Dicht an dicht

Stundenlanger Stau in der Kronstädter Oberen Vorstadt

Die schmalen Straßen der Oberen Vorstadt waren am vergangenen Sonntag hoffnungslos verstopft. Bild: die Verfasserin

Die winterlich verschneite Schulerau, auch in Corona-Zeiten ein beliebtes Ausflugsziel Bild: WikimediaCommons

Das herrliche Wetter hat zu Jahresanfang tausende Kronstädter aus den Häusern gelockt. Sehr viele von ihnen haben sich ins Auto gesetzt und sind ins Stadtzentrum, in die Schulerau/Poiana Brașov oder zu den beliebten Naherholungsorten an den Stadtrand gefahren. Auch zahlreiche Touristen waren an diesen Orten unterwegs, die meisten ebenfalls mit dem Pkw. So kam es dazu, dass der Verkehr in der Inneren Stadt, auf dem Schulerauweg/Drumul de Poiana und erstaunlicherweise in der ganzen Oberen Vorstadt/[chei am 2. Januar für einige Stunden lahmgelegt wurde. Die Obere Vorstadt ist ein altes Stadtviertel, das auf Hügeln gelegen ist und mit dem Auto nur über das Stadtzentrum oder den Schulerauweg erreichbar ist. An dessen oberem Ende befinden sich die beliebten und, besonders an Wochenenden und Feiertagen, gut besuchten Salomonfelsen/Pietrele lui Solomon, von wo aus man auf einem Forstweg in die Schulerau wandern kann. 

Am zweiten Tag des neuen Jahres mussten die Wanderlustigen nach den in der Natur verbrachten Stunden weitere Stunden in ihren Autos sitzen, um nach Hause oder zur reservierten Unterkunft zu gelangen. Die fast viereinhalb Kilometer lange Strecke vom Salomonsfelsen bis zum Star-Geschäft war komplett blockiert, die Fahrzeuge fuhren, wenn überhaupt, nur im Schneckentempo. 

Zwar kommt es im Straßenverkehr während der Schulzeit (vor der Pandemie!) manchmal zu längeren Wartezeiten vom Anger/Piața Unirii bis zum Star-Geschäft (etwa anderthalb Kilometer), doch eine solche Blockade und ein solch fürchterlicher Geruch von Abgasen wie heuer gab es noch nie in den Gassen und Straßen des Viertels. Das bestätigten auch Senioren, die vor ihren Toren verwundert standen und die Blechbüchsen auf Rädern anschauten. Die Verkehrspolizisten waren offensichtlich vom Stau überfordert. Erfreulicherweise wurde kein Notfall gemeldet, Rettungswagen wären in den engen Einbahnstraßen in der alten Oberen Vorstadt wohl auch im Stau stecken geblieben.

Auf das Problem hat am selben Tag Vizebürgermeisterin Flavia Boghiu (USR) auf ihrer offiziellen Facebook-Seite hingewiesen und den Bürgern, Einheimischen oder Touristen empfohlen, ihre Pkw in den Parkplätzen rund um das historische Zentrum (beispielsweise beim Regina Maria-Parkplatz hinter dem Militärspital) abzustellen und die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen. Wenn man allerdings bedenkt, dass nur ein Bus pro Stunde – beziehungsweise zwei Busse pro jede dritte Stunde – bis zum Salomonsfelsen verkehren, kann man diese Empfehlung vergessen. 

Die Kleinbusse, die hier fahren, haben eine Kapazität von 40 Fahrgästen (mit Stehplätzen!). Wegen der sozialen Distanzierung müsste deren Anzahl nun mindestens um die Hälfte schrumpfen – mehr Busse sind dafür aber nicht im Einsatz. Besonders an freien Tagen sind die Kraftwagen überfüllt. Die Buslinie Nr. 51, die den Bahnhof mit Tocile verbindet, von wo aus man auch zum Salomonfelsen wandern kann, fährt wochentags und am Wochenende drei, beziehungsweise zwei Mal die Stunde, der 52er Bus, welcher das Astra-Viertel mit Tocile verbindet, fährt am Sonntag überhaupt nicht, am Samstag den ganzen Tag nur dreimal und wochentags rund zweimal pro Stunde. 

