Wohnhaus von Horst Klusch droht Abriss

Handelt Europas 14 Jahre alte Kulturhauptstadt sich selbst zuwider?

Hermannstadt – Architekt Marius Cosmin Roșca hat dem Bürgermeisteramt Hermannstadt/Sibiu im März 2020 unter dem Logo der GmbH S.C. RO CADPLAN SRL-D einen Detaillierten Plan für Verstädterung (Plan Urbanistic de Detaliu, PUD) eines Teilabschnittes der Lector-Straße in der Elisabeth-Vorstadt und dem Lazarett-Stadtviertel vorgelegt. Die Projekt-Dokumentation zielt darauf, das Haus von Straßennummer 8 abzureißen, durch eine neu zu bauende Immobilie zu ersetzen, wird unter der Bezeichnung „P.U.D. - Demolare construc]ie existentă si construire imobil, imprejmuire si reabilitare branșamente“ geführt und ist im Auftrag von Uwe Harald Deutschländer entstanden. Die Lector-Straße verläuft entlang der Promenada Mall, die im Herbst 2019 hier inmitten des mehrere Hundert Jahre alten Lazarett-Viertels in Bahnhofsnähe eröffnet wurde. Im Haus Nummer 8, das von einem brachliegenden Vorgarten umgeben und laut einschüchterndem Fensteraufkleber mit Alarmanlage ausgestattet ist, hat bis zu seinem Tod am 16. Dezember 2014 der siebenbürgisch-sächsische Heimatforscher und begnadete Volkskunst-Sammler Horst Klusch (Jahrgang 1927) gelebt.

Architekt Eugen Vaida aus Alzen/Alțîna im Harbachtal/Valea Hârtibaciului, Vorsitzender des Vereins Monumentum, hat die zuständige Kultur-Verwaltungsleitstelle des Verwaltungskreises Hermannstadt (Direcția Județeană pentru Cultură, DJC) am 5. Februar 2021 schriftlich um Eröffnung des Verfahrens zur Klassierung des Hauses Nummer 8 in der Lector-Straße als Gedenkhaus angesucht und bis dato keine Antwort hierauf erhalten. Kommenden Freitag, am 5. März, endet die gesetzlich vorgegebene Frist von 30 Tagen, innerhalb derer Ciprian Iulian Toroczkai, interimistischer Direktor der DJC Hermannstadt, Dozent an der Fakultät für Orthodoxe Theologie der Lucian-Blaga-Universität Sibiu (ULBS) und Mitglied des an der ULBS geführten Instituts für Ökumenische Forschung Hermannstadt (IÖFH), auf das schriftliche Ansuchen von Eugen Vaida antworten kann und muss.

Der in Alzen wohnhafte Architekt beruft sich auf Artikel 13, Absatz 2, Buchstabe d des Gesetzes 422/2001, der die betreffende DJC verpflichtet, dem Verfahren ohne Rücksicht auf das Votum der zuständigen Regionalen Kommission für Historische Baudenkmäler (Comisia Zonală a Monumentelor Istorice, CZMI) stattzugeben und den Inhaber der Immobilie umgehend von der Verfahrenseröffnung in Kenntnis zu setzen. Die für die Verwaltungskreise Hermannstadt, Alba und Muresch zuständige CZMI Nr. 9 hat den Abriss des Wohnhauses von Horst Klusch bereits gutgeheißen. Eugen Vaida hat seine Mitgliedschaft in der CZMI Nr. 9 im August 2020 aufgekündigt, bezeichnet sie als „Kommission der Demolateure“ und hat bei der DJC Hermannstadt nebst dem aktuellen Ansuchen auch ein weiteres Anschreiben älteren Datums anhängig, auf das ebenfalls noch nicht geantwortet wurde. „Selbst wenn Direktor Toroczkai auf das aktuelle Ansuchen des Vereins Monumentum nur ganz knapp vor Ablauf der Frist antworten sollte, entbindet ihn dies nicht davon, den Inhaber der Immobilie schnellstmöglich von der Eröffnung des Verfahrens auf Klassierung zu benachrichtigen. Sollte er die Verfahrenseröffnung jedoch unterlassen, zieht der Verein Monumentum in Betracht, ihn gerichtlich anzuklagen.“

Ciprian Iulian Toroczkai wurde im Herbst 2020 interimistisch zum Direktor der DJC Hermannstadt berufen, nachdem sein ebenfalls interimistischer Vorgänger Marius Oltean, Geschäftsführer der Filiale Rumänien des internationalen Blaukreuz-Suchthilfevereins und seinerseits Nachfolger des mittlerweile auf eigenen Wunsch ausgeschiedenen orthodoxen Theologen Valentin Delc², vom umkämpften Leitungsamt auf der Hermannstädter Quergasse Hausnummer 6 zurückgetreten war (siehe weitere Details zur Vorgeschichte im Artikel „Kultur braucht Schutzschild gegen Kitsch“ in der ADZ von Donnerstag, dem 26. November 2020). Auf telefonische Nachfrage, ob er den Inhaber des Hauses Nummer 8 der Lector-Straße von der Eröffnung des Verfahrens zur Klassierung als Gedenkhaus benachrichtigt habe, war Toroczkai nicht zu antworten bereit.

Horst Klusch, dem 2007 die Ehre der Auszeichnung mit dem von Dr. Beatrix und Hans-Christian Habermann gestifteten Preis der Münchener Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung zuteil wurde, ist als Gründer des heute bereits über 50 Jahre alten Hermannstädter Töpfermarktes/Târgul Olarilor de la Sibiu in die Geschichte von Region und Land eingegangen und war am 5. September 2013 von Ex-Bürgermeister Klaus Johannis zum Ehrenbürger Hermannstadts ernannt worden. Für den historiographischen Wert seines 87 Jahre langen Lebens bürgt die Veröffentlichung zahlreicher Bücher und Bildbände. Die Homepage des Erasmus-Büchercafés in der Altstadt von Hermannstadt verzeichnet seine letzte Publikation auf das Erscheinungsjahr 2011 („Siebenbürgische Goldschmiedekunst“, 346 Seiten, Honterus-Verlag). Uwe Harald Deutschländer ist Nachfahre von Horst Klusch.

Die Zivilgesellschaft und die ihr angehörende siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft sollten sich eingeladen fühlen, sein Andenken und Erbe aktiv zu wahren. Eugen Vaida befindet, dass „das Bürgermeisteramt moralisch in der Bringschuld steht, das DJC Hermannstadt zu einer Stellungnahme bezüglich des Werts vom Wohnhaus Horst Kluschs aufzufordern.“