Kirchenburgen-Gespräch mit den Beauftragten der Stiftung selbst

„Wie viele Besuche im Jahr muss man machen, dass nichts kaputt geht?“

Hermannstadt – „Fachleute zahlreicher Gewerbe unterstützen das Team anlass- und projektbezogen“, stellt das sieben Personen beschäftigende Büro der Stiftung Kirchenburgen der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien (EKR) sich selbst auf seiner permanenten Homepage vor. Einen eigenen Bautrupp zu haben und finanziell zu unterhalten, wäre sicher „ideal“ und „ein mittelfristiges Ziel“, sei aber wegen der Covid-Pandemie bis dato nicht möglich gewesen, führte  Stiftungs-Geschäftsführer Philipp Harfmann Donnerstag, am 8. Dezember, ins Feld des letzten Kirchenburgen-Gespräches vor Jahresende 2022. Es fand abends online statt und kam für diesmal ohne Teilnahme und Zuschaltung externer Podiums-Gäste aus. Regional, national und international bekannte Berufstätige wie etwa Architekt Eugen Vaida, Musikwart Jürg Leutert, Orgelbauer Hermann Binder, Reiseführer Cătălin Mureșan, Architekt Hermann Fabini, Heimatortsgemeinschaft (HOG)-Mitglied Michael Folberth oder EKR-Hauptanwalt Friedrich Gunesch hatten schließlich in der mittleren und jungen Vergangenheit genügend häufig je einmal die Einladung zum Erörtern von Antworten auf teils brennende Fragen vom Stammpublikum der Kirchenburgen-Gespräche erhalten und liebend gerne angenommen. Dass Sebastian Bethge, Beauftragter der Stiftung Kirchenburgen für Denkmalpflege, Ruth István als Stiftungs-Referentin für Fachtourismus und Öffentlichkeitsarbeit, Philipp Harfmann und Moderator Stefan Bichler, Pressesprecher der EKR, das jüngste Kirchenburgen-Gespräch selber im Quartett bestritten, tat dem Diskurs über die spezifische Kulturlandschaft keinen Abbruch.

Die vier Protagonisten der eineinhalbstündigen Podiums-Debatte hatten es nicht im Geringsten darauf angelegt, die Sache exklusiv unter sich auszumachen. Im Chatroom der Begegnung auf Zoom trafen sie aus Berlin, Arbegen/Agârbiciu, Brüssel, München, Bad Kissingen und Groß-Alisch/Seleuș ein, die Guten-Abend-Grüße, von den allein zuhörenden wie zuschauenden Gesprächs-Gästen aus dem In- und Ausland zahlenmäßig noch weitest übertroffen. „Die Stiftung ist nicht Eigentümerin der Kirchenburgen“, sagte Philipp Harfmann. Entgegen einer fünfjährigen Geschichte der Veranstaltungsreihe schien es ihm „vielleicht einfacher“, nur auf „zwei bis drei Jahre“ Kirchenburgen-Gespräche zurückzublicken. Dass u.a. in Irmesch/Ormeni{, Braller/Bruiu, Marienburg/Hetiur und auch Großlasseln/Laslea 2022 mithilfe bundesdeutscher Finanzmittel ein Dächer-Programm Fahrt aufgenommen hat, sieht der Geschäftsführer der Stiftung Kirchenburgen positiv – in den Jahren von 2006 bis 2008 hätten er und seine Mitarbeiter sich Vergleichbares „nicht gedacht“. Doch die Visionen des vor bald zwei Jahren verstorbenen Architekten Steffen Mildner (1948-2021) aus Leipzig, dem Gründer der Kirchenburgen-Leitstelle und Stiftungs-Vorgängerin, werden fortgeführt. Wieder näher in den Horizont rücken könne auch das aufwendige Projekt einer Inventarisierung aller Kirchenburgen, deren Zahl bekanntlich bei über 160 steht. Agnes Ziegler aus Kronstadt/Bra{ov habe eine Machbarkeitsstudie dafür erstellt, so Harfmann. „Ein erster Schritt ist gemacht worden.“

„Jeder ist seines Glückes Schmied“, betonte Sebastian Bethge. Es gebe „keinen Akteur, der für alle Kirchenburgen verantwortet und sie erhalten muss oder nicht.“ Setzen von Prioritäten wäre auch für die Stiftung Kirchenburgen unverzichtbar. Und „wir planen keine Hebebühne anzuschaffen“, da sich ihre Handhabung schlecht auf die Gegebenheiten der Kirchenburgen im Terrain übertragen lasse. Eine im Chatroom des Gespräches überaus aktive Zuhörerin sah es als begründet an, Bethges Absage an die Hebebühne freundlich zu widersprechen.

Weder an letzter Position noch auf der Spitze der Bedürfnisse nicht-siebenbürgischer Touristen stehen die Kirchenburgen, hielt Ruth István statistisch fest. Am wichtigsten wären den Gästen „Kultur und Tradition“, während die Nachfrage von Angeboten für aktiven Tourismus am vergleichsweise geringsten abschneide. Aber auch der habe erstaunlich zugenommen und sich in den Jahren 2018 bis 2021 mehr als verzehnfacht. Ein Kontext, vor dem Sebastian Bethge sich für jede einzelne Baustelle und jeden Workshop umso mehr freut. Denn „die meisten Kirchen im dörflichen Raum werden nicht gottesdienstlich genutzt.“ Ob weiterhin Angst vor Verunstaltung angebracht ist? Nein, findet der Denkmalpflege-Beauftragte der Stiftung Kirchenburgen der EKR. „Mein Eindruck ist, dass der Vandalismus abgenommen hat.“ Ein Glück, sich schon jetzt darauf verlassen zu können, dass Themen wie Diebstahl und mutwillige Zerstörung auch weiterhin nicht so bald zentral auf dem Tisch der Kirchenburgen-Gespräche landen werden. Das nächste übrigens soll laut Auskunft von Moderator Stefan Bichler bereits im Februar 2023 stattfinden.