„Demokratiewerkstatt“ des Deutschen Bundestages wird Fünfundzwanzig

Das Internationale Parlaments-Stipendium beim Jubiläum

Eine "Plenarsitzung" der Zukunft mit dem Bundestagsadler alias "fette Henne" im Mittelpunkt.

Die IPS-Ländertische. Fotos: die Verfasserin

Rund 120 junge Menschen aus 28 Ländern, darunter auch fünf Rumänen, welche in der ADZ kürzlich vorgestellt wurden, haben Ende Juli das Internationale Parlaments-Stipendium (IPS) des Deutschen Bundestages in Berlin abgeschlossen. Sie gehören zu den bisher 1750 Absolventen des Programms, welches schon seit einem Viertel Jahrhundert besteht. 1986 kamen die ersten Stipendiaten aus den USA ins deutsche Parlament, seit 1989 sind junge Franzosen mit dabei, schließlich wurde das Stipendium nach dem Ende des Kalten Krieges für Mittel-, Ost- und Südosteuropäer geöffnet und 2009 auch auf Israel erweitert. Rumänien ist seit fünfzehn Jahren (1996) dabei.


Worum geht es im IPS? Das Programm, dessen Kernstück aus einem Praktikum bei einem Bundestagsabgeordneten besteht, dauert in der jetzigen Form fünf Monate. Die drei Berliner Universitäten (Humboldt-Universität, Freie und Technische Universität) sowie die deutschen politischen Stiftungen bereichern das IPS mit Lehrveranstaltungen, Seminaren, sogenannten „Stiftungsnachmittagen“ und Studienreisen. Die Stipendiaten gewinnen für ihre Zukunft nicht nur politische Erfahrungen aus erster Hand, sondern ebenso ein internationales Netzwerk an deutschsprachigen Freunden aus der halben Welt. Die ehemaligen Stipendiaten oder „Alumni“ sind meistens in Politik oder Verwaltung, in Verbänden und NGOs, in Medien, Wissenschaft oder der freien Wirtschaft tätig. IPS-Teilnehmerländer wie Frankreich, Polen, Ungarn und Lettland haben schon für deutsche Hochschulabsolventen ähnliche Partnerprogramme aufgebaut, darüber hinaus gibt es entsprechende russische, israelische und rumänische Bemühungen.

Empfang und Stipendiatenabend im Bundestag

Das 25-jährige Bestehen des Programms wurde mit einem dreitägigen Zusammentreffen der Stipendiaten mit Alumni-Vertretern aus den Teilnehmerländern kurz vor der parlamentarischen Sommerpause gefeiert. Die Jubiläumsveranstaltungen begannen am 30. Juni, zeitgleich mit dem historischen Beschluss des Deutschen Bundestages über den Ausstieg Deutschlands aus der Kernenergie – denn auch seit Tschernobyl sind 25 Jahre vergangen. Die „Ehemaligen“ wurden von den IPS-Koordinatoren begrüßt, den Parlamentariern aus der Berichterstattergruppe für Internationale Austauschprogramme in der Kommission des Ältestenrates für innere Angelegenheiten, und nahmen auf der Fraktionsebene des Reichstagsgebäudes an einem Empfang teil, zu dem der Schirmherr des IPS, Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert und der Präsident der Freien Universität Berlin, Prof. Dr. Peter-André Alt, eingeladen hatten. Hier fand auch die Prämierung der besten Arbeiten des IPS-Medienwettbewerbs 2011 in den Kategorien Literatur, Foto und Film statt.
Im Paul-Löbe-Haus wurden die Feierlichkeiten mit dem „Stipendiatenabend“ des Jahrgangs 2011 fortgesetzt. Lustige Auftritte wurden mit reichem Applaus und lautem Gelächter belohnt: die „Jakob-Kaiser-Sprossen“ zeigten eine Plenarsitzung aus der Zukunft, die „Berliner Bärchen“ erzählten 25 Geschichten über die IPS-Erfahrungen, die „Kinder von Paul-Zobel-Straße“ präsentierten eine Dokumentarsendung über den Stipendiatenalltag, unter dem Titel „Berlin Berlin“ wurde eine Zusammenfassung der IPS-Geschichte dargeboten, schließlich brachten die „Fetten Hennen“ die vor 20 Jahren stattgefundene Debatte Berlin-Bonn wieder auf die Tagesordnung. Zum Abschluss wurde das Publikum eingeladen, die „Ländertische“ zu besichtigen, an denen Infos zu den Teilnehmerländern, Volkstrachten zum Anschauen und Anprobieren oder leckere Spezialitäten zum Kosten bereit standen.

Plenum, Konferenz und … Geburtstagstorte!

Am 1. Juli begann die Plenarsitzung – ungewöhnlicherweise – mit einer Debatte zum IPS und der einstimmigen Verabschiedung eines Antrags zur weiteren Unterstützung des Programms. Ebenfalls wurde beschlossen, die Länderanzahl zu erweitern und Stipendiaten aus Nordafrika aufzunehmen. Wie einer der Redner betonte, habe vor 25 Jahren die Berliner Mauer noch gestanden und viele der heutigen Teilnehmerländer seien noch gar nicht auf der Karte gewesen – „Ein Beweis dafür, dass alles klein anfängt“. Im Anschluss fand im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus die Konferenz „25 Jahre IPS: Erfahrungen – Wirkungen – Visionen“ statt, moderiert von dem Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion und Mitbegründer des IPS, Wolfgang Börnsen, zusammen mit einer Alumna. Zu den Rednern gehörten der Bundestagsvizepräsident Eduard Oswald, der Botschafter der USA in Berlin, Philip  D. Murphy, der Vizepräsident des DAAD, Prof. Dr. Max Huber, der Präsident a.D. der Humboldt-Universität zu Berlin, Prof. Dr. Dr. h. c. Hans Meyer, und der Präsident der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder, Dr. Gunter Pleuger.
Prof. Günther Verheugen, EU Kommisar a.D., fasste den symbolischen Wert internationaler Austauschprogramme (und des IPS) zusammen: Es ginge dabei um „EU Integration auf der Ebene von Staaten wie auf der Ebene von Menschen.“ Ehemalige Stipendiaten berichteten über „Wirkungen eines einmaligen Stipendiatenprogramms“, sei es der Büroalltag oder die Wahlkreisreise, sei es der Umzug aus Bonn nach Berlin oder der Wahlkampf von Helmut Kohl und Gerhard Schröder.
International waren auf der Konferenz nicht nur die Teilnehmer, sondern ebenso die Musik, die vom Chor der Musikgemeinschaft des Deutschen Bundestages dargeboten wurde, sowie die riesige, mit 28 (verzehrbaren) Flaggen geschmückte „Geburtstagstorte“. Ein Besuch des Bundeskanzleramtes und eine detaillierte Diskussion am nächsten Vormittag zwischen den ehemaligen IPS-lern und  Vertretern der Bundestagsverwaltung zum Thema Alumni-Arbeit in den Heimatländern schlossen das Kolloquium ab.
Bald finden die Auswahlgespräche für 2012 statt, bald werden die Ausschreibungen für 2013 eröffnet. Voraussetzungen für eine IPS-Bewerbung sind: die Staatsangehörigkeit eines teilnehmenden Landes, ein abgeschlossenes Universitätsstudium, sehr gute deutsche Sprachkenntnisse, das Alter von höchstens 30 zu Beginn des Stipendiums. Bewerbungsschluss ist der 30. Juni eines jeden Jahres, weitere Informationen stehen unter www.bundestag.de/ips zur Verfügung.