„Die Apokalypse des weißen Elefanten“ in Temeswar

Gegenwartskunst mit über 40 Künstlern aus dem In- und Ausland

Klimawandel, Umweltschutz und der menschliche Eingriff in die Natur sind Thema eines der größten Events für zeitgenössische Kunst in Temeswar.
Fotos: Dana Moica

Die Ausstellung „Die Apokalypse des weißen Elefanten“ ist bis zum 5. September im Haus der ehemaligen Stadtkommandantur am Temeswarer Freiheitsplatz zu sehen.

In den vergangenen Jahren waren die wichtigsten Debatten in der Welt im Zusammenhang mit dem Klimawandel, der globalen Erderwärmung, dem Zusammenbruch von Ökosystemen und dem unwiederbringlichen Verlust von Tausenden Tier- und Pflanzenarten. Es gibt mehrere Lösungen, um die Katastrophe zu stoppen, die durch die Ausbeutung der Umwelt durch den Menschen verursacht wird – die Nutzung alternativer Energien, Erhaltungsprogramme, Sanierung der Industrie in Richtung Nullemissionen usw.

„Darüber hinaus liegt es an uns, an jedem von uns, die Gefahren, denen wir heute ausgesetzt sind, zu verstehen und zu vermeiden, verantwortungsvoll in die Zukunft zu blicken – sowohl für uns selbst, als auch für die Umwelt, von der wir vergessen haben, dass wir von ihr abhängig sind. 
Dieses Bewusstsein entsteht nur durch die gemeinsame Anstrengung des künstlerischen, wissenschaftlichen und administrativen Umfelds, das dieses neue Paradigma popularisieren kann, das wir beherrschen müssen: Wir sind ein Teil der Natur, wir leben nicht außerhalb von ihr“, heißt es seitens der Organisatoren einer der größten Ausstellungen für zeitgenössische Kunst in Temeswar/Timișoara.

„Die Apokalypse des weißen Elefanten“ heißt die Ausstellung mit Gegenwartskunst, die von den Vereinen Sepale und META Spațiu in Temeswar derzeit vorgestellt wird. Einen ganzen Monat noch, bis zum 5. September, stellen insgesamt 44 Künstler aus dem In- und Ausland ihre zeitgenössischen Kunstinstallationen zu aktuellen und wichtigen Themen vor: Umweltschädigung, Weltuntergang oder Machtmissbrauch des Menschen über die Natur. Alles ist im Gebäude der ehemaligen Stadtkommandantur am Temeswarer Freiheitsplatz zu sehen.

„Der Weltuntergang nähert sich – und er kommt von dieser Welt. Wir Menschen tragen dazu bei“, betonen weltweit die Forscher. Davon geht auch die Ausstellung in Temeswar aus. Der Kern der künstlerischen Haltungen der Teilnehmer des Projekts stimmt mit der Tätigkeit des „Vogelschutzhaus Sepale“ am Rande von Temeswar überein. Der Kultur- und Ökologieverband wurde 2017 gegründet und hat als Ziel, Ideen von Menschen aus verschiedenen Tätigkeitsfeldern zu Umweltthemen zu fördern. Hauptziel von Sepale ist es, einen Vogelpark einzurichten – ein Ort für die Aufnahme, Pflege und Auswilderung von Vögeln, ein Unterschlupf für behinderte, kranke oder verletzte Vögel, ein Zentrum für die herkömmliche Taube. Die soll Teil eines Projekts für das Management der Gemeinschaft bezüglich der Tauben in Temeswar sein. „Der Vogelpark möchte auch ein alternativer Ort für verschiedene kulturell-künstlerische und pädagogische Veranstaltungen werden. Alle Sepale-Aktionen basieren auf dem Respekt vor der Umwelt“, sagt Mirela Stoeac-Vlăduţi, Kuratorin der Ausstellung und Leiterin der Galerie für zeitgenössische Kunst META Spaţiu in Temeswar.

Die verschiedenen Konzepte, die in der Ausstellung zeitgenössischer Kunst zu sehen sind, basieren auf Nachhaltigkeit, Koexistenz und Gleichgewicht. Auch der Name der Ausstellung hat einen bedeutungsschweren Hintergrund, erzählt die Kuratorin. „Die Weltnaturschutzunion (IUCN) hat kürzlich einen Bericht veröffentlicht, in dem festgestellt wird, dass in den vergangenen 31 Jahren die Zahl der afrikanischen Waldelefanten um mehr als 86 Prozent und die der Savannenelefanten in den letzten 50 Jahren um mehr als 60 Prozent zurückgegangen ist. Gleichzeitig hat das asiatische Exemplar das gleiche Schicksal, dessen Zahl in den letzten 75 Jahren um über 50 Prozent abgenommen hat. 

