Wortloses Jugendtheater im Spiegel einer unschlüssigen Zeit

Probenarbeit in Freiburg im Breisgau auch für Hermannstadt

Momentaufnahme einer Vorstellung von der Probenarbeit des Projekts „People. Power. Partnership“ in Freiburg im Breisgau. Foto: Jennifer Rohrbacher

Hermannstadt - Die acht Jugendlichen aus Rumänien im Alter von 18 bis 25 Jahren, die Mitte Februar 2021 in Hermannstadt vor einer Jury des Aktionstheaters PAN.OPTIKUM aus Freiburg im Breisgau das Probespiel für ihre Teilnahme am internationalen Körpertheater-Projekt „People. Power. Partnership“ gewonnen und seither gemeinsam mit Gleichaltrigen aus Deutschland, Dänemark, Kroatien, Litauen, Lettland, Spanien, Portugal, Großbritannien, Schweden und Italien etappenweise körperlich anstrengende wie künstlerisch qualitative Arbeit auf der Bühne geleistet haben und es noch bis einschließlich Oktober 2024 tun werden, zählen für den international bestens vernetzten Schauspiel-Intendanten Constantin Chiriac und den eng um ihn versammelten Verwaltungsapparat der lokalen Szene zweifelsohne als „Botschafter“ des Radu-Stanca-Theaters Sibiu (TNRS). Sonntag, am 18. September, sind sie alle nach Freiburg im Breisgau gereist, um als Mitglieder des zweiten von drei Teilensembles und unter der künstlerischen Leitung des Teams vom Aktionstheater PAN.OPTIKUM mehrere Wochen lang für die schließende Großproduktion des Projekts „People. Power. Partnership“ zu proben. Ein Vorgeschmack jener choreografischen Inszenierung für insgesamt 104 Tänzerinnen und Tänzer, die den Auftakt des Internationalen Theaterfestivals Hermannstadt (FITS) im Sommer 2024 zu markieren verspricht, wurde jüngst an beiden Abenden des 9. und 10. September am Freiburger Platz der alten Synagoge vor jeweils Tausenden von Zuschauern aufgeführt. Und in der längst für kulturelle Zwecke umfunktionierten Lok-Halle Freiburg trafen sich zeitnah die Intendanten aller dreizehn an dem Projekt beteiligten Theaterhäuser zu einem vierstündigen Gespräch in Vollversammlung.

Im Kern tischt „People. Power. Partnership“ seinen Mitmachenden und Zuschauenden ein und dieselben großen Lebensfragen an der Schnittstelle von Vergangenheit und Zukunft in einem nicht leicht zu lesenden Spiegel der Gegenwart auf. „Was passiert also, wenn wir Menschen uns selbst eine andere Welt erschaffen? Eine bessere? Eine freiere? Aber für wen besser und für wen frei? Entscheiden wir noch selbst?“, stellt die Homepage des Freiburger Aktionstheaters PAN.OPTIKUM in den Raum. „Wählen wir unsere eigene Bubble oder werden wir über Cookies und andere Tracking-Methoden einer Bubble zugeordnet?“

Verstärkend hinzu kommt, dass der Spiegel als zentraler Begriff einer auch in Hermannstadt spannend erwarteten Großproduktion nicht nur im übertragenen Sinn eine Rolle spielt, sondern auch die allerwichtigste Requisite schlechthin bedeutet, wie eine der acht tänzerisch teilnehmenden Jugendlichen aus Rumänien bestätigt: „Die Tatsache, dass ich unter den Füßen ein Bild in Bewegung habe, ist vom Start weg etwas Ungewohntes, und die Interaktion damit sowie der Fakt, dass ich physisch von den visuellen Elementen der Umgebung beeinflusst werde, erhöht zusätzlich den Druck auf mich. Die Projektion entwickelt sich von Szene zu Szene, macht Transformationen durch und erschafft diverse Welten. Sie modelliert die Gesetze der Gravitation und das Medium, worin ich mich bewege. Auf einer Insel mit festem Grund unter mir stehend fühle ich mich sicher. Aber gleich danach, wenn die Insel versinkt, werde ich in die Luft geworfen. Im Augenblick der Selbstaufgabe und des Schwimmens im Raum kann ich mich an den an mir vorbeiziehenden Objekten festhalten. Doch wohin werden sie mich führen? Was wird weiterhin geschehen? Auch wenn ich den roten Faden der Vorstellung kenne, gibt mir dieser ständige Dialog mit den Bildern meiner Umgebung ein Gefühl von Unbeständigkeit. Ich reagiere auf alles, was mir passiert und alles, was meine Bewegungsintentionen zu beeinflussen versucht. Es ist eine natürliche Antwort auf die äußerlichen Einflüsse, die ich nicht kontrollieren kann. Daraus gibt es kein Entrinnen und ich bin voll mittendrin.“