäten und viel übriggebliebenem Hausrat. In einer dreieinhalbstündigen Schau zeigten feurige Tänzerinnen und Tänzer sowie Musiker ein vielseitiges Programm. Berühmt ist die Tanzgruppe Romano Step aus Neumarkt/Tg. Mureș für die unglaubliche Geschwindigkeit ihrer Beinbewegungen, beeindruckend auch heuer die fünf Tänzerinnen und der Sänger des Ensembles „Șatra“ aus Chișinău. Die Grundschüler aus Reußdörfchen/Rusciori und die schon etwas größeren Kinder aus Halvelagen/Hoghilag bewiesen, dass das Tanzen den Roma im Blut liegt. Die Veranstaltung eröffnet hatte die bekannte Kapelle „10 Prăjini“, für Stimmung sorgte Elvis Romano, der in Romanes, Rumänisch und Englisch sang und das Publikum unterhielt. Klassische und jazzige Klänge stimmte die bekannte Sängerin Lavinia Răducanu und ihre Musikergruppe Rromak an.

Die Vorstellung unter dem Titel „Auch Roma haben Talent“ (in Anspielung an die Sendung eines privaten Fernsehsenders) bildete den Abschluss der in Hermannstadt/Sibiu ausgetragenen fünften Ausgabe der Kulturtage der Roma, die bis zum 8. September ihre Fortsetzung in Horezu hat. Eröffnet wurde die Veranstaltung am Samstagvormittag im Schatzkästlein mit einem Symposium. Zu den diesjährigen Roma-Tagen waren außer Vorsitzenden mehrerer inländischer Roma-Verbände auch bedeutende internationale Repräsentanten der Roma angereist. Angesagt waren Beratungen und Debatten über die von der rumänischen Regierung in der Romafrage angebotene Strategie, mit der die meisten Roma-Verbände nicht einverstanden sind. Als Fortschritt wertete Florin Cioabă, dass die Regierung die Roma-Verbände diesmal konsultiert, entsprechend werde man Novellierungsvorschläge erarbeiten und einreichen. Ihr Fachwissen brachten u. a. Stanislaw Stankiewicz (Polen) und Viktor Famulsen (Schweden), der Präsident und einer der Vizepräsidenten der Internationalen Roma Union (IRU), Rudko Kawczynski, der Präsident des European Roma and Travellers Forum (ERTF) und Andrzej Mirga von Seiten der OSZE ein. Zu den Teilnehmern an Debatten und Veranstaltungen gehörten u. a. ferner die Roma-Aktivistin Letiția Mark und Mihaela ătreanu, die Leiterin des Kulturzentrums Romano-Kher. Als Übersetzer und Moderator wirkte Dorin Cioabă.

Verschlechtert habe sich die Lage der Roma in ganz Europa, erklärte Florin Cioabă, auch stellvertretender Vorsitzender der Internationalen Roma Union. Deswegen sei es wichtig, eine angemessene Strategie für die Roma in Rumänien zu erarbeiten und umzusetzen. Cioabă widersprach Bundeskanzlerin Angela Merkel, die die multikulturelle Gesellschaft als gescheitert erklärt hat. Das Zusammenleben der Kulturgemeinschaften in Hermannstadt beweist, dass dem nicht so ist, sagte er.