„Das Füreinander und das aufeinander Zugehen muss wieder neu angefangen werden“

Gespräch mit Karl Heinz Rindfleisch, Leiter der Tanzgruppe „Gute Laune“ und des Männerchors Großkarol-Petrifeld-Sathmar

Karl Heinz Rindfleisch vor der Fahne der Sathmarer Schwaben | Foto: László Ilyes

Die Tanzgruppe „Gute Laune“ mit dem Botschafter Cord Meier-Klodt beim Maibaum | Foto: Karl Heinz Rindfleisch

In deutschen bzw. schwäbischen Kreisen in Sathmar/Satu Mare ist der Name und die Person von Karl Heinz Rindfleisch, Leiter des Schwäbischen Männerchors Großkarol-Petrifeld-Sathmar und der Tanzgruppe „Gute Laune“ aus Sathmar wohlbekannt. Der gebürtige Unterfranke hat sich vor mehr als 15 Jahren in die deutsche Gemeinschaft in Sathmar sehr schnell eingelebt. Mittlerweile ist er bei allen bedeutenden kulturellen Ereignissen des Deutschen Forums im Kreis Sathmar und in Nordsiebenbürgen dabei und setzt sich mit Herz und Seele für die Erhaltung der sathmarschwäbischen Traditionen ein. Im Juli wird im Rahmen des Trachtenfestes in Sathmar ein doppeltes Jubiläum gefeiert: 15 Jahre schwäbischer Männerchor Großkarol-Petrifeld-Sathmar und 10 Jahre Tanzgruppe „Gute Laune“. Über das bevorstehende kulturelle Ereignis sowie über die bedeutendsten Momente der vergangenen Jahre im Leben der beiden kulturellen Gruppen sprach Gabriela Rist mit Karl Heinz Rindfleisch. 

Wie haben die Tanzgruppe „Gute Laune“ und der Männerchor die Pandemie überstanden? 
Das ist ein heikles Thema. Wir haben die zwei Jahre Pandemie mehr oder weniger gut überstanden. Vieles muss von vorne begonnen werden: die Gemeinschaft, die Tänze, das Füreinander. Das Aufeinanderzugehen muss natürlich wieder erlernt werden, denn die Pandemie hat ihre Spuren hinterlassen. Aber durch Treffen, Proben und Gespräche kommen wir gemeinsam wieder da hin, wo wir irgendwann mal waren.

Was motiviert die Leute, in einer kulturellen Gruppe wie dem schwäbischen Männerchor oder der Tanzgruppe „Gute Laune“ mitzumachen?
Unsere Motivation ist ganz einfach: wir lieben die Geselligkeit. Wenn wir uns treffen, tauschen wir uns aus. Außerdem singen und tanzen wir sehr gerne, und das ist das A und O, das im Laufe der Jahre nicht verloren gegangen ist. 

Wie und wann haben sich heuer die Mitglieder getroffen?
Wir haben heuer Silvester, Fasching und Funka zusammen gefeiert, und es gab mehrere Sitzungen wegen dem anstehenden Trachtenfest im Juli. Der Männerchor hat jeden Donnerstag Chorprobe im Forumshaus in Großkarol, und da treffen wir uns – die Petrifelder, die Sathmarer und die Großkaroler. Wir haben bei der Gedenkfeier der Russlanddeportierten in Sathmar in der Kalvarienkirche und im Schwabenhaus gesungen. Auftritte hatten wir heuer auch beim Empfang der deutschen Konsulin Frau Regina Lochner aus Temeswar und zum Muttertag in der Kalvarienkirche. 

Wie viele Mitglieder zählt der Chor zurzeit?
Zurzeit zählt der Männerchor 30 Leute: vier Petrifelder, elf Leute aus Großkarol und fünfzehn Mitglieder aus Sathmar. Als neuesten Zugang haben wir Gabriel aus Brasilien und Stefan Mok gewonnen. Gabriel ist ein junger Mann von etwa 25 Jahren, der bei uns sehr gerne mitsingen möchte. Deutsch kann er gut und das ist natürlich für uns wichtig.

Es gibt auch ein Ehrenmitglied im Männerchor...
Den halten wir besonders hoch: Der ehemalige deutsche Botschafter aus Bukarest, Cord Meier-Klodt, der jetzt in Irland ist. Wir hatten ihn damals zu unserem fünfjährigen Jubiläum eingeladen und er hat spontan zugesagt, dass er als Ehrenmitglied bei uns mitsingt. Per E-Mail halten wir den Kontakt immer noch. 

Der Botschafter hat nicht nur mitgesungen, er hat sogar beim Maibaumtragen mitgeholfen – wie kam es dazu?
Das war eine interessante Geschichte. Der Botschafter war hier in Sathmar anwesend und ich habe ihn gefragt: „Wie sieht’s aus, sind Sie gut im Tragen?“ Dann hat er gesagt „Wieso?“. Darauf habe ich geantwortet: „Kommen Sie, hier ist ein Maibaum von 40 m Länge, haben Sie die Kraft, da mitzutragen?“ Er hat sich sofort dazu bereit erklärt, und es ist dann auf Videos festgehalten worden, wie er schön stolz mit dem Baum mit den anderen Mitgliedern des Männerchors mitmarschiert. Er hat dann auch beim Aufstellen des Maibaums im Park des alten Stadtzentrums mitgeholfen und alles so gemacht wie wir, obwohl er Botschafter war.

