Ein Italiener aus schottischer Schule und mit Berliner Erfahrung

Brukenthalmuseum zeigt Meisterstücke von Domenico Cunego

Rechts im Bild Raluca-Georgiana Cobuz (mit Brille, gestikulierend) im Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen, die sie als Kuratorin der Ausstellung beglückwünschten. „Es war meine Entscheidung, den Kupferstichen ein Passepartout im Farbton Lila zu geben“, sagt eine der jüngsten Fachkräfte des Brukenthalmuseums. Foto: Klaus Philippi

Hermannstadt – Auch wenn Kupferstecher im Italien des 18. Jahrhunderts noch kein ungewöhnlicher Beruf war, zeichnete sich Domenico Cunego (1727-1803) dennoch bereits zu Lebzeiten als ein Großmeister seines Fachs aus. Das 1773 in Rom vom schottischen Maler, Archäologen und Kunsthändler Gavin Hamilton vorgestellte Album „Schola Italica Picturae“ mit 41 Kupferstichen berühmter Gemälde aus Kultstätten, Palästen und Galerien der italienischen Hauptstadt verhalf Domenico Cunego zum Durchbruch. Dass der gebürtige Veroneser und mutmaßliche Autodidakt auch unter den Autoren im Inventar des Brukenthalmuseums vertreten ist, rührt nicht von ungefähr. In Hermannstadt/Sibiu wartete Samuel von Brukenthal aufmerksam den Zeitpunkt der Veröffentlichung des zitierten Albums in Wien ab und schlug sofort zu, als es möglich war, ein Exemplar davon zu kaufen. Für Domenico Cunego und seinen Nachlass bedeutete die Vernissage am Mittwoch, dem 20. April, im Kupferstich-Kabinett des Brukenthalmuseums natürlich längst keine Premiere mehr. Gravuren aus seiner unnachahmlichen Hand zählten in jüngsten Jahren bereits mindestens einmal schon zu einer Sammelausstellung im ältesten Museum des modernen Rumänien. Diesmal aber gehört ihm das Kabinett des Brukenthal-Palais ganz alleine. Die einundzwanzig Kupferstiche, mit denen er auf dem Zenit seiner Karriere im Album „Schola Italica Picturae“ Furore machte, stehen Hermannstadts Museumsgängern noch bis Sonntag, den 22. Mai, gegen einen Ticketkauf zur Verfügung. Es sind „Reproduktions-Kupferstiche“, wie Dr. Alexandru Sonoc anmerkt.

Fast alle stellen sich den Besucheraugen in restaurierter Qualität entgegen und verkörpern „die Bemühungen Brukenthals, Quellen von künstlerischer Information zugänglich zu machen“, wie der leitende Kurator der Sammlung für Europäische Malerei am großen Haus Hermannstadts fortfährt. Ankauf von Alben diente damals dem Bilden künstlerischen Geschmacks und manchmal sogar der Ausbildung autochthoner Künstler, so Dr. Alexandru Sonoc. Eine gängige Praxis der Epoche, die sich gut an Maler Franz Neuhauser nachverfolgen lasse.

Die genaue Platzierung der besagten Kupferstiche von Domenico Cunego in den Schaukästen des Kabinetts im Brukenthalmuseum hat Raluca-Georgiana Cobuz zurechtgelegt. Gleich eines der ersten Exponate zeigt die 1771 nach einem originalen Gemälde von Guido Reni gearbeitete Kopie des Bildnisses von Lot in Begleitung seiner Töchter auf der Flucht aus Sodom. Im Kontrast dazu steht daneben der ein Jahr zuvor angefertigte Kupferstich nach dem „Verlorenen Sohn“ von Guercino. Und nicht weit weg davon findet sich die 1773 gestochene Reproduktion eines Porträts von Prophet Mose aus dem manieristischen Atelier von Maler Parmigianino. Domenico Cunego hat den von Gott bestellten Überbringer des Mosaischen Gesetzes seinem Handwerk entsprechend zwar in kantigem Schwarzweiß nachgezeichnet, doch den Ausdruck des Originals unverändert beibehalten: auch in der Gravur, die aktuell im Brukenthalmuseum besucht werden kann und dem Plakat der Ausstellung als Kulisse dient, ist nicht eindeutig zu erkennen, ob Mose die von ihm selber in die Höhe gestemmten Gesetzestafeln gerade eben erst erhalten hat oder schon drauf und dran ist, sie vor sich nach unten auf den Boden werfend zu zerschmettern.