Ein kulinarischer Sachsensommer

Vorfreude auf die Haferlandwoche: Küche, Kultur und Kirchenburgen

In diesen Ortschaften spielt sich heuer die Haferland-Kulturwoche ab.

Rhabarberkuchen auf der typischen, blau-weißen Keramik aus Keisd

Das Rezept für „Ärjeschläwent“ – Stachelbeersuppe, von Wilhelmine Fornorga aus Deutsch-Kreuz, findet man in der Broschüre mit gesammelten Rezepten aus dem Haferland. Fotos und Grafik: Broschüre „Caiet de reţete culese din Haferland – Ţara Ovăzului“, Michael-Schmidt-Stiftung

„Der Sommer ist unfehlbar die Jahreszeit der Sachsen!” Mit diesem Zitat beginnt die Broschüre „Rezeptheft aus dem Haferland” mit gesammelten siebenbürgischen Köstlichkeiten, herausgegeben von Claudia-Romana Rista, dem „Mädchen, das mit Blumen kocht”, und der Michael-Schmidt-Stiftung. Ein Sachsensommer wird es gleich zweifach: Die mittlerweile fünfte Haferlandwoche (9.-14. August) schließt dieses Jahr fast nahtlos an das vermutlich größte Sachsentreffen aller Zeiten (4.-6. August) in Hermannstadt/Sibiu an. Verschiedene Aktivitäten vor allem für sächsische Besucher – Feste, Wanderungen, Gottesdienste, Gedenkveranstaltungen, Konzerte etc. - gibt es auch zwischen dem 29. Juli und dem 13. August in den sächsischen Gemeinden um Hermannstadt, im Harbachtal, in der Mediascher und der Mühlbacher Umgebung, im Repser und im Fogarascher Land sowie im Schäßburger Raum.

Die Haferland-Kulturwoche ist längst Tradition, das Programm wird mit jedem Jahr vielfältiger. Für dieses Jahr meldeten sich noch mehr Gemeinden aus der Region zwischen Reps/Rupea und Schäßburg/Sighişoara, dem sogenannten Haferland, an. Zu den Organisatoren gehören heuer die Michael-Schmidt-Stiftung, die Stiftung Adept, die Peter-Maffay-Stiftung, der Mihai Eminescu Trust sowie der Verein der Siebenbürger Sachsen in Deutschland. Zielgruppe sind zum einen die Siebenbürger Sachsen, die zum großen Sachsentreffen anreisen, aber auch rumänische und ausländische Touristen, die das Haferland als lohnendes Reiseziel für sich entdecken sollen – Tourismus ist immerhin ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die lokalen Einwohner auf dem Land. Diese Bestrebungen wurden auch seitens Tourismus-Spezialisten gewürdigt: durch die Verleihung eines Preises im Rahmen des eTravelAwards 2016-Wettbewerbs in der Kategorie Best Destination Campaign, wie die Michael-Schmidt-Stiftung mitteilt.

Mit üppigen sächsischen Brunches in romantischen Kirchhöfen, Orgelmusik in Kirchenburgen, Open Air Konzerten und Filmen in malerischer historischer Kulisse, Theatervergnügen auf Sächsisch, einem traditionellen sächsischen Ball und viel Gelegenheit zur sportlichen Betätigung in der Natur erwarten in diesem Jahr zehn Gemeinden - Deutsch-Kreuz/Criţ, Deutsch-Weißkirch/Viscri, Klosdorf/Cloaşterf, Meschendorf, Reps/Rupea, Radeln/Roadeş, Keisd/Saschiz, Bodendorf/Buneşti, Hamruden/Homorod und Arkeden/Archita – schätzungsweise 5000 Besucher.
Die Schirmherrschaft übernehmen Barbara Stamm, CSU-Politikerin und Präsidentin des Bayrischen Landtags, sowie der ehemalige FDP-Politiker Dirk-Ekkehard Niebel, der von 2009 bis zum 2013 Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung im Kabinett Merkel II war. Stamm wird zum 13. August in Deutsch-Kreuz erwartet, Niebel wird am 12. August an den Veranstaltungen in Meschendorf und Reps teilnehmen.

