Die Zankallianz nutzt nur AUR

Die jüngsten Umfragen zur Popularität der in der Legislative und in der Exekutive aktiven Parteien haben den fulminanten Aufstieg der rechtsextremen AUR und Erosionen der in Rumänien konsekrierten Parteien gezeigt. Das hat mit dem Fehlen eines ideologischen Profils von PSD und PNL zu tun – kruder Machthunger ist zu wenig –, vor allem aber mit den Diskrepanzen in Streben und der Interessen innerhalb der Regierungskoalition. Sie wird von der Bevölkerung (seit ihrer Machtübernahme ist ein gutes Vierteljahr vergangen) bloß als Zankallianz wahrgenommen.

In einer Umfrage des Avangarde-Instituts vom Dezember (Besteller: PSD) wird die haushohe Überlegenheit der PSD belegt: 39 Prozent der Befragten (der door-to-door-Umfrage) würden sie wählen. An zweiter Stelle liegt im Dezember 2021 noch die PNL (18 Prozent – gegenüber dem Jahresanfang, als sie bei 24 Prozent lag), an dritter Stelle drängt die AUR nach oben (17 Prozent, gegenüber Januar 2021 – 14 Prozent). Mächtig abgestürzt war – noch vor dem Rücktritt ihres Vorsitzenden Dacian Cioloș – die Newcomer-Partei USR (von 18 auf 10 Prozent), während der Ungarnverband UDMR bei den seit Jahren konstanten 5 Prozent verharrt.

Die Sonntagsfrage im Januar (Telefonumfrage, 10.-18. Januar 2022) ergibt ein noch besorgniserregenderes Bild. Die in der Öffentlichkeit sichtbaren Parteien stehen laut Inscop in folgender Rangfolge: PSD (34,3 Prozent), AUR (20,6), PNL (16,6), USR (12,5), UDMR (4,2 – was insofern irrelevant ist, als die Umfrage vorwiegend in Gebieten durchgeführt wurde, wo es kaum Wähler der Ungarnpartei gibt, die eine auf Regionen konzentrierte Partei ist). Die Umfrage zeigt einerseits, dass die Streitigkeiten innerhalb der Regierungskoalition wegen den Energiekosten und deren sozialer Abfederung sehr aufmerksam verfolgt und in den Raum gestellte Lösungen abgestraft werden (was vor allem die Liberalen trifft), aber auch, dass in dieser Regierungskoalition, mit einem blassen und als Zivilist unbeholfenen pensionierten Vier-Sterne-General an der Spitze, charismatische „Hier geht´s lang!“-Gestalten fehlen.

Der auffällige Rückzug („Finger weg!“-Taktik) von Präsident Johannis vor dieser Koalition und Regierung und der offensichtliche Bruch zwischen dem Präsidenten und dem „Team Cîțu“ an der Spitze „seiner“ Partei (Parteichef Cîțu von Johannis Gnaden, mit seinen ersten Vizepräsidenten Lucian Bode, Rareș Bogdan, Gheorghe Flutur, Iulian Dumitrescu sowie den Cîțu-Spezis Dan Vâlceanu und Senatorin Alina Gorghiu) tun ihr Übriges zum PNL-Absturz in den Umfragen.

Erfreulich in der Januarumfrage der Vertrauenszuwachs von Nato, EU und dem „Westen“, was bestimmt eine Folge der Machtspiele Moskaus an den Grenzen der Ukraine ist.

Besonders besorgniserregend ist hingegen der stetige Aufstieg der rechtsextremen Anti-System-Partei AUR. Sie nutzt wendig alle Fehler und Schwächen der in der Regierung sich exponierenden Parteien, ist penetrant präsent in der Öffentlichkeit – überall sieht man kleine AUR-Teams, die mit Unterschriftenlisten zum Parteibeitritt und/oder zur Absetzung von Präsident Johannis die Bürger ansprechen, mit der Trikolore wedeln und laute „patriotische Musik“ erklingen lassen (die Polizei kennt wohl öffentliche Ruhestörung nur von anderen…) – und sorgt laufend für Gesprächsstoff durch ihre Dampfwalze, den fanatischen Ko-Vorsitzenden Simion, der aus der Kategorie der Fußball-Ultras kommt.

Durch die PNL geht ein Riss: Die 17 Kreischefs, die offen gegen Parteichef Cîțu auftraten, haben seinen unüberwindbaren Autoritätsverlust ausgelöst und Diskussionen über einen Nachfolger angeheizt. Die PSD versucht verzweifelt, ihren Vorsprung zu festigen, obwohl Regierungsverantwortung immer zu Popularitätsverlusten führt (intern rechnet man mit -5 bis -7 Prozent). Die USR muss sich neu erfinden.

Für 2022 ist Rumänien schlecht gerüstet.