Ungebrannter Lehm als Mahnmal auf Eingreifen zur rechten Zeit

Ein Restaurator in Ausbildung wirbt für flächendeckendes Retten der dörflichen Kulturlandschaft

Die zwei klobigen Modelle aus Styropor sind nichts anderes als Kopien von Häusern in einem spießigen Baustil, dem besonders Neureiche verfallen sind. Für Cornel [imon steht natürlich außer Frage, welche Baukultur immer häufiger das Nachsehen hat und genau darum dringend noch mehr geschützt zu werden verdient. Die auf den Ausstellungstisch gestreuten Splitter Farbe stammen von blauen Bauernhäusern der Region, denen Restaurator Stefan Vaida beim Ausbleiben flächendeckend rettender Strategien nur noch fünf Jahre Lebensdauer voraussagt. Foto: Klaus Philippi

Hermannstadt – Er studiert seit drei Jahren an der Außenstelle der Ion-Mincu-Universität Bukarest für Architektur und Städtebau in Hermannstadt/Sibiu und ist sich darüber im Klaren, mit seinem Fingerzeig auf die weit fortgeschrittene Brüchigkeit des immobilen Kulturerbes in etlichen Gemeinden vom dörflichen Umkreis seines Wohnorts in kein unbekanntes Terrain vorgestoßen zu sein. Die Art und Weise jedoch, wie Cornel Șimon diesen überhandnehmenden Missstand zu einer künstlerischen Ausstellung im Hermannstädter Lokal der Innung der Architekten Rumäniens (Uniunea Arhitecților din România, UAR) verarbeitet hat, kommt wirklich einer Premiere gleich. Und für die einzige Hermannstädter Filiale der Architektur-Hochschule Bukarests ist die Tatsache, dass einer ihrer Studenten über den sehr stark gefährdeten Zustand des rural unverfälschten Kulturerbes von Râu Sadului (Zoodt-Tal), Rășinari, Poplaca, Klein-Talmesch/Tălmăcel, Galeș, Poiana Sibiului, Thalheim/Daia sowie Rothberg/Roșia genau Bescheid weiß, ein Qualitäts-Zeugnis, dem auch Laien einfach nicht misstrauisch begegnen können. Samstag, am 24. Februar, hat Nachwuchs-Restaurator Cornel Șimon die aus Lehm geformten Wohnhaus-Modelle seines Ausstellungs-Projekts „RłMÂI & nu te întoarce“ im heimeligen Veranstaltungsraum der UAR in Hermannstadt präsentiert. Zehn handgroße Kopien ebenso vieler Bauernhäuser in ungepflegtem bis sehr schlechtem Zustand. Nur ein einziges von ihnen scheint derzeit noch bewohnbar. Allen anderen fehlen entweder die Geschlossenheit des Dachstuhls oder gar sämtliche Wände bis auf das Straßentor und Restbestände der Fassade zur Dorfgasse hin.

Cornel Șimon aber, der selber ein altes Haus in Poplaca bewohnt, fordert zu genau dem auf, was die Überschrift seiner Expo besagt: zum Bleiben statt Umkehren. Nur Meißel, wie sie jeder Baumarkt auf Lager hat, sind beim Anfertigen der lebensecht nachgebauten Modelle einsturzgefährdeter oder bereits in sich selbst zerfallener Familienhäuser zum Einsatz gekommen. Dass allein mit Meißeln und im selben Maßstab auch völlig intakte Konstruktionen hätten reproduziert werden können, liegt dabei erschreckend realistisch auf der Hand. Mitten ins Schwarze trifft zudem die Entscheidung von Cornel Șimon, die Modelle aus Lehm nicht durch Hitze eines Backofens nachbehandelt und gehärtet zu haben, um die natürliche Vergänglichkeit zu markieren, die im richtigen Terrain zu gleichen Teilen sowohl für Häuser als auch Bewohner gilt. „Was wird zuerst einknicken, das Modell oder das richtige Haus, dem es nachgebaut wurde?“, fragt der Ausstellende in eine Szene hinein, die mehr und mehr Deckungsgleichheit mit der „Dekonstruktion des traditionell-lokalen Lebens“ annimmt. Gemeint ist damit selbstverständlich der Raum, worin „jedes Wort, jede Geste und jedes Detail zählen, wenn wir unsere Achtung auf die Rettung des Kulturerbes richten.“ Die Biografie von Cornel Șimon gründet nicht von ungefähr eben auch auf Freiwilligen-Tätigkeit bei der „Ambulanța pentru Monumente“, auf der Teilnahme an Architektur-Sommerschulen wie jener an der siebenbürgisch-sächsischen Kirchenburg Schönberg/Dealu Frumos und auf Förderung des Projekts für die Patenschaft eines Hauses in Roșia Montană. Partner der Expo „RłMÂI & nu te întoarce“ in der UAR-Zweigstelle ist das Hermannstädter Druckerei-Museum und -Atelier (MATS).