Beeindruckt über ehrenamtlichen Einsatz der Deutschen Minderheit für Sprache, Kultur und Traditionen

Interview mit der neuen Kulturmanagerin des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) in Sathmar und Oberwischau

Leonie Erbe arbeitet seit September als ifa-Kulturmanagerin in Sathmar und Oberwischau. Foto: Benjamin Pritzkuleit

Leonie Erbe wuchs in Stahnsdorf bei Berlin auf. Nach dem Abitur studierte sie Geschichte, klassische Archäologie und Ägyptologie an der Freien Universität (FU) in Berlin und schloss das Studium mit dem Bachelor ab. Darauf folgte ebenfalls in der bundesdeutschen Hauptstadt ein Masterabschluss in Museumsmanagement und -Kommunikation an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW). Erste berufliche Erfahrungen sammelte Erbe bei Praktika, die sie in verschiedenen Museen absolvierte. Hierbei gab sie Führungen, schrieb Ausstellungstexte, organisierte und moderierte Tagungen. Während ihres Masterstudiengangs erwarb sie als Pädagogische Assistenz an einer integrierten Sekundarschule (Klassenstufen 7 bis 10) weitere berufliche Erfahrungen. Sie fungierte dabei als Zweitbesetzung im Unterricht und war auch für Vertretungsunterricht zuständig. Des Weiteren begleitete sie Ausflüge und war auch in der Schulsozialpädagogik tätig. Der Start als ifa-Kulturmanagerin in Sathmar/Satu Mare und Oberwischau/Vi{eu de Sus ist ihre erste Vollzeitstelle nach dem Studium. Seit September arbeitet Leonie Erbe für die Gastinstitutionen Demokratisches Forum der Deutschen und Kulturverband Sathmarense in Sathmar sowie das DFD in Oberwischau. Über ihre neue berufliche Herausforderung unterhielt sie sich mit ADZ-Redakteur Arthur Glaser.

Frau Erbe, Sie sind nun schon seit knapp zwei Monaten als Kulturmanagerin für das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) in Sathmar und Oberwischau tätig. Wie haben Sie diese Anfangszeit hier erlebt?

Ich war schon aufgeregt, als ich meine Sachen gepackt habe und losgefahren bin. Aber ich wurde sehr herzlich willkommen geheißen. Wir haben uns ja vor Ort das erste Mal persönlich getroffen, aber alle waren sehr hilfsbereit und bemüht, so dass ich mich gut aufgehoben fühlte. Nach und nach haben wir Ideen gesammelt, was ich während meines Entsendejahres für Projekte durchführen kann, sodass es jetzt mit der Arbeit so richtig losgeht.

Aus welchen Gründen haben Sie sich für eine derartige Stelle beim ifa und auch für die Entsendestellen Sathmar und Oberwischau im Nordwesten Rumäniens entschieden?

Ich habe vorher als Pädagogische Assistenz an einer Berliner Schule gearbeitet. Die Arbeit mit den Jugendlichen hat mir sehr viel Spaß gemacht. Außerdem habe ich schon länger mit dem Gedanken gespielt, mal im Ausland zu arbeiten. Als ich dann die Stelle vom ifa für Jugendarbeit in Rumänien gesehen habe, habe ich mich sofort darauf beworben. Zu Rumänien hatte ich bisher keine Verbindung, aber ich freue mich da-rauf, an Orten zu arbeiten, an die ich andererseits wahrscheinlich nie gekommen wäre.

Sie arbeiten in diesem Entsendejahr für mehrere Gastinstitutionen an zwei Orten. Wie stellt sich die Arbeitsaufteilung dabei dar?

Zwei Drittel der Zeit bin ich in Sathmar und ein Drittel in Oberwischau. Dazu muss ich auch hin- und herfahren. Dieses Jahr fahre ich noch wochenweise nach Oberwischau, aber kommendes Jahr werde ich für mehrere Wochen am Stück hinfahren, um Projekte umzusetzen.

