Das Brandstifter-Syndrom

„Putins Krieg ist kein Krieg gegen die Ukraine, es ist sein Krieg gegen jeden von uns“, schrieb Micea C²rt²rescu. Sein intellektuelles und menschliches Niveau offenbarte fast zeitgleich George Simion, Ko-Präsident der rechtsextremen AUR, als er zum Aggressionskrieg Putin-Russlands gegen die Ukraine meinte: „Das ist nicht unser Krieg“, und, der Krieg könne vom Westen leicht mittels Sanktionen gegen die Oligarchen gestoppt werden. Derselbe „Politiker“ ist strikt gegen die alternative Erdgasleitung BRUA (Bulgarien-Rumänien-Ungarn-Österreich), die nichtrussisches Erdgas nach Europa transportiert.

Die AUR mit ihm an der Spitze ist seit Ausbruch des Ukrainekriegs verdächtig ruhig geworden. Man fragt sich folgerichtig, ob die Vermutung nicht doch stimmt, dass die nationalistische Querdenker-Partei mit russischem Geld (Taktik des Untergrabens der EU und des Abendlands von innen heraus) finanziert wird... Alle Diversionen, die seit dem 24. Februar seitens der AUR an die Öffentlichkeit gelangen, tangieren oder sind direkt im Interesse des Kreml. Zufall? Das beharrliche Bemühen, die russische Gefahr an der Ostgrenze Moldawiens und Rumäniens herunterzuspielen – auch Zufall? (Auch der Kreml behauptete bis am 24. Februar, nie auf den Gedanken gekommen zu sein, in der Ukraine mordend einzufallen.) Oder hat jemand noch die bis am 24. Februar auf allen Hauptplätzen unangenehm auffallenden AUR-Grüppchen mit lautstarker patriotischer Musik (oder was sie darunter verstehen) und wehender Trikolore gesichtet? Vielleicht gar AUR-Aktivisten unter den empathischen Helfern der Flüchtlinge an den Grenzübergängen aus der Ukraine?

Die Bestialität der russischen Aggressoren hat sie ruhiggestellt. Davor konnten sie kein Auge zudrücken. Doch ist bisher kein Wort der Verurteilung der russischen Aggression den Lippen eines AUR-Leaders entschlüpft. Die Hand, die einen füttert... Hingegen haben sie jetzt, da den Ukrainern das physische Auslöschen durch mordtrunkene Russen droht, die Angriffe auf die Ukraine wieder aufgenommen, die den dortigen Rumänen ihre Rechte als Volksgruppe beschneidet. Zu diesem Zeitpunkt eindeutig eine Dienstleistung für Moskau.

Trotzdem: Die Partei der Fremden- und Demokratiehasser wird von der rumänischen Öffentlichkeit zwischen gleichgültig und uninteressiert wahrgenommen. Aber ihre Wähler unter den Bildungsverweigerern und Scheuklappenträgern hat sie trotzdem. Ihr Nationalismus, mit dem einzigen Ziel, Rumänien aus Europa wieder herauszuführen, lässt aber die Öffentlichkeit mit Gleichgültigkeit reagieren, mitschuldig. Dabei tun sich in erster Linie die Politiker, quer durch die Parteien, hervor. Ausnahmslos. Sie verurteilen die Aggression Russlands gegen die Ukraine, das gehört sich so. Putin aber nennen sie nicht beim Namen. Ihn Diktator zu nennen, so viel Mut fehlt ihnen. Das autoritäre mittelalterliche Regime in Moskau und seine Dunkelmänner verurteilen sie öffentlich nicht. Der Anti-EU-Diskurs von PSD und Ungarnverband (im Orbán-Schlepptau) ist unverändert. Ist das normal?

Putin hat längst seinen Hass auf alles Abendländische offen bekundet, hat Rumänien in denselben Topf geschmissen und dem Land gedroht. Doch das Brandstifter-Syndrom der politischen Biedermänner Rumäniens lässt sie die Gefahr nicht sehen. Biedermänner mit Scheuklappen, das sind die Politiker Rumäniens. Sie wollen Putin nicht durchschauen, den frustrierten Typ, der krampfhaft den Macho gibt, der in Europa und im Europagedanken eine viel größere Gefahr sieht als in der Nato. Der mit einer Fackel am Pulverfass herumfuchtelt. Angesichts der eindeutigen russischen Bedrohung kommt bloß das rumänische Brandstifter-Syn-drom heraus: Keinerlei Diskussion über Perspektiven und Optionen angesichts der Attacke auf die europäische Zivilisation durch von einem Irren geführte Russen – an den sie glauben.