Liebe geht durch den Magen

Das Motto der diesjährigen Haferlandwoche lautet, frei übersetzt, „Sächsische Traditionen in märchenhaften Kreationen” („Tradiţii săseşti in bucate de poveşti”) und richtet sich an alle, die sächsische Spezialitäten kennenlernen wollen. Vor allem aber soll die sächsische Jugend aus Deutschland zu einer kulinarischen Zeitreise in die Küche ihrer Großeltern und Urgroßeltern verführt werden. Liebe geht bekanntlich durch den Magen, Heimatliebe macht bestimmt keine Ausnahme...
In diesem Sinne beginnt die Haferlandwoche mit einem Brunch mit lokalen Spezialitäten am 9. August in Arkeden. In der Scheune des Pfarrhauses serviert am 10. August Deutsch-Weißkirch traditionelle Gerichte, am Abend gibt’s ein Speck-Picknick im Freien. Zum sächsischen Frühstück im Kirchhof lädt am 11. August Bodendorf ein; Keisd bietet an diesem Tag einen musikalischen Brunch, zubereitet von den Frauen der Nachbarschaft; in Deutsch-Kreuz kann man abends sächsische Party-Häppchen auf dem Ball probieren.
Interessant wird es am 12. August in Meschendorf: Dort (und in Deutsch-Kreuz) lebten kurz vor der Zeit des Kommunismus zwei italienische Brüder, die sich auf die Kunst der Hartkäse- und Parmesanherstellung verstanden. Heute führt eine italienisch-rumänische Familie diese Tradition fort. Besucher können dort die italienische und sächsische Küche probieren oder sich in einem Workshop zur Herstellung von „Meschendorfer Parmesan” inspirieren lassen.
Ob der „Weg des Brotes“ am 12. August im Rahmen der Aufführung traditioneller Volksbräuche, Musik und multikultureller Tänze in Reps, geboten vom Ensemble „Junii Cetății“, auch Kostproben beinhaltet?
Am Tag von Deutsch-Kreuz, dem 13. August, werden alte Rezepte dann nach aktuellen Trends kreativ abgewandelt. Das „Mädchen, das mit Blumen kocht”, setzt, so die Broschüre, auf Rharbarber, Rosinen, Sauerkirschen oder grüne Stachelbeeren, sogar in pikanten Gerichten. Aber auch klassische Rezepte wie Hanklich, Rhabarberkuchen, Roulade mit Faschiertem (Hackbraten) und Hühnersuppe mit hausgemachten Nudeln gehören zum Repertoire. Wer jetzt immer noch nicht satt ist, isst abschließend nochmal am 14. August: beim traditionellen Brunch in Klosdorf.

Radeln, wandern, Tanzbein schwingen

Die Extra-Kalorien kann man am Freizeit-Kulturtag, dem 11. August, so richtig abstrampeln, wenn es morgens von der Kirchenburg Bodendorf mit speziellen Führern auf dem Fahrrad durch die herrliche Landschaft nach Meschendorf geht. Zwischenstopps laden zum Genießen, Erzählen und Besichtigen ein. Wer nicht radeln möchte, kann im Pferdewagen mitfahren. (Achtung: Der Platz oder Leih-Räder müssen vorreserviert werden, siehe Kasten).
Auch auf Schusters Rappen lassen sich kulinarische Sünden abbüßen: Täglich wird Gelegenheit zu geführten Touren geboten, sei es zur Bauernburg von Keisd, zur Teufelsbach-Schlucht in Meschendorf oder auf der Strecke zwischen Arkeden und Radeln. Nicht zuletzt lädt der sächsische Ball in Deutsch-Kreuz am 11. August zum Tanzbein-Schwingen und Hüftspeck-Schmelzen ein. Ob das sächsische Theaterstück „De Diätkur”, am 10. August in Hamruden präsentiert, auch den gewünschten Effekt zeigt, bleibt freilich abzuwarten.

Vor allem eine „Kulturwoche”...

