Kesselfabrik verbarg Friedhof aus dem 17. Jahrhundert

Archäologen fanden 30 Gräber am Ufer des Zibins in Hermannstadt

Hermannstadt - Einen Friedhof aus dem 17. Jahrhundert untersuchten Archäologen in den vergangenen Wochen in Hermannstadt/Sibiu auf dem Gelände der früheren Metallwaren- und Dampfkesselfabrik der Gebrüder Gustav und Wilhelm Fabritius.

Gefunden haben die Forscher auch die Überreste der Gießerei aus dem 19. Jahrhundert sowie Inventar aus dem 14. Jahrhundert. Zu-letzt befand sich auf dem Grundstück der Reußbachgasse/Str. Rusciorului 2 die Kesselfabrik der Indepen-den]a-Werke, welche im August 2009 abgetragen wurde. Die Archäologen waren dementsprechend überrascht, die Gräber aus der Vormoderne dort zu entdecken. Auf dem rund 8800 Quadratmeter umfassenden Gelände will unter anderem ein Lebensmittel-Discounter eine neue Filiale errichten.

Das ASTRA-Museum erklärte, dass es sich um die größten Ausgrabungen der letzten zwanzig Jahre handelte. Sie wurden auf Ersuchen der Kulturdirektion des Landkreises durchgeführt, da sich entsprechend einer Studie aus dem Jahr 2018 schon vor dem Bau der ersten Fabrik im Jahr 1872 auf dem Gelände dörfliche Gärten und Häuser befunden haben sollen.

Zehn der 30 untersuchten Gräber hatten als Inventar eine Münze, die früheste wurde im Jahr 1577 ausgegeben und die letzte Münze im Jahr 1619. „Wir glauben, dass der Friedhof aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts stammt, da er in der ersten Josephinischen Landesaufnahme, die zwischen 1769 und 1773 durchgeführt wurde, nicht aufgezeichnet ist. Zu dieser Zeit gab es nicht einmal mehr die Erinnerung an diesen Ort“, erklärten die Archäologen gegenüber der Hermannstädter Tageszeitung „Turnul Sfatului“.

Die meisten Gräber wurden für Kinder angelegt. Auf der Grundlage der bisher gewonnenen Informationen scheint sich der Friedhof innerhalb kürzester Zeit entwickelt zu haben. „Es ist möglich, dass ein unvorhergesehenes Ereignis eingetreten ist, vielleicht eine Pestepidemie, die in sehr kurzer Zeit zum Tod der Betroffenen führte“, erklärten die Forscher. Nun sollen bioarchäologische Analysen weitere Informationen liefern. „Alle entnommenen Skelette werden unter diesem Gesichtspunkt am Francisc-Iosif-Rainer-Institut für Anthropologie der Rumänischen Akademie untersucht, damit wir zusätzliche Daten zu Geschlecht, Alter und möglichen Gesundheitsproblemen erhalten.“

Neben dem Friedhof sowie den Gebäudespuren fanden die Archäologen auch ein vielfältiges Inventar von Keramik-, Glas-, Geld- und Metallstücken aus dem 14. bis zum 20. Jahrhundert. Durch weitere Untersuchungen in den angrenzenden Flächen soll noch geklärt werden, ob es sich dabei um einen isolierten Fund handelt. Die Gegenstände befinden sich bereits zur Restaurierung im ASTRA-Museum.