Und woher kam die Idee, dem deutschen Konsul in Temeswar ein Ständchen zu singen?
Es war meine Idee (schmunzelt). Ich habe gehört, dass der damalige Konsul Rolf Maruhn sich verabschiedet. Er hat uns auch unterstützt und Ambitionen zum Singen gehabt. Ich habe mit seiner Frau telefoniert und ich habe sie gefragt, was sie davon hält, dass wir den Konsul besuchen und ihm zum Abschied singen. Sie war voll begeistert. Wir haben ihm ein kleines Präsent mitgebracht und ihm ein Ständchen gesungen. Er war sehr überrascht und hat sich sehr gefreut. 

Wie ist das Repertoire des schwäbischen Männerchors?
Wir singen nur deutsche Lieder: Muttertagslieder, schwäbische Lieder, Sathmarer Lieder und weltliche Lieder, also Stimmungslieder. Im Repertoire haben wir über 60 Lieder. Also wir könnten aus dem Vollen schöpfen, wenn wir wollten. Meistens werden aber bei den Auftritten drei, vier Lieder vorgegeben. Wir singen natürlich bei den Veranstaltungen, und dann singen wir noch beim Essen und Trinken. 

An welche Auftritte der Tanzgruppe „Gute Laune“ und des Männerchors erinnern Sie sich besonders gern, und welche stehen an?
Der interessanteste Auftritt des Männerchors war die Jubiläumsfeier „5 Jahre Männerchor“ mit dem Ehrenmitglied Cord Meier-Klodt. Die Tanzgruppe hatte ihre 10-Jahres-Feier im Rahmen des ersten Trachtenfestes in Sathmar. Interessant war auch die Fahrt nach Urspringen mit beiden Gruppen und der Tanzgruppe „Lustige Schwaben“ aus Großkarol sowie die Einladung des Konsulats von Temeswar zur Wiedervereinigung Deutschlands. Da trat die Tanzgruppe mit dem berühmten Lied „Bali und Balo“ auf – ein sehr altes und schönes Lied, wo keine Musik gebraucht wird – nur die Leute, die bereit sind, diesen Tanz vorzuführen. Wir hatten von 500 Leuten in der Oper stehenden Beifall bekommen. Solche Momente geben uns den Mut, weiterzumachen. 
Am Kirchweihfest der Kalvarienkirche werden wir werden zusammen mit dem Männerchor 10 Jahre Fahnenweihe feiern und es ist geplant, wenn es die Pandemie zulässt, heuer wieder ein Oktoberfest zu organisieren, zwar nicht im großen Rahmen wie es ursprünglich geplant war mit der Stadt, sondern wir werden hier im Schwabenhaus auf unserem eigenen Gelände ein kleineres Oktoberfest feiern.

Womit bereiten sich die beiden Gruppen für das Trachtenfest vor?
Wir treffen uns ständig, sowohl die Mitglieder der Tanzgruppe als auch des Männerchors, und es gibt Besprechungen auch mit dem Forum, das uns kräftig unterstützt, vor allem mit finanziellen Mitteln. Die Einladungen wurden bereits verschickt. Wir erwarten zum Trachtenfest ungefähr 300 Gäste, denn ich denke, dass nach der Pandemie viele sagen werden: Oh, das ist schön, dass man sich wieder treffen kann. Die Gemeinsamkeit hat sehr vielen gefehlt, nicht nur in Sathmar, sondern auch im Kreis und im Land und allen kulturellen Ebenen. 

Stehen schon die Umrisse des Programms fest?
Ja, das Trachtenfest wird am 9. und 10. Juli in Sathmar stattfinden. Die Veranstaltung beginnt am Samstag um 13 Uhr mit dem Empfang der geladenen Gäste. Um 14 Uhr wird es einen kleinen Umzug in Sathmar geben. Wir werden dann wie beim ersten Trachtenfest vor dem Museum feiern. Die Tanzauftritte werden durch den Gesang der Chöre unterbrochen, damit es Abwechslung im Programm gibt. Am Abend um 20 Uhr beginnt der Ball mit der Tanzkapelle Trio Saxonex aus Hermannstadt. Es wird ein schöner Tag. Am Sonntag wird in der Kalvarienkirche um 10 Uhr die deutschsprachige Messe gefeiert und um 11.30 geht es mit dem Trachtenumzug zum Schwabenhaus. Danach steht die Kranzniederlegung beim Denkmal der Sathmarer Schwaben, die vor 310 Jahren hier angekommen sind, auf dem Programm. Nach dem Mittagessen werden diverse Chöre singen. 

Welche Pläne haben die beiden Gruppen für die Zukunft?
Die Pandemie hat uns komplett aus dem Tritt geworfen. Das traditionelle Schlachtfest würde sonst im Folgejahr wiederholt. Das ist wegen der Pandemie ausgefallen, genauso wie die Maibaumaufstellung. Wir wollen aber, wenn es möglich ist, nächstes Jahr im Januar mit dem Männerchor ein Schlachtfest in Petrifeld veranstalten. 
Der Männerchor wird auch internationale Auftritte haben, wir haben bereits Kontakte zu Graz in Österreich. Im Land haben wir auch schon mehrere Anfragen, und wenn die Pandemie vorbei ist, werden wir in Reschitz, Großwardein, Arad und Bistritz mit der Tanzgruppe oder mit dem Männerchor auftreten. Es liegt immer an der Veranstaltung, ob das ein Chortreffen oder ein Tanztreffen ist. In der Tanzgruppe sind zehn Paare, da haben wir auch Zuwachs bekommen. 
Wenn wir genug Gelder zusammenbringen, werden wir auch den zweiten Teil der Musik-CD des schwäbischen Männerchors he-rausgeben. Ich hoffe, dass die Leute wieder so sein werden wie vor zwei Jahren, dass sie Elan und Kraft mitbringen, denn die Mitglieder beider Gruppen sind zwar nicht junge, aber jung gebliebene Leute.

Dankeschön für das Gespräch, und viel Erfolg weiterhin!