Ein Signal von Reschitza

Genehmigungen der Umweltschutzagentur APM für Kleinwasserkraftwerksbau rückgängig gemacht

Das Kreisgericht Karasch-Severin hat kürzlich Umweltgenehmigungen für vier Kleinwasserkraftwerke für nichtig erklärt, die zuvor von der Agentur für Umweltschutz (APM) Karasch-Severin auf den Namen der ALSET ENERGY SRL ausgestellt worden waren. Diese wollte auf dem Gebiet der Gemeinde Z²voi mit den Einrichtungen „Bistra Mărului“ und „Şucu-Olteana“ jeweils zwei Kleinwasserkraftanlagen mitsamt Stauwehr und Druckrohren errichten und diese an das nationale Elektrizitätsnetz anschließen. Die Gemeinde Zăvoi hatte die Genehmigungen im Vorfeld problemlos erteilt. Die Ortsverwaltung selbst sah sich jedoch in der Vergangenheit mit zahlreichen Vorwürfen einer fragwürdigen Vergabe- und Geschäftspraxis konfrontiert.

Willkürlich oder  einfach illegal?

Angefochten wurde die Umweltgenehmigung durch den Verband „Coaliţia Natura 2000 România“, da sich alle vier Kleinwasserkraftwerke auf dem Gebiet des Umweltschutzraums „Natura 2000 Ţarcu-Gebirge“ befinden und damit in einem Naturschutzgebiet von europäischem Rang. Im August 2014 wandte sich „Coaliţia Natura 2000 România“ an das in Reschitza ansässige Kreisgericht Karasch-Severin und forderte die Annullierung der zwei Monate zuvor von der APM erteilten Baugenehmigungen. Ihr Argument: Bau und Betrieb der Kleinwasserkraftwerke würden sich negativ auf Flora und Fauna der Gebirgsgewässer der geschützten Habitate auswirken. „Die Umweltgenehmigungen sind im Juni 2014 illegal ausgestellt worden“, heißt es in der Klage der Umweltschützer. Die Genehmigungen „ignorieren die Entscheide 10938/2012 zum Umweltschutz im Rahmen der Energiestrategie sowie den Negativbescheid der Verwaltung des Natura 2000 Gebiets Ţarcu-Gebirge.“ Die „Coaliţia Natura 2000 România“ erklärte in einem Pressekommuniqué, dass man sich erst an die Gerichtsinstanz gewendet habe, nachdem sich die APM Karasch-Severin über alle vom WWF Rumänien, dem Siebenbürgischen Karpatenverein SCA und der Coaliţia Natura 2000 România geäußerten Argumente hinweggesetzt habe.

Naturbelassene und Quasi-Urwälder

Die Projekte zielen auf den Bau von vier Kleinwasserkraftwerken an den Gebirgsbächen Bistra Mărului, Şucu und Olteana, die sich alle im Naturschutzgebiet des Ţarcu-Gebirges befinden. Dieses wurde vor dem EU-Beitritt Rumäniens in genau jener Zeit als Schutzareal ausgewiesen, als zahlreiche Schutzgebiete neu geschaffen wurden, um diese in ein Verhältnis zum Gesamtterritorium des künftigen Mitgliedslandes zu bringen, welches für einen Eintritt in die Gemeinschaft gefordert wurde. Das gesamte Ţarcu-Gebirge wurde zum Naturschutzgebiet erklärt, da es einen „kompakten, praktisch unberührten und kaum von menschlichen Siedlungen anthropogen veränderten Raum“ darstelle – mit zwei Ausnahmen: die touristischen Anlagen in Poiana Mărului und auf dem Muntele Mic. Aber 81 Prozent der Ökosysteme des Ţarcu-Massivs sind naturbelassen und beherbergen eine Vielfalt von Pflanzen und Lebewesen. Örtlich übertreffen diese, laut Oberförster Walter Frank, den rumänischen Durchschnitt um das 25- bis 78-Fache. Zudem gelten 10.016 Hektar der Wälder an den Hängen des Ţarcu-Massivs als „Urwälder oder Quasi-Urwälder“, was hier 29 Prozent der bewaldeten Fläche entspricht – oder einem Sechstel der Gesamtoberfläche des Bergstocks.

Die Gebirgsbäche Bistra Mărului, Şucu und Olteana sind Teil des Einzugsgebiets der Temesch, des Hauptflusses des Banats. In ihnen leben seltene Fische, wie etwa der Europäische Bullenkopf, welcher äußerst empfindlich auf Veränderungen seines Habitats reagiert und bereits beinahe gänzlich verschwunden ist. Hinzu kommt der Karpatenaal, der in seinen Wachstums- und Lebensabschnitten ein relativ großes Wasservolumen benötigt. In der gesamten Gegend befinden sich zudem zahlreiche Mikro-Feuchthabitate, doch die Fragmentierungen der Wasserläufe, wie sie unweigerlich beim Bau von Wasserkraftwerken entstehen, würden das sensible Gleichgewicht unweigerlich zerstören. Eine Vielzahl von Wirbellosen wird arg gefährdet, wenn in solcherlei Habitaten künstliche Bauten entstehen, „die aus dem kristallklaren Wasser, zumindest über längere Zeitabschnitte, ein Gemisch aus Geröll, Schlamm und Schmutzwasser entstehen lassen, aus welchem jedes Leben verschwindet“, wie die Umweltschützer schreiben.

Umweltschutz mit dem Herzen

Nach dem Urteilsspruch des Kreisgerichts Karasch-Severin, durch welchen die Genehmigung der Agentur für Umweltschutz APM ausgehebelt wurde, schrieben die Umweltschützer: „Dieses Urteil der Instanz ist für uns ein Signal, dass das Gesetz in Rumänien auch bei der Genehmigung von Wirtschaftsvorhaben respektiert werden kann und muss. Damit können wir nur hoffen, dass auch andere Umweltschutzagenturen, die leichtfertig und wohl auch mit anderen Interessen, oder auf alle Fälle unbedacht, Genehmigungen für schwerwiegende Eingriffe in natürliche Habitate gewähren, das Signal von Reschitza richtig verstehen und daraus lernen.“ Luminiţa Tănăsie von der „Coaliţia Natura 2000 România“ erklärte dazu: „Zugleich haben wir unsere Wirkungsmöglichkeiten bewiesen, die wir als Umweltschutzverbände und -organisationen, aber auch ganz allgemein als zivilgesellschaftlich Tätige haben können, wenn wir am selben Strang ziehen und alle Hebel in Bewegung setzen, um der bewussten Naturzerstörung Einhalt zu gebieten. Abgesehen von der Aushändigung der für einen Projektbeginn notwendigen Baugenehmigungen durch die Umweltagenturen – ob diese willkürlich oder illegal sind, spielt für uns weniger eine Rolle – darf nie vergessen werden: Jeder Gebirgsbach, jeder Fluss ist ein lebender Organismus, ein lebendiges System, das Respekt verdient und Achtung – und daran mangelt es oft bei den dafür geschaffenen staatlichen Institutionen und Organen. Deshalb müssen wir Umweltschützer doppelt wachsam sein.“