Die Eierproduktionsmaschine

In Rumänien muss man kreativ sein – ganz einfach, weil es hier nicht immer alles gibt, es unerschwinglich teuer ist oder die Stadt weit weg. Macht nichts, denn die Rumänen sind Improvisation und Flexibilität gewöhnt. Ein deutscher Autohersteller beobachtete zum Beispiel, dass die Techniker hier statt der üblichen roten, grünen und gelben Drähte nur rote verwendeten, weil die anderen Farben ausgegangen waren. „Merge şi  aşa“ – es geht auch so – bekam er zur Antwort. Am Anfang hat dies den an Ordnung und Disziplin gewöhnten Landsmann ein wenig verstört. Doch bei seiner Abschiedsrede musste er zugeben, dass viele Dinge auch anders laufen können. „Merge şi  aşa“ wurde für ihn zu einer ganz neuen Lebensphilosophie!

Als ich meinen Mann kennenlernte, hatte er schon seit einem halben Jahr keinen Kühlschrank mehr. „Merge şi aşa“, klärte er mich auf und fügte hinzu: Was soll ich für meinen Joghurt dieses Ungetüm reparieren lassen? Kurzerhand schleppte er den kaputten Stromfresser auf den Flur, wo er vermutlich heute noch steht, wenn er nicht Metallschrottsammlern zum Opfer gefallen ist. Wir aber zogen los, um einen kleinen, ökonomischen Kühlschrank für einen Zweipersonenhaushalt zu erstehen, in dem nicht nur Joghurt gegessen, sondern auch gekocht wird. Leider fanden wir nicht, was wir suchten, und so erwarben wir für das Geld eine Brotmaschine, in die sich mein Mann kurzerhand verguckt hatte. Nur, dass er leider bald zu der Erkenntnis kam, dass ihm das Brot aus der Maschine nicht schmeckte. Während ich nach und nach feststellte, dass man auch ohne Kühlschrank leben kann, denn den hatten wir ja der Brotmaschine geopfert.

Die Anschaffung letzterer war allerdings trotzdem nicht umsonst, denn bald stellte sich heraus, dass man damit die köstlichsten Marmeladen fabrizieren kann, ohne dass das Obst zu Tode kocht! Meine fruchtig-frischen Holunderbeer-Zimt-Apfel und Erdbeer-Ingwer-Aprikosen-Kompositionen wurden schnell berühmt, sodass sich meine Freundinnen auch marmeladekochende Brotmaschinen anschafften. Die Kühlschrankfrage ist, da wir auf dem Land leben, mittler-weile sowieso obsolet: Im Sommer legt man das Kühlgut in den steinernen Backofen und im Winter hängt man es so auf, dass die Katzen nicht drankommen. Was jetzt nicht heißen soll, dass wir uns nie wieder einen Kühlschrank anschaffen werden – aber die Gefahr, dass wir ihn als Batterieladegerät, Schnaps-brennkessel  oder Rasentrimmer missbrauchen, ist bei unserer Vorgeschichte gegeben...

Eigentlich gehört mein Mann zu denen, die nichts wegschmeißen, weil man alles irgendwann wieder gebrauchen kann. Umso mehr schalt ich ihn, dass er unsere neue Eierproduktionsmaschine weggeworfen hat!
Also, naja … eigentlich war es ja eine alte, schrottreife Waschmaschine, die wir im Nebengebäude unseres Bauernhauses gefunden hatten. Beim Herausschleppen entdeckte er in der Trommel sechs unversehrte Zwerghuhneier! Vorsichtig schlug er sie auf – tatsächlich waren alle frisch. Während ich das Omelett zubereitete, fiel mir auf einmal siedendheiß ein: Bestimmt kommt das verirrte Huhn wieder und beglückt uns regelmäßig mit Eiern! Zu spät – aus dem Fenster sah ich nur noch die Stopplichter aufleuchten, er war schon auf dem Weg zum Müll...
Vielleicht sollten wir doch mal nachsehen, ob es den alten Kühlschrank in der achten Etage noch gibt. Sicher könnte man ihn zu einem Brutkasten umfunktionieren.