Zivilität im rumänischen Politchaos

Bild: rosiamontana.org

Am Wochenende des 18. und 19. August war ich mit der gesamten Mühlen-Equipe aus Holzmengen/Hosman wieder in Roşia Montană beim jährlichen FânFest. Ohne dass der Charakter der Veranstaltung im Vergleich zum letzten Jahr getrübt worden wäre, kamen diesmal fast dreimal mehr Menschen zusammen: Über 4000 sollen es diesmal gewesen sein. Um einmal Relationen zu setzen: In einem zivilgesellschaftlich nicht gerade verschlafenen Land wie Deutschland entspräche das der Teilnahme von gut 17.000 Menschen.
Die Veranstaltung ist den großen Medien keine einzige Meldung wert gewesen. Sei es drum. In Roşia Montană gewinnt das zivile, das sozial und ökologisch bewusste Rumänien an Form. In den Diskussionen des im Rahmen des FânFests stattfindenden Sozialforums wurde vereinzelt das Fehlen von Engagement innerhalb der politischen Strukturen kritisiert. Die Antwort darauf war klar: wir tun das, was wir können. Und die AktivistInnen können einiges sehr gut – authentisch Menschen mit zu nehmen in das Engagement gegen die wahnwitzige Goldprojekt-Idee. Sie stehen fhür ziviles Bewusstsein als StaatsbürgerInnen, die sich aus der Unmündigkeit und Individualisierung befreit haben. Hier kämpft nicht mehr „der Rumäne“ gegen den ihn missachtenden Staat. In Roşia Montană denken, reden und handeln sie zusammen für das ganze Land. Das ist gerade angesichts des aktuellen Krieges der Bukarester Politclique umso beachtenswerter.

Dieses Mal war das FânFest – in den Augen des Betrachters – überdies spürbar internationalisiert. AktivistInnen aus Frankreich, Griechenland, Italien, Deutschland und anderswo waren gekommen. Natürlich waren die Konzerte besonders gut besucht – doch gerade hier waren es nicht nur Mihnea Blidariu und Luna Amară, die die musikalische Bühne für klare politische Botschaften nutzten. Seminare – u. a. mit Dan Perjovschi, einem der bedeutenden rumänischen Künstler –, Diskussionsforen, wie das von der Friedrich-Ebert-Stiftung unterstützte Sozialforum, Theater- sowie Filmvorführungen standen allesamt im Kontext des Kampfes zur Rettung von Roşia Montană und boten den bei uns so selten vorhandenen Raum einer gesellschaftlichen Agora.

In den zehn Jahren, die ich diese Kampagne mit begleite, sind ihre TrägerInnen mit ihr gewachsen. Vor allem auch über das eigentliche Problem Roşia Montană hinaus. Sie sind für mich der Grund, weiter in Rumänien leben und wirken zu wollen, sie halten mich hier. Mit ihrer Leidenschaft, ihrem kritischen Bewusstsein und ihrer gelebten Verantwortung für das Land. Salvaţi Roşia Montană – Rettet Roşia Montană!