Die Brücke ins Ausland 

Deutschsprachige Medien in Südosteuropa – beim Funkforum-Kongress in Temeswar notiert

Sitzung des Vereins FunkForum im Gebäude von „Radio Temeswar“: Die Journalisten tauschen sich über verschiedene arbeitsbezogene Themen in lockerer Atmosphäre aus. Fotos: Cynthia Pinter

Podiumsdiskussion zu den Herausforderungen und Chancen der deutschen Minderheitenmedien aus Mittel- und Südosteuropa. Mit dabei war auch der deutsche Vizekonsul in Temeswar, Siegfried Geilhausen (links im Bild), sowie Vertreter verschiedener Minderheitenmedien aus Rumänien, Serbien, Ungarn und der Slowakei.

Sie nennen sich „Deutsche Minuten“, „Hermannstädter Zeitung“, „Karpatenrundschau“ – die Aufzählung lässt sich durch zahlreiche weitere Beispiele fortsetzen: Es geht um deutschsprachige Medien, die aber gar nicht in Deutschland „gemacht“ werden, sondern in Südosteuropa, in Ländern wie Serbien, Rumänien, Ungarn und der Slowakei, um nur einige Beispiele zu nennen. Einst dienten sie als wichtige Informationsquelle für die jeweiligen deutschen Minderheiten, die aber in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten immer mehr zusammengeschmolzen sind. Und heute? Wo liegt die Aufgabe der Zukunft solcher deutschsprachiger Medien im Südosten Europas? Und wie frei sind diese Medien in ihrer Berichterstattung? Am Wochenende haben sich Journalistinnen und Journalisten solcher Zeitungen sowie Rundfunk- und Fernseh-Sender in Temeswar getroffen, organisiert vom Verein „Funkforum“, einem Zusammenschluss deutschsprachiger Medien im Ausland. 

„Am Sonntag um 22.30 Uhr sehen Sie eine neue Folge der Deutschen Minuten auf RTV 2. Im Angebot haben wir folgende Themen: Für Stabilität und Frieden – ein Interview mit der neuen deutschen Botschafterin in Belgrad…..“

In Wirklichkeit gehen die „Deutschen Minuten“, die das öffentlich-rechtliche Fernsehen RTV in der serbischen Region Vojvodina ausstrahlt, deutlich länger als „nur“ ein paar Minuten: „Die dauern 30 Minuten. Die Radiosendung jeden Sonntag, die TV-Sendung jeden dritten Sonntag“, erklärt Hajnalka Buda, die verantwortliche Redakteurin. Erst vor knapp 20 Jahren wurden die deutschen Sendungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen in Serbien ins Leben gerufen, vordergründig als Plattform für die mit geschätzten 2000 Mitgliedern verschwindend kleine deutsche Minderheit. „In der Vojvodina gibt es mehr als zehn deutsche Vereine. Die befassen sich damit, dass sie Kultur und Traditionen pflegen. Und wir versuchen, ihre Tätigkeit zusammen zu knüpfen und auch zu zeigen, was die alles machen. Wie diese Leute leben.“

Einen ähnlichen Auftrag nimmt im Nachbarland Rumänien, gleich nebenan, ein weiteres deutschsprachiges Hörfunkprogramm wahr: „Radio Temeswar“: „Hier Radio Temeswar, die Sendung in Deutscher Sprache auf 105,9 Megahertz Ultrakurzwelle sowie live und auf Abruf im Internet unter Radio Timisoara.ro…..“