Auch um die Parkplätze im zentralen Teil der Stadt steht es nicht so rosig. In den letzten Jahren wurden hunderte von Parkplätzen abgeschafft, etwa hinter dem Aro-Hotel, auf einer Seite des Zentralparks, auf der unteren Burgpromenade unter der Zinne, auf der Postwiese – bei der Kreisbibliothek, oder auch bei der Brassai-Piazzetta – meist um der Umwelt und urbanen Mobilität willen, denn dort entstanden Fußgängerzonen, die sehr willkommen und beliebt sind. Das Problem der Pkw-Parkplätze bleibt allerdings, eine gute Lösung wird seit Jahren gesucht.
Lösungen für den Verkehrsstau in der Oberen Vorstadt sowie im Stadtzentrum haben hingegen sofort dutzende Leute angeboten. In Kommentaren zu Boghius Facebook-Post stand unter anderem: „Eingeschränkter Autoverkehr in der Inneren Stadt, nur Anrainer und Touristen, die eine Reservierung haben, soll der Eintritt in die Innere Stadt erlaubt werden“, „an Wochenenden soll eine Gebühr von 100 Lei pro Auto eingeführt werden, wer das nicht bezahlen will, soll eine anständige Alternative haben, beispielsweise elektrische „Smart“- Kleinbusse, bis zu den Salomonsfelsen“, „...die Innere Stadt soll zur Fußgängerzone umgestaltet werden, man soll nur zu Fuß hier verkehren dürfen, wie in Florenz, Rom und anderen zivilisierten Städten“, „mehr Busse in der Oberen Vorstadt!“. Auch erhoffen sich manche, dass eine größere Anzahl von Polizisten den Verkehr an solchen Tagen bändigen könnte, oder dass Tiefgaragen im Zentrum freie Straßen sichern würden. Andere wiederum sind aktiv geworden und haben sich nicht nur in den sozialen Medien ausgedrückt, sondern direkt die Behörden auf die Situation hingewiesen – das geht in wenigen Minuten, vom Handy aus, auf dem Portal des Bürgermeisteramts auf der Homepage brasovcity.ro.

Der öffentliche Verkehr müsse umgedacht werden, sodass er zur realen Alternative zum Pkw wird, sagte Bürgermeister Allen Coliban in einer Pressekonferenz am 5. Januar. Infolge eines Treffens mit den Vertretern des öffentlichen Verkehrsunternehmens RATBv vom 7. Januar wurde die Frequenz, mit der Busse bis zum Salomonsfelsen sowie in die Schulerau fahren, vergrößert, sodass zu Stoßzeiten alle sieben Minuten ein Bus fährt. „Der öffentliche Verkehr wird erst dann effizient werden, wenn die Fahrpläne eingehalten werden und wenn mehr Busse verkehren“, sagte der in der Oberen Vorstadt geborene und aufgewachsene Coliban und lädt zu Feedback bezüglich der Änderungen ein. 

Gleichzeitig müsste die Öffentlichkeitsarbeit verbessert werden, so dass Einheimische und Touristen das RATBv-Angebot attraktiv finden. Coliban erwähnte auch die Möglichkeit, den Verkehr im Stadtzentrum an bestimmten Tagen und zu bestimmten Uhrzeiten einzuschränken, allein Anrainern soll der Zugang mit dem Auto in die Innere Stadt erlaubt werden. Diese Idee äußern Leute seit Monaten in den Konversationen zum Thema in den sozialen Medien, sie scheint sehr populär zu sein, vor allem wenn man bedenkt, dass immer mehr Touristen nach Kronstadt kommen werden, sobald der Flughafen eröffnet werden wird. 

Nationale Experten im Bereich urbane Mobilität wurden bereits um Rat gefragt, das Problem des Verkehrs in Kronstadt zu analysieren und Lösungen zu bieten, um Staus und Gedränge künftig zu meiden, und zwar in der ganzen Stadt. Ende Januar werden sie die Ergebnisse einer Verkehrsstudie erhalten, nach denen sie sich richten können. Die Studie wurde allerdings nicht während der Schulzeit gemacht, wenn auch wochentags zahlreiche Autos in die engen Straßen der Oberen Vorstadt strömen. Ebenfalls für das Monatsende ist eine öffentliche Debatte vorgesehen, die den Verkehr und die Mobilität in der Stadt betrifft. Bis dahin sind Kronstädter und Interessierte eingeladen, ihre Meinungen auf der Facebook-Seite des Bürgermeisters, auf der E-Mail-Adresse des Bürgermeisteramtes (contact@brasovcity.ro) zu äußern, oder auf die App der Institution zu schreiben. 

Wenn Busse häufiger verkehren und der Verkehr in der Zinnenstadt verbessert wird, die Autos die Innere Stadt nicht mehr ersticken, Fahrradwege aus-/gebaut und die Rad-Ausleihmöglichkeit für die ganze Stadt eingeführt wird, kann man wohl auf eine grüne Stadt hoffen, so wie Allen Coliban sie sich auch erträumt.