Ursache dieser drastischen Reduzierung ist die Wilderei wegen Elfenbein und die Zerstörung von Naturräumen, die dann in Ackerland oder Weiden umgewandelt werden. Praktisch hat der Planet in etwas mehr als einem halben Jahrhundert mehr als die Hälfte seiner Elefanten verloren. Und Experten zufolge wird sich die Situation in den kommenden Jahren verschlechtern. 

Diese Tragödie ist nicht einzigartig, auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tiere und Pflanzen sind 41.415 Arten registriert, von denen 16.306 in einem kritischen Zustand sind. Menschliche Eingriffe, übermäßiger Konsum, Verschwendung und Umweltverschmutzung haben tiefe Wunden in den Ökosystemen des Planeten hinterlassen, die von Zerstörung bedroht sind. Die Ausstellung „Apokalypse des weißen Elefanten“ will genau das vermitteln und den Konflikt zwischen den verschiedenen Interessen der menschlichen Zivilisation skizzieren – indem sie sozialen, ökologischen und pädagogischen Aktivismus fördert“, sagt Mirela Stoeac-Vlăduţi.

Zwischen dem 5. August und dem 5. September sind auch andere Ereignisse innerhalb des Events „Apokalypse des weißen Elefanten“ geplant: Periodische Führungen durch die Ausstellung, meistens an Wochenenden, auch Kunstwerkstätten für Kinder, Filmvorführungen und eine Intervention des Künstlers Cosmin Haiaș beim Vogelschutzhaus Sepale stehen auf dem Programm.

Der rumänische Dokumentarfilm „Natura Umană“ (deutsch: Die menschliche Natur) von Eduard Nistru wurde Mitte August im Hof der Stadtkommandantur vorgeführt. Der Dokumentarfilm stellt mehrere Fragen in Bezug auf unsere Interaktion mit Tieren und der Umwelt: „Welche Verpflichtungen haben wir den Tieren gegenüber? Welche Vorurteile gegenüber Lebensmitteln begegnen uns in der Gesellschaft? Wie wirkt sich unsere Ausbeutung von Tieren auf die Umwelt und auf die menschliche Gesundheit aus, und welche Lösungen haben wir zur Hand?“ Der Film ist das Ergebnis einer zweijährigen Recherche und von Interviews mit Künstlern, Ernährungswissenschaftlern, Philosophen, Politikern, Sportlern, Aktivisten und einfachen Menschen.

Das Aussterben ist ein Prozess, der in mehreren Richtungen in den Werken des österreichischen Künstlers Max Jurasch thematisiert wird. Das Auftauchen neuer Spezies, von fantastischen Hybriden, die die vom Künstler geschaffene imaginäre Welt bevölkern, sind in der „Planet Pakaja“-Serie innerhalb der Ausstellung zu finden Die Installation von Alexandra Boaru „Prähistorische Hungersnot – Permanente Sonne“ erzählt die leidenschaftliche Liebesgeschichte der letzten Technikromantiker. Während sich eine neue Geschichte entfaltet, werden verlassene Objekte aus der Natur geborgen und können symbiotische Beziehungen eingehen, die auf den ersten Blick unmöglich erscheinen. „Die Menschheit ist jetzt, in dieser fernen Zukunft, nur eine vergessene Gestalt in einem Stück über Technologie. Kommen Sie mit uns in die Ausstellung, um Teil dieser sensiblen Geschichte über Liebe und Verlust zu werden“, so Kuratorin Mirela Stoeac-Vlăduţi.

Die Ausstellung kann von Mittwoch bis Sonntag, zwischen 12 und 20 Uhr besichtigt werden. Details zu den zusätzlichen Veranstaltungen sind auf Facebook und Instagram abrufbar. Der Eintritt zur Ausstellung beträgt zehn bzw fünf Lei zu reduziertem Preis.

Das Kuratorinnen-Team besteht aus Mirela Stoeac-Vlăduţi, Mălina Ionescu und Denise Patrizek aus Wien. Das Projekt wird von AFCN (Administraţia Fondului Cultural Naţional/ Verwaltung des Nationalen Kulturfonds) finanziert und ist in Zusammenarbeit mit der Galerie 12-14 Contemporary aus Wien, kinema ikon und dem Museumskomplex Arad mit Unterstützung des Österreichischen Kulturforums Bukarest entstanden.

META Spaţiu ist eine hybride Organisation (Galerie für zeitgenössische Kunst und NGO), die darauf abzielt, das rumänische künstlerische Schaffen zu fördern, indem sie künstlerische Veranstaltungen mit starker Beteiligung, interdisziplinär und multimedial durch spezifische kulturelle Formen produziert, organisiert und fördert: Ausstellungen, Konferenzen, Symposien, Debatten, Veröffentlichungen usw. „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, ein komplexes Bild des zeitgenössischen rumänischen künstlerischen Schaffens zu schaffen, um es in den universellen kulturellen Kontext zu integrieren, mit einem Schwerpunkt auf Unterstützung und Förderung junger Künstler“, schließt Kuratorin Mirela Stoeac-Vlăduţi.