Zumindest verbal gesättigt, widmen wir uns endlich der Kultur. Besondere musikalische Appetithappen: Zur Feier des 200-jährigen Bestehens der Thois-Orgel in Deutsch-Weißkirch findet am 10. August das Jubiläums-Konzert „Ein feste Burg“ mit Jürg Leutert und Ensemble statt. Am 11. August folgt auf das Orgelkonzert in Keisd ein bunter „Musical Brunch“ mit den „Towersey Morris Men“, der „Berkamstead Ukulele Band“, den „Căluşari“ aus Birthälm/Biertan und der Gruppe „Românaşul“ aus Keisd. Auf dem sächsischen Ball am selben Abend in Deutsch-Kreuz wird die „Feeling Band“ spielen. Ein Highlight, dass Sie sich keinesfalls entgehen lassen sollten, ist das Klavierrecital mit audiovisueller Präsentation „Auf den Spuren des Wunderkinds von Siebenbürgen, Carl Filtsch“, präsentiert von Brigitte Drodtloff (siehe ADZ,10. Juni: „Das vergessene Wunderkind aus Siebenbürgen“) in Deutsch-Kreuz am 13. August. Einen Stilmix an Musikrichtungen gibt am selben Ort und Abend das Acker-Quartett in der Kirchenburg zum Besten. Frontsängerin Petra Acker besticht durch ein vielfältiges Repertoire und experimentiert mit einer faszinierenden, dunklen Stimme. Natürlich wird es an allen Orten auch an traditionellen Tänzen und Blasmusik nicht mangeln. Ein Theaterstück in sächsischem Dialekt bietet Lidertrun in Hamruden, erstmals Teilnehmer an der Haferlandwoche, mit alter Musik und unter Teilnahme der Jugendtanzgruppe aus Biberach.

Freunde des traditionellen Handwerks kommen in Keisd und Bodendorf auf ihre Kosten: In Keisd gibt es eine Töpferwerkstatt, in der die früher typische, aparte, blau-weiße Keramik wieder hergestellt wird. Auf einem kleinen Markt kann man dort auch lokale Produkte und Souvenirs erstehen. In Bodendorf demonstrieren Handwerksmeister die einst verbreiteten Aktivitäten im Haferland: Gerben, Nähen, Filzen, Sticken oder Schreinern. Mit Ausstellungen zu Malerei, Handarbeit und Weberei und einer Filmvorführung auf der Bauernburg lockt Reps am 12.8.: Gezeigt wird der Film „Paşaport de Germania“ über den Freikauf der Deutschen im Ceauşescu-Regime (siehe auch ADZ vom 7.6.2014: „...aber in Deutschland war ich der Rumäne“) von Răzvan Georgescu. „Erinnerungen der Sachsen und Dorfleute“ werden in Bodendorf (11.8.) wiederbelebt, während Deutsch-Kreuz (13.8.) mit „Erinnerungen an die Zukunft der sächsischen Dörfer“ den sächsischen Jugendlichen aus Deutschland kulturelle Werte und Reize Siebenbürgens, sowie Zukunftschancen in Siebenbürgen und Rumänien nahe bringen will. Mit einer lustigen Schatzsuche mit Preisen für die Gewinner endet die fünfte Haferlandwoche in Klosdorf (14.8.).


Programm und Anmeldung:

http://www.haferland.ro/de/program/
http://www.haferland.ro/de/inscrie-te-si-participa/

Hinweis zum Freizeit-Kultur-Tag am 11. August:
Wer ein Fahrrad mieten oder einen Platz im Pferdewagen reservieren möchte, muss dies bis zum 23. Juli per E-Mail bei Gerhild Gross (Gerhild.dwk@gmail.com) oder Michael Folberth (KundendienstMF@gmail.com) anmelden. Die Kosten für Fahrradverleih oder Fahrt mit dem Pferdewagen und das Mittagessen am 11. August betragen 20,- Euro je Person, 15,- Euro für Familien ab der 5 Person, die im Vorfeld bei der Reservierung von den Teilnehmern auf das Konto vom HOG Verband IBAN: DE81620901000295522003 BIC:  GENODES1VHN mit dem Vermerk „Verwendungszweck Freizeit-Kulturtag 11.8. Pferdewagen oder Fahrradreservierung“ überwiesen werden sollen.

Für Personen, die zelten möchten, besteht die Möglichkeit in Deutsch-Kreuz, dies zu tun.

Und hier der Link zur Broschüre mit den gesammelten Haferland-Rezepten als PDF: https://www.kaufland.ro/noutati/haferland.html#retete-haferland