Doch auch in Rumänien ist die Zahl derer, die der rumäniendeutschen Minderheit angehören, ziemlich zusammengeschmolzen– von einst ganzen 800.000 und rund 350.000 nach dem Zweiten Weltkrieg bis derzeit etwas über die 20.000, so das Ergebnis der jüngsten Volkszählung. Viele sind nach Deutschland ausgewandert, bleiben aber trotzdem ihrem rumäniendeutschen Medium treu, das damit allmählich eine neue Funktion wahrnimmt – als „Medienbrücke“ zwischen Südosteuropa und Deutschland. Astrid Weisz, verantwortliche Redakteurin der deutschen Sendung bei Radio Temeswar: „Wir haben tatsächlich auf Facebook Follower, zirka 30 bis 40 Prozent unserer Follower sind aus Deutschland, beziehungsweise aus den Gebieten, wohin die Banater Schwaben ausgewandert sind.“ „Wir verstehen uns auch als Brückenbauer, zwischen der Slowakei und den deutschsprachigen Ländern.“ Zu denen Kathrin Lischko, Leitende Redakteurin des in der Slowakei erscheinenden „Karpatenblattes“, auch die Schweiz und Österreich zählt. Das „Karpatenblatt“ erscheint als Printprodukt nur einmal im Monat; allerdings gibt es täglich auf Deutsch einen Nachrichtenüberblick über Themen aus der Slowakei. Ein Schwerpunkt dabei: Die Aktivitäten der deutschen Minderheit – aber nicht nur. „Heute meldeten wir, dass demnächst das höchste Gebäude der Slowakei eröffnet wird. Das ist ein Riesentower, der höher ist als die Burg von Bratislava, die Pressburg. Und der wird jetzt eröffnet.“

Mit solchen Informationen, hieß es auf der Tagung des Vereins „Funkforum“ in Temeswar, erreiche man auch Empfänge-rinnen und Empfänger außerhalb der klassischen Minderheiten-Gemeinschaften: Junge Menschen, die Deutsch lernen; Vertreterinnen und Vertreter deutscher Unternehmen, die in Südosteuropa investiert haben. Wichtig dabei auch: Wo früher nur gedruckt, geschrieben und linear gesendet wurde, haben heute Ausspielwege im Internet, vor allem auf sozialen Netzwerken, gerade bei der Wahrnehmung der Brückenfunktion zwischen Ost- und West eine große Bedeutung gewonnen – übrigens überraschenderweise auch für die Verbreitung von eher traditionellen Inhalten. Astrid Weisz von Radio Temeswar schildert dazu ein Beispiel: „Tatsächlich sind die Beiträge mit der größten Reichweite jene von den traditionellen Kirchweihfesten, Heimattagen und Blasmusikkonzerten, also wirklich die kurzen Clips, die dann auch teils wirklich Rekordzahlen haben wie manchmal 10.000, bis zu 50.000 Klicks – Reichweite jüngst bei den Heimattagen – da hatten wir wirklich rekordverdächtige Online-Zuschauer beziehungsweise Erreichbarkeiten.“

Bleibt ein Thema, das die deutschsprachigen Medien in Südosteuropa höchst unterschiedlich tangiert: Wie ist es mit der Pressefreiheit bestellt? „Wir haben strikt politische Themen … nicht: Deswegen ist es leichter, deswegen gibt es keine Zensur, wir werden nicht kontrolliert!“ Das berichtet Hajnalka Buda aus der serbischen Region Vojvodina. Aus Ungarn war anderes – und Schlimmeres – zu hören: Ein aus Ungarn zugeschalteter Journalist, der seinen Namen nicht genannt haben möchte, berichtete von der Pflicht zur Abgabe von Sendemanuskripten weit vor der Sendung an eine Art „Zensor“, der die politische Correctness überprüfe und zwar selten, aber doch ab und an, interveniere. Nicht zu vergessen der Vorfall aus der Slowakei: „Vor fünf Jahren sind der Journalist Jan Kuciak und seine Verlobte daheim ermordet worden, wegen der Recherchen, die er gemacht hat.“ Katrin Litschko vom slowakischen „Karpartenblatt“ fügt aber hinzu: „Was die Medienfreiheit betrifft, denke ich trotzdem, dass die Medienfreiheit in der Slowakei gegeben ist.“

Ob das aber so bleibt? Aus den jüngsten Parlamentswahlen ging der als Linksnationalist geltende Ex-Premier Robert Fico, der seinerzeit nach dem Mord am Journalisten Jan Kuciak zurücktreten musste, als Sieger hervor. Für die Pressefreiheit in der Slowakei wäre dies kein gutes Omen, findet Katrin Lischko: „Weil: Wahrscheinlich kommt die Partei zurück, die an der Macht war, als der Mord passiert ist.“