Was sehen Ihre konkreten Tätigkeitsbereiche als Kulturmanagerin bei den jeweiligen Gastinstitutionen aus? Gibt es dabei auch Überschneidungen und auch Raum für Kooperationen?

In Sathmar werde ich vor allem mit der Jugendorganisation „Gemeinsam“ der Sathmarer Schwaben zusammenarbeiten. Wir haben verschiedene Workshops und eine Projektreise geplant, bei der die Kinder und Jugendlichen zur Geschichte der Sathmarer Schwaben forschen und die Ergebnisse präsentieren sollen. Außerdem werde ich mich beim Demokratischen Forum der Deutschen um die Stärkung und Weiterentwicklung der Öffentlichkeitsarbeit kümmern.

In Oberwischau werde ich viel zur Sprachförderung in der Deutschen Abteilung der Schule Nr.1 und im Lyzeum sein. Außerdem sollen Projekte entstehen, die die Geschichte der Zipser dokumentieren und verbreiten.

Da ich bei beiden Gastinstitutionen Jugendarbeit mache, gibt es ganz klar Überschneidungen. So hoffe ich, aus den Erfahrungen aus beiden Orten profitieren zu können und sie in den anderen Ort zu tragen. Es gibt auch die Idee für einen Schüleraustausch, während dem an einem gemeinsamen Projekt gearbeitet werden kann.

Sie haben sich bereits mit einigen Vertretern der deutschen Minderheit hier in der Region getroffen. Welche ersten Eindrücke (von der deutschen Minderheit) haben Sie bisher gewonnen?

Es hat mich beeindruckt, mit welchem Engagement sich die Vertreter und Vertreterinnen der Deutschen Minderheit ehrenamtlich für den Erhalt und Fortbestand der Sprache, Kultur und Traditionen einsetzen. Alle tun, was sie können, und in der Zusammenarbeit entsteht ein großes Angebot. Da hat es mir direkt Spaß gemacht, sie in ihrer Tätigkeit zu unterstützen.

Wie unterscheiden sich die beiden Entsendeorte aus Ihrer Perspektive?

Der größte Unterschied, den ich bisher gespürt habe, ist die Erfahrung mit dem Umgang von Kulturmanagern und Kulturmanagerinnen. Sathmar ist seit den 1990er Jahren dabei und eine der ältesten Gastinstitutionen aus dem Entsendeprogramm des ifa. Durch diese etablierte Struktur hat sich bereits eine Dynamik in der Zusammenarbeit mit Kulturmanagern entwickelt. In Oberwischau ist es erst das zweite Jahr, dass jemand dorthin entsendet wird. Es ist eine Phase der Entdeckung und Anpassung, in der wir gemeinsam erkunden, wie ein erfolgreiches Programm gestaltet werden kann.

Haben Sie bereits konkrete Vorstellungen und Pläne für zukünftige Projekte in Sathmar und Oberwischau?

In Sathmar werden wir einen Theater- und einen Journalismusworkshop organisieren. Außerdem erarbeite ich einen Workshop in Zusammenarbeit mit Philip Klein, dem ifa-Kulturmanager beim FunkForum in Temeswar/Timi{oara zum Thema Radio. Auf diese Weise sollen die Jugendlichen ermächtigt werden, selbst kreativ zu sein und Beiträge zu erstellen, z.B. in der deutschen Radiosendung „Deutsch Express“, in der Schwabenpost oder bei der Präsentation der Ergebnisse der Forschungsreise über ihre Wurzeln.

In Oberwischau möchte ich den von meinem Vorgänger erarbeiteten Stadtrundgang weiter entwickeln und einen Audioguide mit den Jugendlichen erstellen. Außerdem entsteht dort gerade ein Museum über die Geschichte der Zipser, an dessen Aufbau ich mich beteilige.

Vielen Dank für das interessante Gespräch!